Gemeinderat,
17. Sitzung vom 24.06.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 71 von 145
Menschen, die dort wohnen, wo Straßenbahnen, die viele
Haltestellen haben, das gut bedienen und daher aufschlüsseln, eine gute
Qualität bringen?
Zweitens. Was heißt das für die Siedlungsstruktur in
Stammersdorf, weil ich auch den Herrn Bezirksvorsteher aus dem 21. Bezirk
hier gesehen habe. Ich muss ehrlich sagen: Liebe Leute in Stammersdorf! Wenn
man die U 6 verlängert, dann soll und muss dort entsprechend verdichtet
werden. Ich bezweifle, dass das dort gewünscht wird. Eines ist aber schwierig,
und zwar eine U 6, die dann wirtschaftlich im 15- oder
20-Minuten-Intervall - wenn überhaupt - fährt, als Verbesserung gegenüber
dichten Straßenbahnlinien, die es jetzt gibt, zu verkaufen.
Gibt es eine dritte Möglichkeit? - Ich meine: Ja. Das
gibt es in Karlsruhe, das gibt es in vielen Bereichen Europas und darüber
hinaus. Das ist die Möglichkeit, mit U-Bahn-Garnituren auch Straßenbahngleise
zu benützen, keine Endstation in Floridsdorf zu haben, sondern auf
Straßenbahngleisen hinaus nach Stammersdorf zu fahren, die kurzen Intervalle
und die kurzen Stationsabstände der Straßenbahn zu haben und insofern nicht ein
Zwangsumsteigen am Spitz zu haben. Ich glaube, in diese Richtung sollten wir
nachdenken und sollten wir diskutieren. Das ist auch billiger als eine
U 6-Verlängerung, die auf einer eigenen Trasse den gesamten
Straßenbahnbereich zusammenhauen würde und die nicht sinnvoll ist.
Das gleiche Problem sehe ich im Übrigen im Westen der
Stadt. Das war der Hauptgrund, warum ich massiv gegen den ÖVP-Vorschlag einer
U-Bahn in den Westen Wiens aufgetreten bin. Wenn man hier die U-Bahn nach
Pötzleinsdorf baut, was haben die in Währing davon? - Hier haben wir ein
dichtes Netz an Straßenbahnlinien.
Was wir diskutieren sollten, ist, ob die
Zwangsendstation Jonas-Reindl sinnvoll und notwendig ist, wo zwei Drittel bis
drei Viertel der dortigen Aussteiger nicht aussteigen, weil sie dort arbeiten,
sondern umsteigen wollen. Und wir wissen genau, dass Umsteigen fast die Hälfte
an Fahrgastverlusten mit sich bringt. Hier gibt es viele Varianten des
Weiterfahrens. Wir haben ja einmal diesen Tunnel vorgeschlagen, dass man
unterirdisch unter dem ersten Bezirk die Westlinien mit anderen
Straßenbahnlinien verknüpft. Es gibt auch andere Möglichkeiten. Wir sollten
darüber nachdenken. Wenn wir das Ziel, das im Verkehrskonzept vorgesehen ist,
nämlich den öffentlichen Anteil deutlich zu erhöhen, umsetzen wollen, muss uns
in dem Bereich etwas einfallen.
Begrüßen möchte ich, dass der Stadtrat sich in
wiederholten Aussagen - Aussagen sind einmal die Ausgangsposition - auch die
Erhöhung des Radverkehrs von derzeit 4 Prozent auf 8 Prozent, so wie
es im Klimaschutzprogramm geschrieben ist, zum Ziel gesetzt hat. Das ist ein
ehrgeiziges Ziel. Das ist ein Ziel, das vieler, vieler Maßnahmen bedarf.
Nicht verstehe ich so Kleinigkeiten, warum für die
notwendige Verlängerung des 2er-Linien-Radwegs - vielleicht war das nur ein
Kommunikationsfehler und ich habe nur falsch gelesen - die Entscheidung bis
Ende 2003 notwendig ist. Wir haben jetzt bitte Juni 2002. Also bis Ende 2002
kann ich mir das noch vorstellen. Aber warum muss man bis Ende 2003 warten, um
die Entscheidung über ein kleines Stück zu treffen?
Ich begrüße sehr, dass wir die wesentliche
Planungskompetenz im Radverkehr jetzt wieder bei der Stadt haben und damit ich
auch eine Budgetklarheit und Budgetwahrheit, weil viele Bezirke die Gelder
nicht für den Radverkehr verwendet haben, sondern für ganz andere Maßnahmen,
und dass wir hier mit der Verdoppelung des Radfahreranteils, was vor allem
Verkehrspolitik in den Köpfen vieler Menschen heißt, vorantreiben müssen.
Ein letzter Punkt ganz kurz noch. Ich habe das mit
dem Planungsdirektor und mit anderen diskutiert. Ein Schlussthema jetzt. Wir
haben in Wien im internationalen Vergleich hervorragende Architekten und
Architektinnen. Bei Wettbewerben und bei einzelnen Projekten ist die Wiener
Architektur international mehr als bekannt. Es sollten jedoch in einem viel
größeren Ausmaß wirkliche ArchitektInnenwettbewerbe, wo auch Junge eine Chance
haben - und jung ist jetzt keine Altersfrage, sondern eine Frage derer, die
noch nicht die Möglichkeit hatten, bei großen Projekten bauen zu können -,
umgesetzt werden können. Dazu gibt’s solche Wettbewerbe. Schon seit langem
sollte eine Wettbewerbsenquete stattfinden. Das im Vergaberecht unterzubringen,
dürfte sich rechtlich als nicht ganz so einfach herausstellen. Das ist so. Das
kann ich mir schon vorstellen. Aber hier auch eine öffentlich transparente
Debatte zu führen, halte ich für ganz wichtig. Sie wissen, Herr Stadtrat, wie
wichtig den Architektinnen und Architekten diese Wettbewerbe sind, um eine
Chance zu erhalten, sich einmal bei Großvorhaben zu bewähren. Das täte dem
Renommee dieser Stadt, wo Architektur eine immer größere Rolle spielt, und dem
Image dieser Stadt gut. Ich glaube, dass hier mit wenigen Schritten einer
offenen Wettbewerbskultur das Wort geredet werden kann. Ich hoffe, dass Sie das
rasch umsetzen können. - Danke schön. (Beifall
bei den GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Josefa Tomsik: Ich danke. - Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr
GR Mag Gerstl.
GR Mag Wolfgang Gerstl (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Frau Vorsitzende! Sehr
geehrter Herr Stadtrat!
Das waren noch Zeiten: ÖVP-Chef
Bernhard Görg regierte als Planungsstadtrat, Fritz Svihalek hielt als
SP-Verkehrsstadtrat die Zügel locker in der Hand. Im Rathaus denken manche
Beamte wehmütig an diese Zeit zurück.
Die Zeiten ändern sich (Heiterkeit bei den GRÜNEN.) und mit Rudolf
Schicker regiert im Planungs- und Verkehrsressort ein Experte, der die Materie
von Grund auf gelernt hat, et cetera, et cetera. (GR Franz Ekkamp: Ist das jetzt eine Vorlesung?) Das war
Rathausgeflüster von der "Presse" 31. Mai 2002 mit den
unterschiedlichen Ansichten der Beamten zum neuen Stadtrat. Näheres brauche ich
hier nicht auszuführen. Das war die Meinung der "Presse".
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