Gemeinderat,
16. Sitzung vom 29.05.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 56 von 90
erhöht, nachdem wir in intensiven Gesprächen über die
Reorganisation waren, nachdem wir das mitgetragen und mitgemacht haben, nachdem
dort ein neuer Leiter angetreten ist und ein neues Konzept vorhanden ist, da es
dort eine Aufbruchstimmung gibt, und haben von der Bundesregierung nicht einmal
eine Antwort bekommen.
Dort wird rundherum die Albertina renoviert, nicht
zuletzt mit unserem Geld. Herr Horwath - ich weiß das genau, weil er täglich
mit mir telefoniert - versucht es bei Herrn Staatsekretär Morak, er versucht es
bei Herrn Wirtschaftsminister Bartenstein, er versucht es bei der Frau
Kulturministerin, er wird von einer Stelle zur anderen geschickt. Ich bekomme
keine Antwort - aber das ist mittlerweile gängiger Stil - und auch er bekommt
keine Antwort. Leute, die sich informieren wollen, bekommen keine Antwort.
Es wird munter darum herumgebaut. Dann wird ihm
irgendwann einmal generös angeboten, er möge doch übersiedeln: es ist gescheiter,
weg und woanders hin zu ziehen. Zwischendurch hört man, in Wirklichkeit ist man
böse auf ihn - weil jetzt sozusagen Wien ihn fördert, soll er doch zu seinen
Freunden in Wien gehen! Dazu hätte ich gerne von euch etwas gehört, hier, euren
Parteifreunden gegenüber oder in der Öffentlichkeit. Das ist die wahre Schande:
Da wird systematisch etwas ausgehungert, was in der Tat dem österreichischen
und dem Wiener filmkulturellen Erbe viel zu bringen hat und wo sehr viele Leute
zum ersten Mal überhaupt Film gesehen haben.
Dazu hätte ich gerne einmal ein bisschen von
denjenigen, von denen in dieser zweiten Reihe permanent Krokodilstränen
vergossen werden, gehört oder gesehen, oder vielleicht auch etwas mehr, nämlich
einmal irgendeine Stimme zu erheben zu einem Thema von Relevanz, damit Sie bei
Ihren Parteifreunden im Bund vielleicht etwas bewirken könnten. - Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zweite
Wortmeldung von Dr Salcher: noch 15 Minuten Redezeit. Diese muss aber nicht
ausgenützt werden.
GR Dr Andreas Salcher (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Ich muss sie nicht nützen - gut, danke für den
Hinweis, ich werde mich daran halten.
Herr Stadtrat! Ich will hier keine ideologische
Debatte führen. Soweit ich mich erinnern kann, ist es schon lange nicht mehr
vorgekommen, dass ein Kulturstadt von Wien hier von sich aus eine
parteipolitische Debatte angefangen hat. Uns zu unterstellen, dass wir den Akt
ablehnen, weil es um die Arbeiterbewegung geht - ich muss sagen, das ist
einfach lächerlich!
Reden wir einmal darüber, was Faktum ist. Sie können
mir doch nicht erklären, dass das ein Zufall war und dass das Filmarchiv der
Arbeiterbewegung zufällig entstanden ist: Zufällig sind da ein paar Leute
zusammengekommen, zufällig zu einem Zeitpunkt, nachdem die Sozialdemokraten in
der Stadt wieder eine absolute Mehrheit gehabt haben - zufällig im selben Jahr,
zwei Monate später, sind die zusammengekommen und haben sich gegründet.
Zufälligerweise - um auf Frau Kollegin Ringler zu sprechen zu kommen - reichen
die nicht ein Mal ein, für ein Jahr, wie es ein normaler Verein normalerweise
macht, und schauen, was passiert - nein, sie reichen zufälligerweise gleich für
zwei Jahre ein. Das erklären Sie? (Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny:
Dürfen sie nicht!) Diese Argumentation ist doch lächerlich!
Das ist der Grund, warum wir es ablehnen: weil wir
den begründeten Verdacht haben, dass Gelder, die in Wirklichkeit dem
Österreichischen Filmarchiv gehören würden, dort hineinkommen. Wenn Sie wirklich
ein so großes Interesse an der Dokumentation des Films der österreichischen
Arbeiterbewegung hätten, dann könnten Sie einmal mit jemandem reden, mit dem
Sie nie geredet haben, nämlich mit dem Österreichischen Filmarchiv. Die haben
dort nämlich sehr viele Dokumente, die sie auch gerne zur Verfügung stellen
würden, ohne dass sie überhaupt je gefragt wurden.
Ich sage Ihnen ganz ehrlich, es ist überhaupt kein
Problem, einmal auch darüber nachzudenken, Kulturinstitutionen zusammenzulegen,
wenn es einen Sinn macht. Wir haben das auch in anderen Bereichen gemacht. Herr
Stadtrat, was ist denn das Problem im Kulturbereich? - Dass wir in vielen
Teilen zu viel an Infrastruktur und zu wenig an Programmbudgets haben! Das ist
doch ein strukturelles Problem, das wir haben, das ist kein parteipolitisches
Problem.
Ich möchte hier in aller Klarheit sagen: Die
Österreichische Volkspartei hat sicher nichts gegen eine Dokumentation des
Films der österreichischen Arbeiterbewegung! Ein derartiger Vorwurf ist
wirklich lächerlich und ist ausschließlich parteipolitisch-polemisch
argumentiert. Ich finde auch, dass es ein Kulturstadtrat der Stadt Wien nicht
notwendig hat, sich auf einen derartigen Level der politischen
Auseinandersetzung herunterzubegeben, den wir in der kulturpolitischen Debatte
bisher normalerweise nicht hatten. Ich möchte das einmal klar sagen. (Beifall bei der ÖVP. - GR Harry Kopietz:
Bei so einer Opposition schon!)
Ich verstehe auch, ehrlich gesagt, nicht, warum die
SPÖ hier von sich aus eine Zahnt-Debatte vom Zaun bricht. Wir haben das alles
nicht getan, sondern wir haben nur gesagt, für uns gibt es gute Gründe, warum
wir dagegen sind: weil wir der Meinung sind, die Gelder sollten dem
Österreichischen Filmarchiv zur Verfügung gestellt werden. Warum jetzt hier
diese Riesen-Debatte und wem soll sie nützen? - Uns schadet sie sicher nicht
und ob sie Ihnen so riesig hilft, wage ich zu bezweifeln.
In Summe geht es darum, dafür zu sorgen, die
Filmdokumentation aller wertvollen österreichischen Dokumente sicherzustellen. (Amtsf
StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: Darum habt ihr so gekürzt!) Dafür ist für
uns nach wie vor das Österreichische Filmarchiv der erste Ansprechpartner. Es
liegt an uns allen, dafür zu sorgen, dass die das nötige Geld bekommen. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zum
Wort ist niemand mehr gemeldet.
Die Frau Berichterstatterin hat das Schlusswort. - Bitte.
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