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Gemeinderat, 10. Sitzung vom 23.1.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 31 von 56

 

im Sommer angekündigt worden, wohin diese Wirtschaftspolitik der Bundesregierung das Land führen wird, aber man hat nicht reagiert. (GR Georg Fuchs: Wir haben Maßnahmen gesetzt! Sie nicht!) Die Bundesregierung hat diskutiert, ob es "Rezession" heißt oder ob es "Stagnation" heißt, aber von "Maßnahmen" war keine Rede. Wir in Wien haben hingegen ein Budget erstellt, das eine Rekordinvestitionsquote sicherstellt, während der Bund seine Investitionsquote um die Hälfte reduziert hat. Das ist aktive Wirtschaftspolitik, und zwar vorausschauende, aktive Wirtschaftspolitik! (Beifall bei der SPÖ. - GR Georg Fuchs: Bitte, schauen Sie sich das Budget an!)

 

Es ist, meine sehr geehrten Damen und Herren - das können wir Ihnen nicht ersparen -, diese Sitzung für uns natürlich auch eine Möglichkeit, auf die dramatische Situation hinzuweisen. Ich habe schon einige Punkte angeführt. Wir haben das zweitschwächste Wirtschaftswachstum in der Europäischen Union. Wir haben eine noch nie da gewesene Abgabenquote. Wir sind EU-Schlusslicht bei den Einkommenszuwächsen. Da wollen wir jetzt noch ein bisschen weitertun. Ich weiß nicht, warum sich seitens des ÖAAB in der heutigen Rednerliste niemand findet, weil ich glaube, da wären durchaus interessante Ansatzpunkte gewesen. Wenn man hier eine Sitzung beantragt, dass man dann irgendwie die Stellungnahme des Herrn Klubobmanns Görg zu den Lohnabschlüssen der Wiener Gemeindebediensteten noch aufarbeiten muss - ich bin mir ein bisschen wie in einer internen Klubsitzung vorgekommen -, zeigt für mich auch nicht gerade von Kreativität im Bereich der wirtschaftspolitischen Maßnahmen. Aber gut, wir haben es hingenommen und ich will mich daher bewusst nur noch einmal auf die wirtschaftlichen Umstände beziehen.

 

Ich glaube, es ist dem Finanzstadtrat und Vizebürgermeister sehr gut gelungen, auf die österreichischen Rahmenbedingungen einzugehen und bereits durchgeführte, aber auch neue Angebote dem Wiener Gemeinderat zu unterbreiten. Ich will mich hier tatsächlich nur auf die wirtschaftliche Situation berufen, will gar nicht lange darüber reden, dass uns am Vorabend der europäischen Erweiterung - wie auch immer die einzelnen Parteien in dieser Bundesregierung dazu stehen, aber ich gehe davon aus, sie ist ein wichtiges Projekt, zu der wir uns gerade als Wienerinnen und Wiener sehr aktiv bekennen sollten - nichts Besseres einfällt, als mit den Nachbarländern über Ortstafeln zu streiten oder immer wieder durchaus wichtige Einrichtungen der Demokratie in diesem Land aktiv, auch seitens der Koalition, in Frage zu stellen.

 

Ich bleibe beim Thema "Wirtschaft". Wenn hier der Titel lautet: "Steigende Arbeitslosigkeit in Wien - Forderung nach einem Sofortmaßnahmenpaket der Wiener Stadtregierung", dann muss man sagen, es ist durchaus eine berechtigte Forderung (GR Georg Fuchs: Hausgemacht!), dass in Zeiten einer Wirtschaftsschwäche Regierungen aktiv das Zepter in die Hand nehmen, etwas tun, in die Infrastruktur investieren, vor allem ins Bau- und Baunebengewerbe investieren, weil es sich einfach um Schlüsselindustrien handelt, die Nachfolgeaufträge mit sich bringen. (GR Georg Fuchs: Wo?)

 

Die Fakten, meine Damen und Herren, sprechen eine eindeutige Sprache. Ich will die Zahlen nur noch einmal kursorisch wiederholen. 1,5 Milliarden EUR investiert Wien. Im Bund wird in dieser Zeit weniger investiert als in Wien. Wenn wir hier noch - ich wiederhole die Zahl, weil man kann sagen, die Wiederholung bringt manchmal den Lernerfolg - die Unternehmen im Bereich der Stadt Wien dazunehmen, dann sind wir bei 2,4 Milliarden EUR, die hier investiert werden. Wir haben - da nützt es auch nichts, wenn man das Gegenteil noch so oft wiederholt, es wird nicht richtiger - die Investitionen im Bereich der Stadt Wien auch schon im Budget für das Jahr 2002 maßgeblich erhöht. Im Vergleich dazu ist der Bundesregierung beim Budget des Jahres 2002 nur eine Kürzung von 500 Millionen EUR eingefallen. (GR Dr Herbert Madejski: Das stimmt nicht!) Die Bundesregierung kürzt jedoch die Investitionen, als gäbe es keine Rezession. (StRin Dipl Ing Dr Herlinde Rothauer: Und das Maßnahmenpaket?)

 

Wie gesagt, man hat es bis zum 10. Jänner ein bisschen verleugnet. Jetzt, schön langsam, kommt die Wiener ÖVP darauf, es gibt sie doch. Zumindest ein Teil der ÖVP hat sich damit abgefunden, dass es eine schwierige Situation ist. Das ist vielleicht ein kleiner Silberstreif am Horizont, meine Damen und Herren. Ich frage mich daher schon, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen der ÖVP, warum Sie diese Forderungen an den Wiener Gemeinderat stellen. Warum stellen Sie diese Forderungen nicht an Ihre zuständigen Parteifreunde und Parteifreundinnen in der Bundesregierung? - Ich glaube, es liegt hier ein gewisser Adressfehler vor. (GR Georg Fuchs: Sie haben es noch immer nicht kapiert!)

 

Wenn ich mir den Inhalt anschaue, sage ich, das ist okay. Das ganze Paket ist durchaus richtig frankiert, nur wenn ich beim Vergleich des Verschlafens bleiben darf, dann muss ich sagen, wahrscheinlich war man noch etwas schlaftrunken, wie man diese Initiative gestellt hat und hat dann die falsche Adresse auf das Paket geschrieben. Jetzt kann man sich noch überlegen, warum es zu der falschen Adresse kommt.

 

Es gibt natürlich den ersten Schluss, dass man sagt, es bringt eh nichts, wenn man dorthin einen Appell richtet, es hilft eh nichts bei dieser Bundesregierung. Das ist durchaus eine Interpretation, der ich mich anschließen kann, denn Sie wissen sehr genau, dass wir sehr viel und oftmals schon die entsprechenden Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Investitionen, aber auch im Bereich des Kaufkraftverlusts seitens der Bundesregierung eingefordert haben. Es bringt tatsächlich nichts. Es bringt im Endeffekt nur die Abwahl. Daher glaube ich, dass dieses Motiv durchaus etwas für sich hat. Ich weiß nicht, ob das Ihre Intention war. Vielleicht war es die. Das wäre zumindest redlich.

 

Eine zweite Erklärung, die ich in diesem Zusammenhang durchaus finde, ist zwar ein bisschen weniger liebenswürdig, aber im politischen Geplänkel noch verständlich, dass durchaus nicht sein kann, was nicht sein

 

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