Gemeinderat,
17. Sitzung vom 24.06.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 120 von 145
Verfassungsdienst unseres Hauses als auch ein unabhängiger
Experte. Wir halten uns bis Punkt und Beistrich an die Empfehlungen, die er uns
gegeben hat und deswegen haben wir ein sehr gutes Gewissen.
Zum Thema "Sicherheit", das Sie hier
angesprochen haben, Herr Dr Ulm, fällt es mir schon weniger leicht, einen
gewissen heiteren Grundton zu haben, denn die Dinge, die Sie gesagt haben, sind
vor allem im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen am 8. Mai jenseits
dessen, wo ich mit einem Lächeln auf dem Gesicht darüber diskutieren kann. Dass
die Zahlen, die Sie hier über die vielen Polizisten, die sich jetzt auf den
Straßen und Plätzen in Wien tummeln, genannt haben, nicht stimmen, darauf hat mein
Kollege Schuster in diversen Zwischenrufen schon hingewiesen. (GR Dr Wolfgang Ulm: Aber dadurch wird es
nicht richtiger!)
Dass die ÖVP ein bisschen Schwierigkeiten hat und die
FPÖ mit den Zahlen, das wissen wir schon seit längerer Zeit, wenn wir uns an
die Diskussion mit dem Nullbudget erinnern, wo auf einmal das Problem mit null
war. Ist jetzt null null? Oder ist null 0,5? Oder ist null 0,9 oder irgendwie
grenzwertig zu 1? Da haben Sie schon bewiesen, dass das mit den Zahlen ein
bisschen schwierig ist.
Aber es hat auch auf Ihrem letzten Parteitag, wie ich
voller Interesse dem "profil" entnommen habe, ein bisschen
Schwierigkeiten mit Zahlen und Zeilen gegeben. Wir haben alle die
Jubelmeldungen gelesen, dass der neue, jetzt leider nicht mehr anwesende ÖVP-Obmann
Finz - wahrscheinlich muss er in der Bundesregierung wieder ein paar
Planstellen für Wien streichen -, mit der Jubelzahl von 93,3 Prozent der
Delegierten gewählt wurde. Mit Interesse lese ich im "profil", dass
das auch mit den Zahlen ein bisschen ein Durcheinander war. Ich zitiere:
"Von 650 abgegebenen Stimmen waren 71, 11 Prozent, ungültig." -
Bitte, ich zitiere, Frau Präsidentin, dass ich mir keinen Ordnungsruf
einhandle. - "Die Wiener Schwarzen zu doof zum Wählen? Mitnichten. Die
Wahlkommission unter dem Döblinger ÖVP-Chef Adi Tiller hat entschieden, alle
Stimmzettel für ungültig zu erklären, auf denen der Name Finz durchgestrichen
worden war. Als gültig und damit gegen Finz wurden nur jene Stimmzettel
gewertet, auf denen neben der Streichung von Finz ein Alternativkandidat
dazugeschrieben war. Ohne diesen Trick hätte Finz nur 83 Prozent
bekommen." - Das ist aber interessant. (GR
Dr Wolfgang Ulm: Ist das Ihre größte Sorge, Frau Stadträtin?)
Sorgen, lieber Herr Dr Ulm, bereitet mir dies nicht.
Was mir sehr wohl Sorgen bereitet, ist, dass Sie mit der selben Ungenauigkeit
des Zählens die Sicherheitslage in dieser Stadt bewerten. Das macht mir große
Sorgen. (GR Dr Wolfgang Ulm: Da brauchen
Sie sich nicht zu sorgen!) Denn was ist die Wahrheit? - Die Wahrheit ist,
im Zusammenhang mit der Wiener Polizei gibt es in dieser Stadt null
Neuaufnahmen. Es gibt null Chargenkurse. Es gibt null bezahlte Überstunden. Es
gibt null Einhalten von Versprechen, denn wo sind denn diese 100 zusätzlichen
Polizisten? Selbst wenn es sie gäbe, wäre es ein großer Abgang, denn es gehen
jährlich zirka 350 bis 400 Polizisten und Polizistinnen in Pension. Das heißt,
selbst wenn die 100 gekommen wären, wäre es ein großer Abgang, denn seit zwei
Jahren gibt es null Neuaufnahmen.
Sie sind aber auch nicht da, die 100 Polizisten
und Polizistinnen. Herr Dr Strasser ist der Erfinder der so genannten
Ghost-Cops. Es klingt gut für einen Artikel und es klingt gut für einen Film,
aber für die Wiener und Wienerinnen ist es absolut nicht gut. Denn wie endet
das Ganze? - Das Ganze endet in einer Nullmotivation der Mitarbeiter und
Mitarbeiterinnen. Und jeder von uns, der mit Polizisten oder Polizistinnen
spricht, weiß das. Sie und Ihr Herr Minister Strasser sind verantwortlich, dass
das hohe Sicherheitsniveau in dieser Stadt gefährdet wird, denn Tatsache ist,
die Kriminalität steigt, die Aufklärungsrate sinkt, und Sie mit Ihrem Minister
Strasser sind dafür verantwortlich! (Beifall
bei der SPÖ.)
Und was mich wirklich empört hat, Herr Dr Ulm, ist
auch dieses Mal wieder Ihre Stellungnahme zu den Auseinandersetzungen rund um
den 8. Mai. Sie haben schon einmal hier gesagt: Na, sollte sich
herausstellen, dass dort irgendetwas, was nicht mit unseren demokratischen
Grundsätzen vereinbar ist, vorkommen kann, dann wären Sie natürlich dagegen.
Wenn zu diesem Jahrestag eine Kundgebung angekündigt wird, wo Trauerredner
sprechen, dann, denke ich, ist das schon mehr als genug, dass jeder aufrechte
Demokrat sich davon distanzieren müsste. Müsste, muss ich leider sagen. (Beifall bei der SPÖ.)
Und die Verharmlosungen, die Sie hier machen, und
diese Gegen- und Entlastungsangriffe, indem Sie versuchen, Demonstranten, die
an demokratisch angemeldeten und demokratisch vorgehenden Kundgebungen
teilnehmen, mit den anderen, ebenfalls völlig zu verurteilenden Chaoten und
Randalierern, in einen Topf zu schmeißen, das ist eine Mischung aus
Unterstellung, Verharmlosung, falschen Zitierungen, die gerade Sie als Jurist
sich nicht leisten sollten. Herr Dr Ulm, wenn Sie ernst meinen, was Sie hier
sagen, dann muss ich Ihr Wissen und Ihre Qualifikation in Frage stellen, wenn
Sie wissen, dass die Wahrheit anders ausschaut, Ihre Moral und Ihre Integrität.
(Beifall bei der SPÖ.)
Sie mögen Auseinandersetzungen um Neofaschismus lustig
finden; ich finde es nicht.
Und wir haben ja heute eine Premiere erlebt, denn Ihr
Nachredner Strache hat ja nahtlos an das angeschlossen, was Sie gesagt haben,
das neue Zwillingsduo der Niveau- und Ahnungslosigkeit.
Herr Strasser, Strache - eine Freud’sche Fehlleistung - hat
hier unter dem Deckmantel der Immunität (GR
Walter Strobl: "Niveaulosigkeit" ist eine Frechheit!) –
"Niveaulosigkeit" ist eine Analyse, und ich werde es Ihnen auch sehr
gerne beweisen (GR Kurth-Bodo Blind: Das
ist eine Beschimpfung!) - haarsträubende Unwahrheiten gesagt. Er hat der
Subventionsvergabe des Wiener Integrationsfonds unterstellt, dass hier
Parteienfinanzierung im Gange ist, und das ist nicht nur niveaulos, das ist auch
falsch. Und er hat den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen meiner MA 61, von
denen ich weiß, dass sie auf höchstem Niveau und äußerst korrekt und sorgfältig
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