Gemeinderat,
17. Sitzung vom 24.06.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 33 von 145
noch einiges aus diesem Ziel, aus dieser Zielsetzung, machen
können.
Und, meine Damen und Herren, was ist daraus geworden?
- Es gab zumindest keine Erhöhung der nachfragewirksamen Ausgaben, obwohl das -
und darauf werde ich auch noch eingehen - schon auf Grund des Befundes des WIFO
sicher notwendig gewesen wäre, den wir schon damals hatten und in welchem weit
gehend die Kritikpunkte von damals auch heuer im Mai wiederholt wurden.
Was ist weiters daraus geworden? - Eine Verringerung
der Ausgaben für das Bau- und Baunebengewerbe und geringere Investitionen im
Jahr 2001, also ein deutlicher Rückgang der Investitionsquote, wobei sich diese
Zurücknahmen nicht nur auf die Aufgaben des Jahres davor beziehen, das heißt
also, es ist in diesem Rahmen jeweils weniger ausgegeben worden als im Rechnungsabschluss
2000, sondern es ist auch das Voranschlagsziel mit diesen Summen zum Teil nicht
erreicht worden.
Was ist weiters geschehen? - Sondermittel für die
Wirtschaftsförderung sind bereitgestellt worden, der Herr Vizebürgermeister hat
es heute in seinem Eingangsstatement erwähnt. Es wurde mehr für die
Wirtschaftsförderung ausgegeben im Jahr 2001, es wurden auch mehr Anträge
gefördert, das heißt also, mehr Betriebe sind in den Genuss der Förderung
gekommen. Aber, was uns der Herr Vizebürgermeister diesmal nicht dazugesagt hat
und was wir im Herbst hier alle beschlossen haben, es waren das Sondermittel,
die wieder zurückgezahlt werden müssen. Das heißt, es wurden im Jahr 2001 zwar
mehr Firmen gefördert, aber das wird dann wieder im Laufe der nächsten ein,
zwei Jahre zurückgenommen.
Und dieser Beschluss ist im Herbst zustande gekommen,
obwohl zum Zeitpunkt dieser Beschlussfassung die Einschätzung des WIFO schon
bekannt war, die heuer im Mai, wie ich gesagt habe, nochmals bestätigt wurde,
und obwohl die Arbeitsmarktdaten schon damals in die Richtung gewiesen haben,
vor der wir heute stehen.
Ich gehe jetzt auf diesen WIFO-Bericht ein, obwohl
der hier auch schon zitiert wurde. Neben den verheerenden Arbeitsmarktdaten ist
dort auch gestanden, dass im Jahr 2001 Wien das einzige Bundesland war, in
welchem die regionale Bruttowertschöpfung real zurückgegangen ist. Was aber
nicht behandelt wurde, war die Einschätzung des WIFO über das Stärken- und Schwächenprofil
von Wien. Und gerade das hätte ich mir, Herr Vizebürgermeister, von Ihnen
erwartet, dass Sie in Ihrem Anfangsstatement nicht nur die positiven Seiten
hervorstreichen - was zweifelsohne legitim ist, denn wir wollen sie ja auch
nicht verschweigen -, sondern dass Sie auch auf diese Einschätzungen eingehen
und auf diese Einschätzungen des WIFO, auf die Warnungen, zum Teil eine Antwort
finden.
Ich behandle sie der Reihe nach, wenn auch kurz,
damit ich die Zeit nicht überbeanspruche.
Punkt 1: Das WIFO bestätigt Wien - und das schon seit
Jahren - eine geringe Exportdynamik. Ich habe nachgeschaut, es ist schon in den
1980er und in den frühen 1990er Jahren darauf hingewiesen worden, dass die
Binnenorientierung der Wirtschaft Wiens auch strukturelle Probleme aufwirft. Es
erzeugt nämlich Strukturprobleme, da die Konzentration auf den geschützten
Inlandsmarkt Modernisierung und Umstrukturierungsimpulse abschwächt, wie das
WIFO wörtlich feststellt. Das heißt, es wäre schon längst fällig gewesen, dass
man diese Binnenmarktorientierung, auch mit Hilfe einer Unterstützung,
aufbricht. Es ist das sogar voriges Jahr erkannt worden und es ist auch in dem
Paket der "Wirtschaftsförderung neu" im Wirtschaftsförderungsfonds
mitbeschlossen worden. Dennoch wird die Internationalisierungsoffensive, wie
sie schließlich genannt wird, erst im Juli dieses Jahres überhaupt begonnen und
ich meine, das hätte früher sein müssen.
Punkt 2: Dadurch, dass wir einen schwächeren Inlandskonsum
haben und die Exportneigung der Wiener Wirtschaft nicht sehr ausgeprägt ist,
schlägt dieser schwächere Inlandskonsum natürlich besonders durch. Und da, Herr
Vizebürgermeister, genügt es dennoch nicht, wenn man immer darauf hinweist,
dass die Belastungen des Bundes offensichtlich die Konsumneigung der
Bevölkerung einschränken, es ist auch das Wiener Belastungspaket, und das kann
man nicht wegdiskutieren.
Ich will jetzt nicht noch einmal aufzählen, welche Belastungen
auf die Wienerinnen und Wiener zukommen und welche Gebühren- und
Tariferhöhungen inzwischen hier mit der SPÖ-Mehrheit beschlossen wurden, es ist
die Liste schon aufgezählt worden. Aber es ist nun einmal so, dass das auch die
Konsumneigung der Wiener schwächt. (Beifall
bei der ÖVP.)
Punkt
3: Das ist der vom WIFO angesprochene negative Trend in der Sachgüterproduktion,
nämlich der negative Trend relativ zu anderen Sektoren in Wien und relativ auch
gegenüber dem österreichischen Durchschnitt. Das war lange Zeit in Diskussion,
denn die Entindustrialisierung von Wien war ja schon immer ein Thema, und in
einem Ballungsraum ticken nun einmal die Uhren anders. Wir wissen von gewissen
problematischen Standortvoraussetzungen in einem Ballungszentrum, dennoch wurde
die Diskussion in der letzten Zeit zunehmend überschattet von der Technologie-
und Innovationsdiskussion, wobei ich hier deutlich machen möchte, dass es
selbstverständlich positiv zu sehen ist, neue Technologien, innovatorische
Ansätze, kreative Ansätze zu fördern, die zukunftsweisende Richtung für eine
Stadt sind. Dennoch soll man auch andere Strukturschwächen deswegen nicht vernachlässigen,
denn lange Zeit war der Grundsatz völlig unbestritten - und ich meine, dass er
jetzt noch gilt -, dass die Sachgüterproduktion einer der Motoren der
Wirtschaft ist und auch die Sachgüterproduktion überhaupt erst Exporte ermöglicht.
Was haben wir für problematische Standortvoraussetzungen? -
Natürlich sind in einem Ballungszentrum die Grundstückspreise höher. Es gibt
aber auch selbst gemachte Probleme, wie zum Beispiel, dass die Flächenwidmung
seit Jahren Betriebseignungen zurücknimmt, das heißt, die Widmung von
betrieblich nutzbaren
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