Gemeinderat,
15. Sitzung vom 26.04.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 37 von 99
noch ein Aspekt, der ernst genommen werden muss. Ich werde
im Laufe meiner Ausführungen sogar noch zahlenmäßig darauf zu sprechen kommen.
Es hat nämlich dieser Punkt 2 auch noch einen
anderen Aspekt, auf den ich besonders eingehen möchte, der über das einzelne
Objekt weit hinausgeht. Er hat nämlich eine grundlegende und eminente Bedeutung
für die Verkehrsbelastung. Es kam gerade - wie es der Zufall so will -
vorgestern zur Veröffentlichung dieser Studie des Österreichischen Instituts
für Raumplanung im Auftrag der Arbeiterkammer, wo ja sehr drastisch dargestellt
und festgestellt wurde, wie stark sich das Verkehrsaufkommen in Wien erhöht
hat, nämlich das Pkw-Verkehrsaufkommen um 56 Prozent - im Übrigen das
Lkw-Verkehrsaufkommen weniger, also nur um ein Drittel -, und es war auch in
dieser Veröffentlichung sehr genau dargestellt, wie sich das in Wien verteilt
hat. Das hat sich ja nicht gleichmäßig über das Stadtgebiet verteilt, sondern
da gab es sehr eindeutige Indizien, aus denen man sehr eindeutige Schlüsse
ziehen kann.
Ich sage dazu, ich unterstütze auch die Schlussfolgerung
der Arbeiterkammer. Das geht natürlich auf Planungssünden zurück, die schon
seit Jahrzehnten getätigt werden. Wir kennen sie alle. Das sind die Stadterweiterungsgebiete,
die großen Wohngebiete an der Peripherie, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln
nicht entsprechend angeschlossen sind. Das sind Betriebsgebiete ebenfalls an
der Peripherie, die nicht nur nicht entsprechend, sondern nahezu nicht mit
öffentlichen Verkehrsmitteln erschlossen sind. Ich möchte hier nur ein Beispiel
nennen, das ist das Industrie- oder Betriebsgebiet rund um den Rautenweg. Ich
habe selbst noch als Kammermitarbeiterin lange Zeit die Klagen der dort
angesiedelten Betriebe unterstützt und sie betreut, aber wir sind leider Gottes
bei den Wiener Linien in keiner
Weise durchgekommen. Dort gibt es eine mäßige Autobusverbindung, die zu den
Zeiten, wo es in manchen Betrieben Schichtwechsel gibt oder wo eben Dienstschluss
oder Dienstwechsel ist, überhaupt nicht verkehren. Also, es sind dort skandalöse
Zustände.
Da sind weiterhin Planungssünden, wie zum Beispiel
in einem erhöhten Ausmaß Einkaufszentren, die natürlich oder automatisch
Kraftfahrzeugverkehr anziehen. Ein solches Beispiel liegt mir besonders am
Herzen, es hier jetzt zu nennen, weil es nämlich erst jüngst hier gegen die
Stimmen der ÖVP beschlossen wurde. Das ist ein Einkaufszentrum an der künftigen
U 1-Station an der Nordverlängerung, die so genannte Brachmühle. Meine
Damen und Herren, dieses Einkaufszentrum ist erstens einmal überdimensioniert.
Es findet in dieser Größenordnung keine entsprechende Kaufkraft im Naheinzugsbereich
und daher wird es einen großen Ferneinzugsbereich erschließen müssen. Da wird
es allein nichts nutzen, wenn da ein U-Bahn-Anschluss ist, der ein oder zwei Stationen
später an der Stadtgrenze dann ohnedies endet, sondern da wird die Macht des
Faktischen, auch wenn man es nicht immer glauben will oder manche es nicht
glauben wollen, zuschlagen. Allein die Tatsache, dass dort ein Parkhaus oder
Parkflächen für etwa 1 400 Pkw vorgesehen ist, beweist ja schon, dass
selbst die Stadtplanung nicht daran glaubt, dass die U-Bahn-Erschließung ausreichen
wird, um die Kundenströme zu versorgen. Ich weiß schon, dass das dort auch mit
Park-and-ride begründet wurde.
Wir haben übrigens heute einen Beschlussakt, wo ein
Park-and-ride-Platz in Leopoldau mit 1 050 Stellplätzen eben an dieser U-Bahn
Linie an der richtigen Stelle, nämlich an der Endstelle, beschlossen wird.
Daher möchte ich noch einmal sagen, dass dieses Einkaufszentrum bei der
Brachmühle durchaus darauf angelegt ist, sehr viel Autoverkehr anzuziehen.
Und jetzt komme ich wieder zur eigentlichen Causa zu
sprechen: Planungssünden auch bei der Hochhausentwicklung. Es ist heute schon
die Entwicklung am Wienerberg erwähnt worden, dieser ganze Businesspark. Auch
die zwei Hochhäuser, die Twin-Tower, sind ja an einem Standort entstanden, den
man wirklich nicht als gut erschlossen mit öffentlichen Verkehrsmitteln betrachten
kann. Ich möchte daher daran erinnern und besonders betonen: Die ÖVP verlangt
nach wie vor, und das wurde erst unlängst deutlich vorgestellt, dass es nach
der jetzt durchgeführten Bauetappe des U-Bahn-Baus eine weitere Etappe gibt und
eine U 5 in dieser Stadt gebaut wird, die von Dornbach über den Karlsplatz
auf den Wienerberg führt. Nur so kann man wenigstens im Nachhinein noch gewisse
Fehlentwicklungen korrigieren.
Der Verkehrszuwachs in dieser Stadt und auch die
Ungleichverteilung des Verkehrszuwachses hat aber seine Ursachen nicht nur in
der Planung, in der Konzeption, sondern auch im Faktischen, und da muss man
sich einmal die Kraftfahrzeugsbestandszahlen in Wien anschauen. Ich habe mir
diese Kraftfahrzeugsbestandsstatistik auch im 10-Jahres-Vergleich - das ist die
gleiche Zeitspanne wie die Arbeiterkammerveröffentlichung zur
Verkehrsentwicklung - angesehen und habe dabei festgestellt, dass in Wien die
Kraftfahrzeuge im Durchschnitt um 18 Prozent angestiegen sind, das heißt
der Bestand, dass es aber Gebiete in Wien gibt, wie zum Beispiel der
22. Bezirk, wo 45 Prozent mehr Kraftfahrzeuge angemeldet wurden und
jetzt in dem Bezirk bestehen. Dass diese Kraftfahrzeuge natürlich Verkehr
verursachen, darüber, glaube ich, brauche ich keine Worte zu verlieren, aber
jetzt komme ich zu jenem Punkt 2 des Anstoßes aus der Checkliste der
Hochhausplanung zu sprechen.
Natürlich findet es auch unsere Zustimmung, dass der
Individualverkehr in Wien insgesamt reduziert werden sollte beziehungsweise der
Modal Split, wie es im Fachjargon heißt, verändert werden sollte. Das heißt an
dem Grundprinzip, an dem Ziel, dass an einem Hochhausstandort, der ganz
hervorragend mit hochrangigen öffentlichen Verkehrsmitteln erschlossen ist,
möglichst nicht mehr als 25 Prozent Autoverkehr entstehen soll, ist
grundsätzlich noch nichts zu kritisieren. Zu kritisieren ist die Frage, wie das
erreicht werden soll. Und da haben wir den Stein des Anstoßes, den wahren Stein
des Anstoßes, in diesem so genannten Stellplatzregulativ, das da im
Punkt 2 der 10-Punkte-Checkliste angeführt ist.
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