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Gemeinderat, 9. Sitzung vom 14.12.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 91 von 138

 

(PrZ 274/01-GJS) der Tagesordnung zur Verhandlung. Sie betrifft den Volksschulneubau im 10. Bezirk, Katharinengasse.

 

Ich bitte den Berichterstatter, Herrn GR Vettermann, die Verhandlung einzuleiten.

 

Berichterstatter GR Heinz Vettermann: Danke, Herr Vorsitzender!

 

Ich bitte bei dem eben einreferierten Aktenstück ebenfalls um Zustimmung.

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Ich eröffne die Debatte. Zum Wort gemeldet ist Herr GR Kenesei. Ich erteile es ihm.

 

GR Günter Kenesei (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Ich hoffe - das einleitend zu diesem Aktenstück, Vorhaben Schulneubau in der Katharinengasse, Volksschulneubau mit Gesamtkosten von rund 146 Millionen S -, dass der Neubau und die nachfolgenden Jahre dieser Schule unter einem besseren Stern stehen, als die Findung des Architekten und die Vergabe an den Architekten und der Wettbewerb.

 

Auf diesen Wettbewerb möchte ich auch zu sprechen kommen, denn die Auslobung und dieses Wettbewerbsverfahren haben in der Wiener Architektenschaft für einigen Unmut gesorgt. Es hat sehr viele Diskussionen darüber gegeben und es wird vielleicht auch noch in Zukunft einiges an Diskussion geben, wie eigentlich Wettbewerbe in unserer Stadt abzuhandeln wären.

 

Es hat eine interessante Zusammenfassung gegeben, nachdem im März des heurigen Jahres dieser Wettbewerb stattgefunden hat. Es ging darum, eben diese besagte Volksschule samt Hort, Kindergarten und Jugendzentrum in der Katharinengasse zu planen. Rund 250 Architekturbüros haben sich die Unterlagen besorgt, großteils auch internationaler Provenienz. 74 haben schlussendlich abgegeben. Es hat jeder - das entspricht der Größenordnung bei so einem Wettbewerb - rund eine Viertelmillion Schilling investiert. Gewonnen hat der Entwurf des Herrn Wilhelm Holzbauer, dem weder hier durch mich noch auch in dem Artikel Freunderlwirtschaft oder sonstige Nahverhältnisse unterstellt werden sollen. Tatsache ist jedoch, dass sein Projekt, nur hinsichtlich der Pragmatik das Beste, und der gesamte Juryprozess, der hurtig an einem einzigen Tag abgewickelt wurde, zu hinterfragen sind.

 

Begonnen hat es damit, dass eklatante Formalfehler bei dieser Jurierung aufgetreten sind. Gut zwei Dutzend der Teilnehmer, die sich nur zum Teil persönlich kennen, haben sich in den vergangenen Wochen zusammengetan - so der Kommentar dazu - und wollen nun mit allen anderen Teilnehmern erst einmal mittels Gespräch und dann gemeinsam mit der Kammer die Rechtslage prüfen - und das hat mittlerweile ja auch stattgefunden -, inwieweit dieses Verfahren überhaupt anzufechten ist.

 

Ich möchte Ihnen nur kurz die Vorgangsweise, was sich da abgespielt hat, konkret zur Kenntnis bringen. Am 12. März dieses Jahres, dem Tag der Entscheidung, versammeln sich um 8.30 Uhr Teile des Jurygremiums. Zwei nominierte Juroren kamen zu spät, ein weiteres Jurymitglied blieb der Veranstaltung gänzlich fern und entsandte einen zuvor nicht, wie vorgeschrieben, genannten Ersatzjuror, eine Jurorin tauchte erst nach dem Mittagessen auf und schickte ebenfalls eine vorher nicht nominierte Ersatzperson ins Rennen. Nach ihrem persönlichen Eintreffen stimmte sie aber dann frisch, fröhlich und kräftig bei der endgültigen Abstimmung mit.

 

Die Weitsicht, eine derartige Projektmasse mit kurzem Blick zu durchleuchten, war wohl nicht einmal einem Mies van der Rohe gegeben, der durchaus einer gewesen ist, der auf einen raschen Blick erkennen konnte, was Qualität und was nicht so hohe Qualität ist.

 

Schon vorher war der Jury-Vorsitzende nie, wie vorgeschrieben, gewählt worden, und wenn ja, dann entzog sich das der Kenntnis des Schriftführers, der im Übrigen als Vorprüfer ein solcher gar nicht hätte sein dürfen.

 

In dieser munteren, formal Lästiges überspringenden Art ging es weiter, ehe dann um 17.50 Uhr das Resultat feststand. Der zweite Tag für die Abwicklung des Verfahrens konnte damit der Freizeit gewidmet werden.

 

Äußerst peinlich und geradezu fahrlässig ist der Umstand, dass jeder Architekt, der sein Projekt persönlich abgeliefert hat, beim Vorprüfer in einer Liste neben der Projektbeschreibung und der Projektnummer noch unterschreiben musste, eine völlig unübliche Vorgangsweise in einem anonymisierten Verfahren, das die geforderte Anonymität des Verfahrens ad absurdum führt, das ja eben darum eingeführt wurde, um eine schiefe Optik der "Freunderlwirtschaft" und der "Verhaberung", wie es da heißt, hintanzustellen.

 

Die Frage des Vorsitzenden nach einer etwaigen Befangenheit der Preisrichter unterblieb, sie ist zumindest nicht im Protokoll feststellbar.

 

Es ist auch hinlänglich bekannt, dass zumindest zwei der Juroren einzelne Projekte bereits vorher kannten, bevor sie in dieser Jurysitzung öffentlich wurden. Der Auftrag war, hier eine Schule zu errichten und Freiräume zu schaffen. Es ging darum, Vormittagslicht in die Klassen zu bekommen, es gingt um Orientierbarkeit, um Lärmschutz und das Bereitstellen sinnvoll koordinierter Zonen verschiedenster Nutzungen und das intelligente und unerhört schwierige Verschmelzen Tausender Faktoren zu einem kompakt funktionierenden Ganzen. So zumindest die Beschreibung.

 

Der Eindruck der Ausgewählten, die dann an dieser Jurysitzung teilnahmen, war: Es geht ausschließlich um Aufträge, Raumkubaturen, Effizienz und Haberer, mit denen man super Saufen gehen kann. Also ein durchaus differenziertes Bild, wie eine Jurysitzung eines Wettbewerbs der Stadt Wien aussieht.

 

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