Gemeinderat,
17. Sitzung vom 24.06.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 55 von 145
GR Dkfm Dr Fritz Aichinger
(ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien):
Sehr geehrter Herr Vizebürgermeister! Sehr geehrter Herr Vorsitzender!
Ich möchte auch wieder zum Thema zurückkommen,
nämlich wir sind ganz einfach bei der Spezialdebatte für Finanzen, Wirtschaft
und Wiener Stadtwerke. Wie wir wissen, ist dieser Rechnungsabschluss natürlich
in viele Teile aufgeteilt, und wir wollen zu diesem Kapitel hier sprechen.
Ich möchte dem Klubobmann Oxonitsch Recht geben, wenn
er sagt, dass die ÖVP bei vielen Dingen, bei den einzelnen Kapiteln
beziehungsweise in den Ausschussarbeiten auch zugestimmt hat, möchte aber
dazusagen, dass es eben eine konstruktive Oppositionspolitik ist, die wir
betreiben, und nicht eine Oppositionspolitik der Opposition wegen, wie es
manchmal auch bei den GRÜNEN vorkommt. Ich werde daher in meinen Ausführungen
das Jahr Revue passieren lassen und einige Beispiele erwähnen aus dem Finanz-
und Wirtschaftsausschuss, wo wir geglaubt haben, dass wir die Zustimmung nicht
erteilen können, weil die Gefahr besteht und bestanden hat, dass nicht immer
betriebswirtschaftliche Grundsätze konsequent durchgesetzt werden, dass
Reorganisationsmaßnahmen in die Wege geleitet werden, dass ein aktives und ein
effektives Controlling durchgeführt wird und die Einsicht oft einen Mangel an
Transparenz ergibt.
Mein
erstes Beispiel, meine Damen und Herren, würde ich unter das Motto stellen:
Geldverschwendung, falscher Einsatz der vorhandenen Mittel. Ich möchte beginnen
mit dem Ankauf einer Liegenschaft, der Waagner-Biro-Gründe, wo man zuerst eine
Liegenschaft ankauft in der Größe von 140 000 Quadratmetern, dafür
weit über 500 Millionen S bezahlt, nicht weiß, welche Folgekosten dort
unter Umständen noch bestehen auf Grund einer Kontaminierung oder ähnlicher
Dinge mehr und dann erst schaut, was man unter Umständen mit diesem Grundstück
machen könnte beziehungsweise was man damit anfangen wird. Die MA 48 hat
dann einen Plan vorgelegt, dass sie hier Flächen braucht, um in den Bezirken 21
und 22 einen Standort zu haben. Aber weil dieser Bedarf an Fläche zu gering
ist, geschweige denn, dass natürlich die Gemeinde Wien sowieso über
Gründstücksreserven in größerem Ausmaß verfügt, wird dann auch noch die
MA 39, Versuchs- und Forschungsanstalt der Stadt Wien, ebenfalls dazu
eingeladen, einen gewissen Bedarf anzumelden. Es ist so, dass wir dort nicht
einmal 100 000 Quadratmeter brauchen, aber
140 000 Quadratmeter, wie gesagt, gekauft haben, wo wir noch nicht
alle Kosten genau wissen. Ich glaube, das kann man nicht unbedingt als das
Vorgehen eines ordentlichen Kaufmannes, wie wir uns das vorstellen, bezeichnen.
Mein zweites Beispiel, meine Damen und Herren, die
unendliche Geschichte Erlebnispark Tropicana. Hier handelt es sich um eine
Privatisierung oder Verpachtung oder eine mögliche Privatisierung, wie man bei
den Bädern vorgehen oder wie man überhaupt vorgehen könnte, wie man die
Privatwirtschaft einschalten könnte. Es gibt ein Bad, das die Gemeinde Wien
gebaut hat, viel bezahlt hat und es dann einem Pächter überlässt um 1 S.
Man weiß genau, dass er dort noch an die 10 Millionen S investieren
muss, aber man gibt ihm einfach 58 Millionen S, und das in
verschiedenen Jahresraten, um die Investitionen vorzunehmen, wobei gar nicht
genau die Nachweise für die Investitionen verlangt werden.
Darüber hinaus muss man aber noch, und das war auch
jetzt vor kurzem erst im Finanzausschuss, laufend Zuschüsse tätigen, um hier
den Betreiber zu veranlassen, meine Damen und Herren, gewisse Preiskategorien
einzuführen, um ein Sportbecken und ähnliche Dinge zu errichten und einen Preis
für eine gewisse Klientel um 50 S zu machen.
Was ist eigentlich daraus entstanden? - Statt einer
Privatisierung, die unter Umständen eine Win-Win-Situation sein könnte oder
ist, sind ganz einfach meiner Ansicht nach drei Verlierer auf der Strecke
geblieben, und zwar: Der erste Verlierer sind natürlich die Besucher, die dort
ein Bad haben, das zum Beispiel nur teilweise für den Schwimmsport geeignet
ist, weil in dem Becken nur zwei Bahnen zur Verfügung stehen. Der zweite
Verlierer ist meiner Ansicht nach der Betreiber, der damit immer im Mittelpunkt
der Kritik steht.
Aber der größte Verlierer ist meiner Ansicht nach die
Gemeinde Wien, und die Gemeinde Wien ist eigentlich die Summe der Bürger und
der Steuerzahler, die prinzipiell, meine Damen und Herren, in dieses Bad
hineininvestieren, und hier ist nicht gezeigt, wie es weitergehen kann.
Es besteht unter Umständen natürlich aber auch hier
der Verdacht, dass man das absichtlich so macht, um zu zeigen, dass vielleicht
Privatisierung nicht unbedingt das richtige Maß ist, das man hier in diesem
Hause haben möchte.
Der dritte Punkt, rette sich wer kann, die Erhöhung
der Rettungsgebühren, der Transportgebühren um 8 Prozent in einem Jahr,
meine Damen und Herren, jetzt im Rahmen der Euro-Umstellung, noch dazu eine
Kostenerhöhung, die wir jedes Jahr haben. Es ist mir nicht bewusst, dass man
bei einer Inflationsrate, die wir derzeit in Wien oder in Österreich haben, von
1,6 Prozent um 8 Prozent erhöhen muss, um Leistungen zu verlangen von
den Bedürftigsten. Hier fehlt es, glaube ich, an Effizienz, an
Rationalisierung, vor allem am Durchforsten, ob das noch gerecht ist, ob hier die
MA 70 wirklich all das berücksichtigt, um diese Kosten in den Griff zu
bekommen. Weil diese Kostenerhöhung haben wir jedes Jahr.
Ein weiterer Punkt und ein weiteres Motto: Großzügiger
Kostenzuschuss schützt nicht vor Tariferhöhungen, meine Damen und Herren. Wir haben
im Herbst nach langen Diskussionen und vielen Überlegungen den ÖNV-Vertrag hier
im Gemeinderat beschlossen, mit den Stimmen der Mehrheit. Und da muss man
dazusagen, dass die Gemeinde Wien den Wiener Linien im Jahr sage und schreibe
5,7 Milliarden S auf acht Jahre
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