Gemeinderat,
17. Sitzung vom 24.06.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 53 von 145
Ich muss dazusagen: Das stammt
fast nicht von mir, sondern mit anderen Worten hat das ja Bgm Häupl in seiner
Rede am 30. Jänner 2002 im Großen und Ganzen gesagt. Er hat gesagt: Wenn
man sich zu einem System des Föderalismus und der Subsidiarität bekennt, sollte
man nicht die Möglichkeiten beschränken, diese Grundsätze auch in der
politischen Praxis zur Geltung zu kommen zu lassen. Das heißt, ich hoffe, wir
sind uns in diesem Punkt einig. Aber viel eher hoffe ich, dass Bgm Häupl bei
seiner Position bleibt. Das würde uns als GRÜNE, denke ich, sehr freuen und es
würde auch mithelfen, wie gesagt, Öffentlichkeit für das GATS-Abkommen zu
erzeugen, es würde mithelfen, einen politischen Handlungsspielraum tatsächlich
zu behalten, und es würde mithelfen, dass öffentliche Dienstleistungen nicht
vor dem Aus stehen.
Zweitens: Die Entscheidung, in welcher Art und Weise
und unter welchen Rahmenbedingungen diese Aufgaben dann erbracht werden, soll
im Sinne des Subsidiaritätsprinzips nicht noch weiter durch übergeordnete
Ebenen reglementiert werden. Denn es ist einfach wichtig, dass man, bezogen auf
die regionalpolitische Situation, in der sozialpolitischen Situation immer
einen Handlungsspielraum hat, der auch das Wesen der Politik ausmacht.
Es muss drittens die Möglichkeit wieder zurückgewonnen
werden, mittels kommunalspezifizierter Kriterien bei der Vergabe von Aufträgen,
regionale Wirtschaftspolitik zu betreiben. Wir GRÜNE sagen Ja zu einem transparenten
Vergaberecht. Wir sagen auch Ja zu einem Ausschreibungsrecht, welches sagt: Ab
gewissen Beträgen des Auftragsvolumens wird international ausgeschrieben. Und
dennoch muss es so sein, dass, wenn in einer Region eine Arbeitslosenrate von
10 Prozent herrscht, unter transparenten Kriterien sehr wohl auch
regionale Wirtschaftspolitik betrieben werden kann. Dazu stehen wir, und wir
glauben auch, dass es im Sinne eines Zusammenwachsens der Europäischen Union
wichtig und notwendig ist, dass diese regionalpolitische Steigerung der
Beschäftigungswirksamkeit möglich ist. Denn nur dann, wenn breite Teile der
Bürger und Bürgerinnen der EU der Meinung sind, dass sie durch diese EU nicht
zu kurz kommen, wenn sie demokratisch eingebunden sind, dann wird die EU die
Akzeptanz finden, die zumindest wir GRÜNE uns wünschen, wenn wir von einem
vereinten Europa sprechen, welches weit über die jetzigen EU-Staaten
hinausgeht. Nicht dass in Wirklichkeit der Kleingeist auch in den höchsten
Ebenen der EU herrscht und die Neidgenossenschaft oft dazu führt, dass man
sämtliches Politische, weil man sich darüber nicht einigen kann, über Bord
wirft und eigentlich nur mehr in Fragen Wettbewerb, Standortpolitik, Liberalisierung,
Entpolitisierung denkt.
Es ist daher viertens einfach wichtig, mit speziellem
Augenmerk auf kommunale Dienst-, Versorgungs- und Versicherungsleistungen zu
versuchen, dass die bestehenden Reglementierungen auf supranationaler Ebene,
welche sich ausschließlich Wettbewerbsmechanismen verschrieben haben,
aufgehoben werden, dass keine weiteren Reglementierungsschritte auf supranationaler
Ebene gesetzt werden und dass bestehende Reglementierungen, welche soziale,
ökologische, frauenfördernde, arbeitsrechtliche sowie bei fehlender Vollbeschäftigung
regionalpolitische Kriterien bei der Vergabe von Aufträgen ausschließen,
aufgehoben werden. Dazu ist es höchste Zeit.
Ein ganz wesentlicher Punkt - und jetzt komme ich
schon fast zum Schluss - beschäftigt
sich mit Art. 6 des GATS-Abkommens, den so genannten Necessity-Tests.
Gegenwärtig geht es nach der WTO. Ich habe vorher versucht, das kurz zu
beschreiben. Nationalstaatliche Regierungen müssen beweisen, dass ihre Gesetze
dann nicht handelshemmend wirken.
Wir fordern eine Beweislastumkehr. Nicht die Regierungen
sollen beweisen müssen, dass ihre Gesetze und Regulierungen den Handel mit
Dienstleistungen nicht mehr als notwendig behindern, sondern kommerzielle
AnbieterInnen von Dienstleistungen sollen beweisen müssen, dass ihre
Profitorientierung demokratische Strukturen, ArbeitnehmerInnenrechte, soziale
Sicherheit, genderpolitische Überlegungen, KonsumentInnenschutz, Umweltschutz,
Natur und Kultur nicht zerstört und sich die Preise für niemanden erhöhen. Das
soll bewiesen werden, wenn wir von Liberalisierung und Deregulierung sprechen.
Dass das alles nicht passiert. Dann reden wir drüber. (GR Gerhard Pfeiffer: Warum sollen die das beweisen?)
Schauen Sie, Sie sagen jetzt: Warum sollen die das
beweisen? Der Staat soll Ihrer Meinung nach beweisen, dass etwas nicht
handelshemmend ist. Ganz, ganz schwer zu beweisen, weil irgendwer findet sich
immer, der sagt, das hemmt mich. Aber wenn es darum geht, dass ein Unternehmen,
und zwar ein multinationales Unternehmen, beweisen muss, dass das, was sie
wollen, nicht den Umweltschutz beeinträchtigt, nicht den KonsumentInnenschutz
beeinträchtigt, dann ist Ihnen das Wurscht. Aber Sie verabschieden sich von
Politik. Wenn Sie alles an andere Ebenen delegieren wollen, verabschieden Sie
sich von Politik. (GR Gerhard Pfeiffer:
Na wieso?) Herr Pfeiffer, Sie haben nicht einmal zugehört! Sie haben nicht
einmal zugehört! Das ist die eigentliche Tragik!
Es geht bei Verhandlungen im Rahmen des
GATS-Abkommens - darum geht es - um die weltweite Liberalisierung und
Deregulierung von Märkten. Es geht darum, dass im Zuge der Krise der Kapitalakkumulation,
die sich jetzt weltweit auf allen Börsenmärkten widerspiegelt, die großen
Dienstleister versuchen, sich öffentliche Dienstleistungen unter den Nagel zu
reißen. Darum geht es. Und Sie unterstützen diese Politik und wir als GRÜNE
lehnen sie ab, denn wir machen Politik für die Menschen und nicht gegen die
Menschen! (Beifall bei den GRÜNEN.)
Ich komme jetzt zum Schluss, weil es hat keinen Sinn,
mit Ihnen zu reden.
6. Punkt: Müll, Wasser und Abwasser, Ver- und Entsorgungsleistungen
müssen sich weiter an gemeinwirtschaftlichen Kriterien orientieren. Hoffentlich
stimmen Sie
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