Gemeinderat,
10. Sitzung vom 23.1.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 22 von 56
Partner, Besteuerung von Unfallrenten, Einführung von
Ambulanzgebühren, Einführung von Studiengebühren, die wieder aufgeflammte
Debatte um die Ladenöffnungszeiten - das alles ist Ihre Verantwortung, meine
Damen und Herren von den Regierungsparteien! (GR Georg Fuchs: Und das Geld kommt vom Himmel!)
Es geht nicht um die Bekämpfung der arbeitslosen
Menschen, so wie Sie das tun. Denn das tun Sie: Sie bekämpfen nicht die
Arbeitslosigkeit, Sie bekämpfen die Arbeitslosen. Es wundert mich nicht, denn
es passt nämlich in Ihr Bild von den Menschen in der sozialen Hängematte, dass
Ihre einzige Antwort auf 50 000 arbeitssuchende Menschen mehr die ist, die
Arbeitstage der ArbeitnehmerInnen zu verlängern, strenger gegen
ArbeitnehmerInnen vorzugehen und die Zumutbarkeitsbestimmungen in der
Arbeitslosenversicherung noch weiter zu verschärfen. Das ist Ihre einzige
Antwort und das ist ein Armutszeugnis. Das ist ein Armutszeugnis!
Es geht aber auch nicht nur darum, meine Damen und
Herren von der SPÖ, die Arbeitslosigkeit zu reduzieren und die Statistik nach
unten zu drücken. Es geht um mehr. Es geht um nachhaltige und existenzsichernde
Arbeitsplätze. Es geht darum, dass Menschen in diesem Land von ihrer Arbeit
wieder leben können und dass wirklich existenzsichernde Arbeitsplätze
geschaffen werden. Jeder fünfte Österreicher, jede fünfte Österreicherin
verdient schon unter 10 000 S netto. Darum geht es. Es geht um
gerechte Löhne und es geht um die Vollbeschäftigung. Ein Wort, das ich
überhaupt nicht mehr höre, auch nicht mehr von den Damen und Herren von der
Sozialdemokratie. Es geht um Vollbeschäftigung (Beifall bei den GRÜNEN.) und wir GRÜNE stehen dafür!
Es braucht mutige und innovative Maßnahmen. Aber die
sehen wir nicht. Es braucht eine Debatte um die Arbeitszeitverkürzung. Es
braucht eine ökologische Steuerreform. Es braucht eine bedarfsorientierte
Grundsicherung für alle Menschen in diesem Land, die sie brauchen. Wir brauchen
eine offensive Lohnpolitik und wir brauchen eine aktive Bekämpfung der
Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen.
Zu all dem höre ich nichts an Vorschlägen von Ihnen,
meine Damen und Herren von den Regierungsparteien. Ich freue mich ja sehr, dass
es jetzt dann ein Sozialstaat-Volksbegehren gibt, das hoffentlich von Erfolg
gekrönt sein wird und wo hoffentlich viele Menschen, die sich diese asoziale
Politik nicht mehr gefallen lassen wollen, hingehen werden.
Nun zu Ihnen, meine Kolleginnen und Kollegen von der
Sozialdemokratie. Sie sind an diesem ganzen Zustand nicht ganz unschuldig. Sie
waren die Wegbereiter dafür, dass es diese blau-schwarze Koalition schaffen
konnte, das größte Belastungspaket der Zweiten Republik durchzuführen. Sie
haben die Weichen dafür gestellt. Sie haben alle innovativen Ansätze, die auch
die GRÜNEN im Nationalrat vorgebracht haben, immer wieder blockiert. Das waren
schon Sie. Sie haben die aktive Arbeitsmarktpolitik sukzessive ausgehöhlt und
zu einem Instrument der Unternehmensförderung gemacht. Sie haben mit unzähligen
Sparpaketen und mit einem Kniefall vor den Euro-Konvergenzkriterien den
Grundstein für diese Sparmaßnahmen gelegt. Sie haben mit Flexibilisierung,
Deregulierung und Privatisierung einen neuen bestimmenden Faktor einer
österreichischen Arbeitsmarktpolitik zu Wege gebracht, nämlich
Arbeitsmarktpolitik eindeutig nur als Wirtschaftspolitik zu sehen.
Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Sie
machen es ja in Wien nicht anders, das man daran sieht, was hier Herr StR
Rieder als Antwort auf die Rekordarbeitslosigkeit in Wien, auf die
Rekordfrauenarbeitslosigkeit in Wien präsentiert hat.
Sie haben keinen Euro mehr im letzten Budget für die
Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zur Verfügung gestellt. Nein, sowohl der
Territoriale Beschäftigungspakt als auch das WAFF-Budget sind gleich geblieben.
Dafür haben Sie natürlich 14 Millionen EUR, wie schon heute
angesprochen wurde, für wirtschaftliche Notstandsmaßnamen reserviert. Es freut
uns, dass in letzter Minute so quasi auf Druck der Opposition noch rasch einen
Tag vor dieser Sondersitzung plötzlich 3,3 Milliarden EUR für die
Bekämpfung der Arbeitslosigkeit locker gemacht werden. Aber warum, meine Damen
und Herren von der Sozialdemokratie, brauchen Sie denn den Bund dazu? Warum
kann denn Finanzstadtrat Rieder auf meine mündliche Anfrage nicht einmal sagen:
Ja, natürlich werden wir, auch wenn der Bund nicht mitmacht, die
45 Millionen S, die wir für die längst fällige Bekämpfung der
Jugendarbeitslosigkeit ausgeben würden, in Wien ausgeben, auch wenn der Bund
nicht mitmacht? Warum ist das nicht möglich? - Das ist ein Armutszeugnis! (Beifall bei den GRÜNEN.)
Das Einzige, meine Damen und Herren, was Ihnen als
Antwort auf die Rekordarbeitslosigkeit von Frauen - ich habe es schon
angesprochen, 30 000 arbeitslose Frauen haben wir in Wien - einfällt, ist
die Streichung der Frauenfördermaßnahmen im WAFF um die Hälfte - und ich habe
das schon wiederholt kritisiert - und auch die Streichung und Kürzung von
erfolgreichen Wiedereinsteigerinnenprogrammen und der Frauenarbeitsstiftung.
Wir haben diese Debatte schon wiederholt geführt. Ich weiß, dass das natürlich
auch eine Folge der Kürzung durch das Arbeitsmarktservice ist, aber Sie haben
es ja nicht einmal geschafft, Ersatzmaßnahmen zur Verfügung zu stellen! Das
Einzige, was es gibt, ist die Ankündigung, 12,5 Millionen S Mitte des
Jahres für eine Initiative, die wir übrigens sehr begrüßen - "Frauen
ergreifen Chancen" -, zur Verfügung zu stellen, wo weder klar ist, wann
die kommen soll, noch welche Zielgruppe es sein soll, noch wie zum Beispiel
Frauen, die in Beschäftigung stehen, überhaupt angesprochen werden sollen.
Was Ihnen aber sehr wohl zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit
einfällt - und das ist leider das Einzige, was Ihnen einzufallen scheint -, das
sind für das Bau- und Baunebengewerbe 18,4 Milliarden S
Investitionen. 18,4 Milliarden S für zirka 12 000 arbeitslose
Bauarbeiter - Bauarbeiterinnen lasse ich jetzt weg, denn wir wissen wohl alle,
dass die Baubranche nicht gerade, ich sage es jetzt einmal vorsichtig, mit
weiblichen Bauarbeiterinnen "gesegnet" ist -, und diese Investitionen
werden Frauen
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