Gemeinderat,
12. Sitzung vom 01.03.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 40 von 81
Aus dieser ehemaligen
Pflegekommission, wie sie geheißen hat, wurde 1997 dann eine ständige
Geriatriekommission. Jetzt sage ich auch wieder: In der Theorie ist das
wunderbar und nur zu unterschreiben. Wie aber sieht die Praxis aus?
Als Neuling
muss man natürlich ein bisschen die Protokolle durchschmökern, und das habe ich
gemacht. Ich habe festgestellt, dass 1997, als eben diese Kommission bestellt
wurde, hier in den Debattenbeiträgen sehr heftig Kritik geübt wurde. Es wurde
kritisiert, dass diese Kommission nur acht Mal in einer Periode getagt hätte,
und das waren acht Besuche von Pflegeeinrichtungen, bei denen man im Geleitzug
15 Gemeinderäte mit Mitarbeitern durchgeschleust hat und dann bei Kaffee
und Kuchen festgestellt hat, dass im Großen und Ganzen ja ohnedies alles in
Ordnung sei.
Es wurde dann
1997 gesagt, das würde sich jetzt alles ändern, das würde jetzt alles anders,
viel besser und viel, viel effizienter werden. Sie werden sehr erstaunt sein -
diejenigen von Ihnen, die nicht in dieser Kommission sind -: In den letzten
fünf Jahren hat diese Kommission nicht acht Mal getagt, nicht 16 Mal, wie
man annehmen würde, sondern sie hat fünf Mal getagt! - Das zeigt natürlich, wie
wichtig die für das Gesundheitswesen Verantwortlichen diese Kommission nehmen.
Und ich behaupte überhaupt, dass diese Begleitung gar nicht die wirkliche
Aufgabe dieser Kommission ist, denn dazu gibt es heute einen Patientenanwalt,
und bei guter Kooperation müsste die vollkommene Transparenz auch gegeben sein.
Weil das
Pflegeheimgesetz von Ihnen angeführt wurde: Im Jahr 1997, bei ebendieser
Debatte, wurde von einer Ihrer Kolleginnen, von Frau Kunz, heftig kritisiert,
dass es noch immer kein Pflegeheimgesetz gibt. Gestern haben wir gehört, dass
wir vielleicht zum Jahresende mit einem Entwurf rechnen können. - Ich muss
sagen, ich halte das für beschämend, ich halte es aber auch für sehr
deprimierend.
Jetzt sehe ich
zwei Möglichkeiten: Entweder man löst eine Kommission - wenn sie unnötig ist -
auf oder man erfüllt diese Kommission tatsächlich mit Leben. Ich sage ganz
offen: Ich persönlich bin für das Zweite. Und warum bin ich dafür? - Weil die
Zeitbombe unaufhörlich tickt und ich es daher für unglaublich wichtig halte,
dass diese Kommission zukunftsorientiert Anregungen und Empfehlungen zur
Weiterentwicklung der gesundheitlichen und sozialmedizinischen Betreuung alter
Menschen in Wien gibt, wobei hier durchaus auch ausländische Erfahrung,
ausländische Beratung einfließen sollte.
Meine Damen
und Herren! Wir haben in Wien 120 000 über 75-Jährige. In einigen
Jahrzehnten wird sich diese Zahl verdoppeln und im Alter steigt die
Wahrscheinlichkeit der Pflegebedürftigkeit. Daher ist sicherzustellen, dass es
für eine stark wachsende Altersgruppe ausreichende menschliche -
"menschlich" ist ein ganz, ganz wichtiges Kriterium, das wird sehr
oft übersehen - und natürlich professionelle Versorgung mit Pflege- und
Betreuungsangeboten gibt. Natürlich ist die Familie sehr wichtig, aber auch die
Familie braucht Unterstützung - Hauskrankenpflege et cetera.
Unendlich
wichtig ist es aber auch, dass Menschen bei ihrem Abschied aus dem Leben nicht
allein gelassen, sondern begleitet werden. Daher müssten Abschiedszimmer in
allen Krankenhäusern, in allen Pflegeheimen selbstverständlich sein, müssten
Hospizdienste, mobil und stationär, selbstverständlich sein. Wir haben in Wien
30 Hospizbetten. Da muss unendlich viel geschehen!
Natürlich
kostet das Geld, aber, meine Damen und Herren, die Frage des Alters wird einer
der wichtigsten Prüfsteine für die Stabilität und Qualität unserer
Gesellschaft, und zwar schon in sehr naher Zukunft, sein. Wir haben zwar das
lange Leben, aber wir haben auch das lange Sterben - verbunden mit vielerlei
Abhängigkeiten.
All das, meine
Damen und Herren, zeigt, wie wichtig diese Kommission grundsätzlich ist, wenn
sie die Aufgaben wirklich wahrnimmt. Ich hoffe sehr, dass der Dornröschenschlaf
jetzt beendet ist. Meine Fraktion gibt auch heute einen Vertrauensvorschuss und
wir arbeiten konstruktiv sehr gerne mit. (Beifall
bei der ÖVP sowie der GRin Dr Sigrid Pilz.)
Vorsitzende
GRin Mag Heidemarie Unterreiner:
Als nächster Redner ist Herr GR Mag Kowarik zum Wort gemeldet. Ich erteile es
ihm.
GR Mag Helmut Kowarik (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrte Frau Vorsitzende!
Sehr geehrte Frau Berichterstatterin! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr
geehrte Damen und Herren!
Wir
Freiheitliche begrüßen die Einrichtung einer oder der Geriatriekommission -
eigentlich müsste man sagen: die Wiedererrichtung der Geriatriekommission. Wir
haben ja schon gehört, dass es diese Kommission schon viele Jahre hindurch
gegeben hat und dass sie eigentlich - das ist auch schon gesagt worden -
sozusagen in einen Dornröschenschlaf versunken war.
Aber gerade in
der heutigen Zeit und nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Älterwerdens der
Gesellschaft ist es ganz notwendig, solch eine Kommission einzurichten. Auch wir
sind der Meinung, dass diese Kommission Gelegenheit gibt beziehungsweise der
geeignete Ort ist, darüber zu sprechen, wie das Pflegeheimgesetz aussehen wird.
Wir werden uns auch dort einbringen und entsprechende Vorschläge machen. Ich
darf darauf hinweisen, dass wir gestern in der Landtagssitzung bereits einen
Vorschlag für ein Pflegeheimgesetz eingebracht haben, der als
Diskussionsvorschlag dienen möge, um hier sozusagen eine Initialzündung zu
geben, damit mehr als bisher darüber diskutiert wird und die Probleme, die hier
zu einer Lösung anstehen, bewältigt werden.
Wir glauben auch,
dass diese Geriatriekommission eine wichtige Aufgabe hat, nämlich zu
überprüfen, was von den damaligen Konzepten, die vor Jahren erarbeitet worden
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