«  1  »

 

Gemeinderat, 9. Sitzung vom 14.12.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 55 von 138

 

aus Anlass der Euro-Einführung preisneutral oder zu Gunsten der Bevölkerung vorzunehmen."

 

Dieser Textbaustein findet sich in wahrscheinlich fast allen Anträgen und Aktenstücken, die im Zusammenhang mit Gebührenerhöhungen stehen, nur um bei der jetzigen Post und bei der folgenden Post gleich im nächsten Absatz wieder ad absurdum geführt zu werden. So sehr wir das mit einer einzigen Ausnahme als Wiener GRÜNE unterstützen - und die Ausnahme ist das, wo die Stadt Wien nach wie vor Fehlverhalten von einzelnen Personen subventioniert, und das sind die Abschleppgebühren, die bei weitem nicht kostendeckend sind -, lehnen die GRÜNEN vor allem im Rahmen der Euro-Umstellung Gebührenerhöhungen ab. Gebührenerhöhungen, die bei den beiden jetzt zu behandelnden Posten - also ich ziehe und ich hoffe, mit Ihrem Einverständnis, die beiden Posten zusammen, um Ihnen eine Wortmeldung zu ersparen - zum Tragen kommen.

 

Das ist einerseits eine Erhöhung von 4,63 Prozent für die Bereitstellung von Rettungsambulanzen - wir haben gestern über die Vergnügungssteuer diskutiert, es gibt immer wieder Veranstaltungen, ab einer gewissen Größenordnung, wo Rettungsambulanzen beigestellt werden müssen -, wo die nächste Verteuerung auf Sie zukommt. Doch was sind die 4,63 Prozent, gegen die Erhöhung der 8,9 Prozent bei den Transportgebühren innerhalb von Wien?

 

Dann steht da lapidar und das habe ich auch schon im Finanzausschuss angemerkt: "Nur in etwa 3 Prozent aller Transportfälle, so in rund 3 800 Fällen, gelangt der Betrag an die beförderte Person zur Vorschreibung." (GR Harry Kopietz: Ist im Ausschuss gewesen!) Ja, welche Personen sind denn diese 3 800 Personen, die dann privat eine jetzt 8-prozentige Erhöhung bezahlen müssen? - Das sind in der Regel die Ärmsten der Armen, die sich selbstverschuldet mit dem Krankenwagen ins Spital fahren lassen müssen. Nein, das ist es nicht. Es sind Leute, die es notwendig haben, ins Spital gebracht zu werden, die nirgends versichert sind und aus unterschiedlichsten Gründen entweder die Ausfallshaftung der Sozialhilfe nicht in Anspruch nehmen, weil sie nicht wissen, wie das geht, et cetera. (Heiterkeit des GR Harry Kopietz.) Nein, Sie lachen, aber Sie wissen ganz genau, Herr Kopietz: Wenn alle, die in Wien Anspruch auf Sozialhilfe hätten, diese tatsächlich in Anspruch nehmen würden, dann kämen wir mit den vorhandenen Budgets bei weitem nicht aus!

 

Das wissen Sie ganz genauso gut wie ich, dass es genug Leute gibt, die sich genieren dafür, auf das Sozialamt zu gehen, die sich gedemütigt fühlen, wenn sie auf das Sozialamt gehen. Wir kennen alle diese Umfragen, wir wissen das, genauso wie Sie. Sagen Sie daher bitte nicht, das betrifft niemanden. (GR Harry Kopietz: Aber die sind meistens versichert, die, von denen Sie reden! Die kennen es genau!) Die 3 Prozent, die hier in meinem Aktenstück ausgewiesen sind, sind jene 3 Prozent, bei denen dezidiert steht, dass der Betrag an die geförderten Personen direkt zur Vorschreibung gelangt. Und da man nicht davon ausgehen kann, dass das die Reichsten der Reichen sind, sondern eher die Ärmeren der Ärmsten sind, ist auch nicht davon auszugehen, dass diese 3 800 Leute alle eine Privatversicherung abgeschlossen haben, die dann diese Kosten für sie übernimmt.

 

Das heißt, wir haben eine Erhöhung von 8 Prozent, die möglicherweise - und ich sage das jetzt schon absichtlich dazu -, wenn man sich insgesamt einmal alle Gebührenkalkulationen zusammen ansähe, irgendwie im Verhältnis stehen würden. Aber das passiert ja nicht, sondern es wird ein einzelner Punkt - dieses Mal sind es zwei Punkte - herausgegriffen und dann steht - als oberste Perfidie - in dem Akt noch genau der Absatz drinnen, dass "... preisneutral oder zu Gunsten der Bevölkerung vorzunehmen ist", nur damit es dann im nächsten Absatz gleich heißt:

 

"Unbeschadet dieses Bekenntnisses ist aber der Gemeinderat zur jährlichen Überprüfung und Neubewertung der Gebühren verpflichtet, sodass eine sich aus der Kalkulation der MA 70 ergebende Anhebung der Gebühren per 1. Jänner 2002 nicht nur nicht mit dem Bekenntnis zur Preisneutralität im Widerspruch steht, sondern im Hinblick auf eine ordnungsgemäße und wirtschaftliche Gebarung auch zwingend zu erfolgen hat."

 

Warum geschieht das dann aber bei den Abschleppgebühren nicht? - Entweder es gilt für alle oder es gilt anscheinend tatsächlich nur in Bereichen, in denen Personen, die nichts dafür können, in irgendeiner Art und Weise dann aber betroffen sind und mehr zahlen: entweder Veranstalter von Clubbings, und nicht nur Clubbings, sondern auch größerer Sportveranstaltungen et cetera, bei denen einfach die Bereitstellung von Ambulanzen sinnvollerweise, sage ich dazu, vorgesehen ist, oder im Rahmen des Transportwesens, wenn jemand krank wird.

 

Sie stellen sich immer gerne hier heraus, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Sozialdemokratie, und erzählen, wo die FPÖ-ÖVP-Bundesregierung belastet. Aber nur deshalb, weil Sie damit Recht haben, können Sie doch nicht dann in Wien permanent genau dasselbe tun! (GR Christian Oxonitsch: ... permanent?) Es gibt immer wieder Beispiele, wo genau das geschieht. Wann immer es gegen die Bundesregierung geht - sei es bei Steuern, Abgaben et cetera -, kommen Sie heraus, sehen in Ihrer Kritik viele Punkte ganz genauso wie wir und kritisieren zu Recht die Bundesregierung. Aber Sie zeigen nicht, wie es anders geht! Auch Sie erhöhen überall dort die Gebühren, wo es für Sie relativ leicht geht, und lassen in vielen anderen Punkten, wo es dann darum gehen würde, aus Wien heraus Impulse zu setzen, diese Möglichkeiten einfach verstreichen.

 

Wir lehnen jedenfalls diese Gebührenerhöhungen ab und ersuchen auch Sie, diesmal nicht zuzustimmen. (Beifall bei den GRÜNEN. - GR Harry Kopietz: So ein Qualitätsverlust gegenüber dem Papa! Das ist ein

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular