Gemeinderat,
17. Sitzung vom 24.06.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 61 von 145
dass Sie vielleicht diesbezüglich etwas dazu sagen.
Aber, was mir ein wirkliches Anliegen ist und wo ich
schon dazu Stellung nehmen möchte, ist, weil Sie es auch wieder gebracht haben,
die so genannte Schuldenpolitik der Sozialdemokratischen Partei in den letzten
30 Jahren. Das war in der Generaldebatte Thema und das war auch jetzt bei
Ihnen wieder Thema.
Ganz, ganz klar gesagt: Die Sozialdemokratische
Partei hat diese Schulden gemacht und sie hat diese Schulden, sie hat Geld
investiert in die Wirtschaft, sie hat Geld investiert in Arbeitsplätze. Von
1970 bis 1999 wurden rund 720 000 neue Arbeitsplätze geschaffen, pro Jahr
24 000 neue Arbeitsplätze. Sie hat Geld investiert in die soziale
Absicherung, in die medizinische Versorgung. Sie hat Geld investiert in eine
Erhöhung des Lebensstandards. Wir waren 1970 um 38 Prozent hinter den
Deutschen und wir sind 1999 um 5 Prozent über den Deutschen gelegen. Das
ist sozialdemokratische Politik und darauf sind wir stolz! (Beifall bei der SPÖ.)
Ich möchte gar nicht verhehlen, dass es auch Fehler
gegeben hat in diesen 30 Jahren, und ich sage ganz klar: Einer der größten
Fehler in diesen 30 Jahren war, dass es eine Koalition gegeben hat mit der
Schüssel-ÖVP; da sind nämlich die Schulden dann so richtig explodiert. (Beifall bei der SPÖ.)
Und wenn
Sie sich beziehen auf das Erfinden von Steuern und Abgaben: Ja, diesen
Wettbewerb im Erfinden von Steuern und Abgaben, im Erfinden von Erhöhungen von
Steuern und Abgaben, den gewinnen Sie auf Bundesebene um Längen gegenüber Wien,
ganz, ganz sicher. Diese Liste ist ja unendlich, die kann man gar nicht im
Detail hier aufzählen, weil sonst würde die Redezeit diesbezüglich nicht
reichen. (GR Walter Strobl: Konkret!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kommen wir nun
zur Wirtschaftspolitik allgemein.
Und ich darf Ihnen etwas sagen, Herr Dr Tschirf: Ihr
Beitrag und Ihre Zwischenrufe sind in etwa von der Qualität so manchen Pfiffs
bei der Fußballweltmeisterschaft. Mehr sage ich dazu gar nicht mehr.
Kommen wir zur Wirtschaftspolitik allgemein, denn das
ist Thema dieser Debatte.
Wenn Sie über Wirtschaftspolitik hier sprechen und es
kommt weder von einem Vertreter der Freiheitlichen Partei noch von den Vertretern
der ÖVP das Stichwort Klein- und Mittelbetriebe, dann ist das schon eine
bedeutende Aussage. Das spiegelt sich nämlich auch wider in der
Wirtschaftspolitik, die auf Bundesebene gemacht wird.
Ganz, ganz kurz. Zum Beispiel die Gewerbeordnung.
Über die könnten wir gerne diskutieren. Wenn Sie jetzt vielleicht noch sagen,
die Gewerbeordnung ist im Sinne der Klein- und Mittelbetriebe geändert worden,
dann fragen Sie einmal den Gemeinderat hinter Ihnen, wie er das im Bereich des
Handels sieht. Der wird Ihnen interessante Dinge diesbezüglich erzählen können.
Aber die Diskussion können wir gerne führen.
Aber gehen wir zu den Klein- und Mittelbetrieben, und
ich bin überzeugt, da geben Sie mir Ihre Zustimmung: Die Bedeutung der Klein- und
Mittelbetriebe für die Wirtschaft allgemein und für die Wirtschaft dieser Stadt
ist eine sehr wichtige. Wir wissen, dass die Klein- und Mittelbetriebe zum
größten Teil für die Arbeitsplätze bei den Betrieben verantwortlich sind. Wir
wissen, dass die Klein- und Mittelbetriebe dafür verantwortlich sind, dass es
dementsprechend hohe Investitionen gibt. Für das Steueraufkommen sind sie
verantwortlich, und wir wissen auch, dass zum Beispiel 85 Prozent aller
Jugendlichen, aller Lehrlinge in Klein- und Mittelbetrieben ausgebildet werden.
Und Sie kennen auch die Struktur der Klein- und
Mittelbetriebe, nämlich dass es zum Beispiel in Wien zirka 20 000 bis
25 000 Betriebe gibt, die null Beschäftigte haben, das ist ein recht hoher
Prozentsatz. Wir haben das heute auch schon gehört. Es ist eine wirklich enorme
Dynamik in der Wiener Wirtschaft zu bemerken. Und wenn man jetzt die Betriebe
dazurechnet mit bis zu 9 Beschäftigten, dann sind das in Wien etwa 85 bis
90 Prozent aller Betriebe. Aber auch auf Österreich ist das anzuwenden.
Und wenn wir uns anschauen, wie viel Prozent denn die Betriebe ausmachen mit
über 100 Beschäftigten, dann ist es so, dass das 1,5 Prozent sind. -
Soweit die Fakten.
Und jetzt zur Politik. Der Fehler, der auf
Bundesebene gemacht wird, und das zeigt sich sehr deutlich, ist, dass hier
vorwiegend eine Politik für die 1,5 Prozent gemacht wird und auf die
Klein- und Mittelbetriebe komplett vergessen wird. Und bei den 1,5 Prozent
wird nämlich auch noch einmal unterteilt. Hier kommen vor allem die Freunde vom
Herrn Prinzhorn und vom Herrn Bartenstein zum Zug und das ist das Schlechte an
der Wirtschaftspolitik auf Bundesebene.
Es wurde heute schon über den Konjunktureinbruch
gesprochen und über die nicht einfache Situation für die Wirtschaft. Auch hier
ist es ganz, ganz klar, und Experten auf der ganzen Welt bestätigen das immer
wieder, dass, wenn es zu einem Konjunktureinbruch kommt, die öffentliche Hand
dann darauf reagieren muss. Wir haben schon beim Budgetvoranschlag im
vergangenen Jahr darauf Rücksicht genommen und haben zusätzlich auch noch
einmal mit rund 72 bis 75 Millionen EUR darauf Rücksicht genommen. Der
Herr Vizebürgermeister hat das in seinen Ausführungen schon erwähnt. Ich
glaube, im Februar war das. Und was ist auf Bundesebene geschehen? - Hier wurde
weiter dem Dogma Nulldefizit hinterher gerannt. Hier wurden weiter die
Investitionen zurückgeschraubt. Somit ist es auch nicht verwunderlich, dass
nach einer Umfrage von Ende Mai dieses Jahres rund 65 bis 70 Prozent der
Klein- und Mittelbetriebe mit der Konjunkturpolitik der Bundesregierung nicht
zufrieden sind. Das sollte Ihnen eigentlich sehr zu denken geben, denn die
Wirtschaftspolitik der Bundesregierung auf Bundesebene sorgt unter anderem
dafür - und auch das haben wir heute schon gehört -, dass die Situation am
Arbeitsmarkt, unter anderem auch in Wien, immer schwieriger wird.
Denn was sind denn die Folgen? - Schauen wir uns das doch
einmal an, wenn es zum Beispiel in der
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