Gemeinderat,
15. Sitzung vom 26.04.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 22 von 99
Persönlichkeiten, kein Wort fällt und wir hier dasselbe
Schauspiel erleben können, das wir in den letzten Tagen schon mehrmals erlebt
haben, nämlich dass versucht wird, mit plumpen Argumenten, mit oberflächlichen
Argumenten von dieser Problematik abzulenken, und kein Wort zu den beschämenden
Demonstrationen von Rechtsextremen in Wien fällt. Das ist bezeichnend, meine
Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ
und bei den GRÜNEN. - StR Johann Herzog: Was soll denn das? Ihr seid für
Gewalt! Ihr Justizsprecher war dort! Der ist für Gewalt! - StRin Karin
Landauer: Das ist ungeheuerlich!)
Man muss schon festhalten, meine Damen und Herren,
dass eine Wortmeldung und eine Aktuelle Stunde wie diese eigentlich gar nicht
notwendig sein sollten. Wir haben in Österreich eine klare antifaschistische
Verfassung. (StR Johann Herzog: Äußern
Sie sich zu Ihrem Justizsprecher!) Wir haben diese antifaschistische
Verfassung und jede Form der Wiederbetätigung ist eigentlich verboten. (StRin Karin Landauer: Und deshalb ruft
jemand von Ihnen im Nationalrat "Sieg heil!")
Wir haben heute schon in einigen Beispielen gehört,
dass das unter dieser Bundesregierung anscheinend nicht so genau gehandhabt
wird und dass das NS-Verbotsgesetz eigentlich nicht als eine der wesentlichen
gesetzlichen Bestimmungen angesehen wird. (GR
Heinz Christian Strache: Da müssen Sie mit dem Edlinger reden!)
Aber diese Wortmeldung ist notwendig geworden, denn
wir haben vor wenigen Tagen erstmals seit 1945 auf dem Heldenplatz wieder eine
Demonstration von Neonazis und Nazis erleben können, und man muss sich daran
erinnern, dass das jener Ort ist, an dem 1938 Adolf Hitler den
Österreicherinnen und Österreichern weismachen wollte, dass Wien eine Perle ist
und dass er dieser Perle die nötige und die entsprechende Fassung verleihen
wird. Aber wie hat diese Fassung ausgesehen? - Sie hat Leid gebracht. Sie hat
Vernichtung gebracht. Sie hat Tod gebracht. Sie hat Verfolgung politisch
Andersdenkender gebracht. Und an eben diesem Ort demonstrieren unbehelligt
wieder Nazis.
Ich glaube, wenn dann darüber diskutiert wird und es
erfolgt von einem Abgeordneten der Freiheitlichen Partei keine klare
Distanzierung, dann spricht das eine klare Sprache. Wir haben das auch gestern
bereits anlässlich der Mitteilung des Landtagspräsidenten, der daran erinnert
hat, dass vor 57 Jahren die Zweite Republik wieder erstanden ist, der
daran erinnert hat, was die Folgen des Nationalsozialismus waren, erlebt, wie
dann, wenn an diese historischen Vorkommnisse erinnert wird, von einer
nichtamtsführenden Stadträtin festgestellt wird, er hat die Unwahrheit gesagt.
Ich frage konkret: Was ist die Unwahrheit, wenn man
daran erinnert, dass der Nationalsozialismus Millionen Menschen Tod, Vernichtung,
Verfolgung, Verderben gebracht hat? Was ist die Unwahrheit, wenn man daran
erinnert, dass es auch heute noch Einzelne gibt, die der Zeit des
Nationalsozialismus nachtrauern? Was ist die Unwahrheit, wenn man daran
erinnert, dass am 8. Mai die Befreiung vom Faschismus in Österreich
stattgefunden hat? Was ist die Unwahrheit daran, wenn man daran erinnert, dass
Demonstrationen, die der Verfassung widersprechen, untersagt werden sollen?
In keinem einzigen Punkt der gestrigen Wortmeldung
kann ich eine Unwahrheit erkennen. Vielleicht kann Frau StRin Landauer das im
Zuge der heutigen Debatte noch ein bisschen genauer ausführen.
Aber es müssen - und ich möchte das ganz klar sagen -
die Vorkommnisse der letzten Tagen und Wochen, glaube ich, auch der ÖVP Anlass
zum Nachdenken geben, denn ich glaube, dass die Gründerväter der Zweiten
Republik, Figl und Raab, sich wahrscheinlich im Grabe umdrehen würden. (StR Johann Herzog: Rabl gab es damals noch
nicht! - GR Heinz Christian Strache: Der Raab ist Ihnen nicht mehr so genau in
Erinnerung!) Ich habe schon auf Raab ausgebessert. Horchen Sie ein bisschen
genauer zu! Das ist die Oberflächlichkeit, mit der mit den Dingen umgegangen
wird. (Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Sie werden sich wahrscheinlich im Grab umdrehen, wenn sie verfolgen, dass ein
ÖVP-Innenminister tagelang zögert, eine Demonstration - Hinweise gab es zuhauf;
darauf ist schon hingewiesen worden - zu untersagen, die eindeutig der
Verfassung widerspricht. Es muss einem ÖVP-Innenminister und es sollte auch der
Wiener ÖVP zu denken geben, dass im Anschluss an eine Kundgebung auf dem
Heldenplatz 100 Neonazis mit diversen nationalsozialistischen Parolen
durch die Straßen Wiens ziehen. Ich weiß nicht, ob wir jetzt noch die Erklärung
bekommen, dass die auch nur einkaufen waren. Das wäre vielleicht auch noch eine
Begründung. Ich glaube nicht, dass dem so ist. Es war eine politische
Kundgebung und sie hätte aufgelöst gehört. (Beifall
bei der SPÖ und bei den GRÜNEN.)
Und dass die diversen Abgrenzungsstrategien und
Abgrenzungsbehauptungen der FPÖ gegenüber neonazistischen Gruppen nicht
sonderlich glaubwürdig sind, wissen wir spätestens seit der Zeit, als wir
erfahren mussten, wie glaubwürdig zum Beispiel die Ankündigung war, dass Frau
Partik-Pablé in Wien Gemeinderätin sein wird. Sie ist nicht da und die
Abgrenzung findet nicht statt. So ist der Wahrheitsgehalt von Aussagen der FPÖ,
meine Damen und Herren. (Beifall bei der
SPÖ und bei den GRÜNEN. - Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Ich appelliere daher abschließend an den
Innenminister, diese angekündigten Demonstrationen von nationalsozialistischen
Gruppen am 8. Mai in Wien am Heldenplatz zu untersagen. - Danke schön. (Lang anhaltender Beifall bei der SPÖ und
bei den grünen.)
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Als Nächste ist Frau GRin Jerusalem zum Wort
gemeldet.
GRin Susanne Jerusalem
(Grüner Klub im Rathaus): Herr
Vorsitzender! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Das Thema der heutigen Aktuellen Stunde, die von den Grünen verlangt wurde, lautet "Skandalöse
Neonazi-Demonstrationen im Zentrum Wiens", und erlauben Sie mir zu Beginn
eine Feststellung: Dass Ihnen, Herr GR Ulm, zu diesem Thema nichts anderes
einfällt, als zunächst einmal eine Kritik am Landtagspräsidenten
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