Gemeinderat,
14. Sitzung vom 22.03.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 54 von 81
in der letzten Zeit nicht geändert. Wir sagen, dass Film ein
Geschäft ist und dass der wirtschaftliche Faktor sehr wichtig ist - genau wie
Sie. Aber wir ziehen andere Schlüsse, weil Sie ziehen den Schluss, dass zum Beispiel
ein Film, der 100 000 Zuschauer hat, ein riesiger Erfolg ist. Ich sage,
mit 100 000 Zuschauern kann er niemals ein Geschäft sein. Das heißt, in
all den letzten Jahren hat die Filmförderung in Wirklichkeit den erfolglosen
Film gefördert. (GR Günter Kenesei: Die
ganzen Festivals haben alle Unrecht, oder was? Die haben auf die Frau Unterreiner
gewartet!) Ich kann das mit Zahlen belegen. Ich gehe auch darauf ein, aber
lassen Sie mich zuerst einmal über die Zahlen sprechen, weil das sehr wichtig
ist.
Die Zahlen sind deswegen so wichtig, weil Filme, Herr
Mag Chorherr, für Zuschauer und nicht für die Filmschaffenden gemacht werden.
Das heißt, das Ziel eines Films ist, dass Menschen hineingehen und sich den
Film anschauen. (GRin Marie Ringler: Ich
bin auch ein Mensch!)
Ich sage Ihnen etwas über die Zuschauerzahlen des
österreichischen Films. Ich nehme jetzt nur die Gelder von Wien her, natürlich
gibt es auch Gelder vom Bund. Ich habe eine Anfrage an Herrn Dr Mailath-Pokorny
gestellt, wie die Subventionen, die Auslastungen und die Rückflüsse der vom
Wiener Film Fonds geförderten Filme sind.
In den letzten Jahren wurden 107 österreichische
Filme vom Wiener Film Fonds gefördert. Man hat 311 Millionen S
ausgegeben. Angeschaut haben diese Filme 2,3 Millionen Besucher. Das
heißt, in den letzten fünf Jahren haben 2,3 Millionen Besucher österreichische
Filme gesehen. Nur als Vergleich "Die fabelhafte Welt der Amelie"
haben innerhalb von einigen Monaten 5 Millionen Besucher gesehen. Einen
einzigen Film! (GR Günter Kenesei: Da hat
die Produktion aber auch ein bisschen mehr gekostet!) Sagen Sie nicht, das
sei viel leichter! (GR Mag Christoph
Chorherr: Mit der Argumentation sperren Sie einmal die Oper zu! Dort gehen
nicht 2,7 Millionen Leute hinein! - GR Günter Kenesei: Da müssen Sie die
Oper und alle anderen Theater auch gleich zusperren!) Ich meine, der österreichische
Film muss nicht an der österreichischen Grenze enden, er kann
selbstverständlich auch einen großen anderen Raum, den deutschen Sprachraum,
mitbedienen. Also sagen Sie nicht, ich kann Frankreich nicht mit Österreich
vergleichen!
Ich komme auf die Zahlen zurück. 2,3 Millionen Besucher
haben in fünf Jahren 107 Filme angeschaut, die mit 311 Millionen S
gefördert wurden. Die Rückflüsse sind 198 Millionen S. Das heißt,
nicht einmal das, was man ausgegeben hat. Nicht einmal das! Das sind nur die
Gelder von Wien. Es sind auch noch andere Gelder hineingeflossen. Das heißt,
Herr Mag Chorherr, dass niemals ein einziger Film einen Gewinn gebracht hat und
Sie sprechen von dem großen wirtschaftlichen Erfolg, den der österreichische
Film bringen kann! (GR Günter Kenesei: Haben Sie eine Ahnung, was noch alles
dranhängt?) Ihrer Meinung nach ist Film ein Geschäft, oder nicht. Wir
bekennen uns dazu, dass Film auch ein Kulturgut ist, aber einen
wirtschaftlichen Erfolg muss es ebenso geben. Vor allem hat das Ganze nur einen
Sinn, wenn sich die Leute das anschauen.
Ich kann Ihnen das noch im Detail sagen, damit Sie
sich vorstellen können, wie blamabel die ganze Sache ist. (GR Günter Kenesei: Das Einzige, was sich blamiert, sind Sie!) Das
heißt, ein Viertel dieser 107 Filme, die in den letzten fünf Jahren
gedreht wurden - das sind 22 Stück -, hat weniger als 5 000 Zuschauer
gefunden, davon die Hälfte wiederum nur zwischen 1 000 und 2 000
Zuschauer. Ich meine, das ist armselig! Für wen machen die die Filme? - Es gibt
Filme, da gehen 180 Leute hinein! Haben Sie sich einmal die Besucherzahlen
angeschaut? (GR Günter Kenesei: Glauben
Sie, dass jeder Film aus der Akademie Hunderttausende Leute ins Kino bringt?) Das
muss man wissen, wenn man über Film redet.
Dann gibt es Filme, die mehr als 100 000
Zuschauer finden. Herr Mag Chorherr findet, es ist ein riesengroßer Erfolg,
wenn ein österreichischer Film mehr als 100 000 Zuschauer findet. Ich
finde, es ist eigentlich eine Schande, weil man müsste Millionen von Zuschauern
gewinnen können, wenn er so gut ist.
Jetzt gehe ich weiter. 100 000 bis 200 000
Besucher hat sozusagen noch ein Teil davon und es gibt einen einzigen Film, der
mehr als 500 000 Zuschauer erreicht hat. Das war mit 617 000
Zuschauern "Hinterholz 8". Alle anderen Filme, die darüber
hinausgehen, haben nur zwischen 100 000 und 200 000 Besucher
gefunden. Das sind die Zahlen der österreichischen Filme der letzten fünf
Jahre. Wenn Sie dann von großen Erfolgen reden, dann muss ich Ihnen ehrlich
sagen, dass das nicht stimmt.
Nun komme ich auf das zu sprechen, was Sie gemeint
haben, wie das mit den Preisen ist. Ich muss Ihnen Recht geben, es sind einige
Filme ausgezeichnet worden. Aber auch das kann man von verschiedenen Blickwinkeln
sehen. Unsere Seite ist folgende: Wie schauen die Filme aus, die ausgezeichnet
wurden? - Ausgezeichnet wurden Filme, wo die Österreicher in einem ganz
bestimmten Licht gezeigt werden. Das ist eindeutig! (Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: Hoffentlich!) Es wird jetzt
nicht unsere typische österreichische Lebensart, unsere Tradition, unsere
Kultur gezeigt, das, was Österreich ausmacht und viele Jahre lang den österreichischen
Film mit Erfolg ausgezeichnet hat. (GR Günter Kenesei: Hans Moser und Paul
Hörbiger vielleicht!) - Sie können darüber lachen, aber die haben immerhin
ein ziemlich großes Publikum erreicht und sind nicht an der Grenze Österreichs
stehen geblieben! Der österreichische Film hatte durchaus einmal eine große
Bedeutung! (GR Günter Kenesei: Sodom und Gomorrha! Das ist keine Frage!)
Jetzt gehen wir zurück zu den Filmen: Da haben wir die
Handke-Verfilmungen. Handke hat, sofort als eine neue Regierung gegründet
wurde, gesagt, er werde nun Filme gegen Schwarz-Blau machen. Das heißt, er hat
sich schon einmal gut eingeführt. Diejenigen, denen das
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