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Gemeinderat, 14. Sitzung vom 22.03.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 55 von 81

 

gefällt, verleihen dann auch die Preise. Das sind nämlich die Jurys. Wer hat denn in Cannes die "Goldene Palme" bekommen? Wie diese Jurys zusammengesetzt sind, ist auch interessant. Wenn man sich einige Zeitungsmeldungen anschaut, wenn man "Le Monde" und so weiter liest, dann weiß man, dass das dort sehr umstritten war. Es ist nicht so, dass das von allen Seiten großartig aufgenommen wurde.

 

Haneke zum Beispiel muss gleich Filme gegen die Regierung machen. Sonderbarerweise hat Haneke das früher niemals gemacht. Er hat niemals Filme gegen die früheren Regierungen gemacht. Offensichtlich geht das erst jetzt, vorher hat man sich das nicht getraut. (GR Günter Kenesei: Hat "Nordrand" Preise bekommen?) Anscheinend darf man erst jetzt Filme gegen die Regierung machen. Er sagt, er macht mit der "Klavierspielerin" einen Film, der allgemein menschliche Beziehungen darstellt, er zeigt der Gesellschaft einen Spiegel vor und es ist ein Sozialdrama, eine kommunistische Gesellschaftsanalyse. (GR Günter Kenesei: Hat "Nordrand" einen Preis bekommen?)

 

Ich nehme an, diejenigen, die sich für Filme interessieren, haben diesen Film gesehen. Jeder von Ihnen weiß, dass das nicht allgemein menschliche Probleme sind, sondern es sind Probleme einer sehr ausgefallenen Beziehung zwischen Mutter und Tochter. Es sind eher Probleme, die in den klinischen Bereich hineingehen. Es werden sadomasochistische Rituale gezeigt. (Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: Ein typischer Antiregierungsfilm!) Es ist eine sonderbare Mutter-Tochter-Beziehung. Dort wird mit Gewalt gearbeitet, es sind eigenartige sexuelle Obsessionen. Ob das der Spiegel der Gesellschaft in Österreich ist, darüber kann man jetzt diskutieren. Ich sage zumindest, das ist schwarzer Kitsch. Wenn ich auf der einen Seite Alpenglühen und rosarote Herzen zeige und alles heil ist, dann ist es der helle Kitsch. Was Haneke macht, ist jedoch schwarzer Kitsch. Es ist vollkommen unrealistisch und entspricht überhaupt nicht einem gesellschaftlichen Spiegel Österreichs.

 

Ich muss Ihnen sagen, das ist nicht das, was ich mir unter einem gelungenen Export des österreichischen Films vorstelle, weil wie schauen denn die Österreicher in Europa aus? Wenn ich mir jetzt zum Beispiel "Hundstage" anschaue, so wird es noch verschärft. Ich meine, die Kritiken sind ziemlich einmalig. Es geht um "spezifisch österreichische Grauslichkeiten", sagt man in der Kritik. Jetzt frage ich mich, was sind "spezifisch österreichische Grauslichkeiten"? Ist das gewalttätiger Sex? Was ist das? Sind das Orgien? (GR Dr Andreas Salcher: Schau ihn dir an!) Wenn man sich das durchschaut, mag das vielleicht die Welt von Herrn Seidl und die Welt von Herrn Haneke sein, aber ich würde nicht sagen, dass das Österreich repräsentiert.

 

Es interessiert in Wirklichkeit auch niemanden, weil kein Mensch schaut sich das an. Die "Hundstage" werden vielleicht, wenn es in Ihren Augen wahnsinnig erfolgreich ist, an die 100 000 Zuschauer haben. (GR Günter Kenesei: Wie viele Zuschauer hat denn "Nordrand" gehabt, Frau Kollegin?) Ich schaue mir all diese Filme an, aber ich muss ehrlich sagen, es ist echtes Arbeitsleid! (GR Mag Christoph Chorherr: Setze es von der Steuer ab!) Wenn man sich diese Filme anschaut, geht man anschließend hinaus und findet sich in einer Gruppe anderer ziemlich verstörter Menschen. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Die Österreicher sind also bei unserem Export Sadisten, Schläger, Schwätzer, Vorstadtinferno, Masochisten, Voyeure, alles, was man sich nur so vorstellen kann.

 

Jetzt gehe ich weiter auf "Jedermanns Fest". Sie wissen, sechs oder sieben Jahre - man streitet sich - hat der Film gedauert. Man hat mit 50 Millionen S angefangen und irgendwo zwischen 70 und 80 Millionen S hat man geendet. Er kam großartig in die Kinos. Ein paar Leute sind dort gesessen und sind kopfschüttelnd hinausgegangen. Man sagt, man hat sich noch nie drei Stunden lang die Nasenlöcher vom Brandauer so genau anschauen können. Jetzt frage ich Sie, was das wiederum soll. Das ist doch unglaublich! Das ist ein Skandal! Kein Mensch schaut sich diesen Film an! Der Film ist auch sofort wieder abgesetzt worden.

 

Das sind die letzten drei großgepriesenen Filme. StR Mailath-Pokorny hat sie als außerordentlich erfolgreich hingestellt. Das ist die große Filmförderung.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind da ganz anderer Meinung. Wir sind der Meinung, dass der Film selbstverständlich nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage gehen muss. Das heißt, er wird für Menschen gemacht. Es sollen Leute gern hineingehen und dafür auch bezahlen. Es ist für ein Selbstverwirklichungsvehikel für diejenigen, die die Filme machen, viel zu teuer. Der Film ist ein Produkt, das konkurrenzfähig sein muss und letztendlich von staatlicher Unterstützung irgendwann einmal unabhängig sein sollte.

 

Das wäre wirklich gut. Denn sagen Sie mir nicht, dass ein guter, wertvoller Film wirtschaftlich erfolglos sein muss. Die großen Filme, die großen, guten Filme, die in die Filmgeschichte eingegangen sind, haben immer ein Millionenpublikum gefunden.

 

Ich hoffe - und werde sicher darauf hinarbeiten -, dass irgendwann einmal der österreichische Film das repräsentiert, was uns ausmacht. Die Identität, die ich mir vorstelle, ist eine andere als jene, die zurzeit wiedergegeben wird. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Zum Wort gemeldet ist Frau GRin Elisabeth Vitouch. Ich erteile es ihr.

 

GRin Elisabeth Vitouch (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Frau Berichterstatterin! Meine Damen und Herren!

 

Ich möchte nicht im Detail auf die Vorhaltungen der Frau Mag Unterreiner eingehen. Sie disqualifizieren sich für mich selbst. Denn würde man Filmförderung nach ihren Kriterien betreiben, dann müsste man gleich auch die Bundestheater und die Staatsoper zusperren. Wenn die Quote unser allerhöchstes Sakrament ist, dann spielen oder verfilmen wir eben den "Musikantenstadl". Wie gesagt, ich möchte eigentlich nicht erwähnen, was für ein

 

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