Gemeinderat,
8. Sitzung vom 21.11.2001, Wörtliches Protokoll - Seite 54 von 99
Ich bitte daher jene Damen und Herren des Gemeinderats, die
dem Antrag der Frau Berichterstatterin zustimmen wollen, die Hand zu heben. -
Das ist einstimmig (GR Dr Helmut GÜNTHER:
Nein! - GRin Inge Zankl: Nur ist fast niemand von den Freiheitlichen anwesend!
Man interessiert sich nicht dafür!), Entschuldigung, mehrstimmig, gegen die
Stimmen der Freiheitlichen, angenommen.
Es gelangt nunmehr die Postnummer 25 (PrZ 203/01-M07)
der Tagesordnung zur Verhandlung. Sie betrifft eine Subvention an die Wiener
Prater Veranstaltungs G.m.b.H.
Ich bitte die Berichterstatterin, Frau GRin Nurten
Yilmaz, die Verhandlung einzuleiten.
Berichterstatterin GRin Nurten Yilmaz:
Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!
Ich bitte um Zustimmung.
Vorsitzender GR Günther Reiter: Ich eröffne die Debatte. Zum Wort gemeldet ist Frau
GRin Cordon. Ich erteile es ihr.
GRin Waltraud Cecile Cordon (Grüner
Klub im Rathaus): Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Berichterstatterin!
Sehr geehrte Damen und Herren!
Auch wenn ich schon nicht wirklich mehr daran glaube,
freue ich mich eigentlich jedes Jahr, wenn ich höre, dass der Wurstelprater
jetzt ein Wiener Flair und ein neues Gesicht bekommt. Schließlich hat uns Altbürgermeister
Dr Zilk schon 1994 ein neues Gesicht für den Prater versprochen, aber gut Ding
braucht eben Weile.
Der Prater soll wieder einmal neu gestaltet und vor
allem kulturell aufgewertet werden. Wie man in vielen Büchern lesen kann, war
das einmal eine Kulturstätte. Allerdings ist das viele Jahre her,
100 Jahre, und es ging so in etwa noch bis Mitte der Zwanzigerjahre, dann
war eigentlich die Kultur im Prater nicht mehr vertreten. Ich möchte allerdings
ganz klein hinzufügen, dass damals die Unternehmer immer wieder mit ihren
Kulturunternehmungen im Prater Pleite gegangen sind. Sie erhielten allerdings
auch keine Kultursubventionen, das muss ich dezidiert bemerken.
Kultursubventionen erhielten sie nicht, aber sie sorgten wirklich für Kultur,
sogar für Hochkultur.
Ich möchte nur daran erinnern, dass Karl Wilhelm
Drescher und Carl Michael Ziehrer zum Beispiel dort ihre Konzerte selbst
dirigierten. Es gab Opern, Operetten und Theaterpremieren. Max Reinhard
inszenierte im ehemaligen "Zirkus Busch" auf der Venediger Au.
Girardi und Paula Wessely traten im "Variete Leicht" auf. Man suchte
damals immer wieder nach Neuem und war bemüht, jede Saison Attraktionen zu
bringen, die mal auf kulturellem Gebiet, mal auf sportlichem Gebiet ihren Schwerpunkt
hatten. Es gab Variete und es gab wirklich ganz tolle Attraktionen, wie die Hochschaubahn,
die von der Hauptallee bis vor zur Ausstellungsstraße reichte. Diese ist - nur
zur Information - 1944 abgebrannt.
Aber schon 1895 sagte der damalige Bgm Grübl zu Gabor
Steiner: "Was wollen Sie denn mit Venedig? Machen Sie doch Alt-Wien wieder!
Das mögen die Wiener immer gerne." - Das gilt für Wien im Großen und
Ganzen heute noch, weil Mozart und Rokoko vertreten wir am Stephansplatz, nicht
immer in der stilvollsten Ausfertigung, aber die Wiener und die Touristen mögen
das zugegebenermaßen gerne. Ich möchte auch daran erinnern, dass zu Zeiten, wie
der Prater noch eine Kulturstätte war, auch die Praterstraße eine Pracht- und
Theaterstraße war, aber so viel nur am Rande.
Genug der Nostalgie, kommen wir wieder in die
Gegenwart. Es wurde wieder einmal ein Konzept zur Neugestaltung und
Verbesserung des Praters vorgestellt. Es ist dick und hat viel gekostet. Ich
habe jetzt einen wunderschönen Ballon vor meinem Fenster und glaube immer, es
geht die Sonne auf. Der Herr Schwarz ist sehr mutig oder sehr naiv - das weiß
ich noch nicht - und hat sich jetzt als Praterunternehmer betätigt. Ich möchte
nur sagen, ich wünsche ihm wirklich allen Erfolg. Es ist ein schöner Ansatz,
aber eine Schwalbe macht noch keinen Sommer.
Vor ein paar Tagen klagten allerdings im Radio einige
Praterunternehmer wieder einmal darüber, dass das Geschäft sehr schlecht war.
Sie klagen jedes Jahr, aber es bewegt sich nichts oder kaum etwas. Ich meine,
es kommen neue Attraktionen - das ist mir schon klar -, aber Herr Obmann Kern
meinte zum Beispiel wirklich einmal sehr offen, warum man drei, vier, fünf, ich
weiß nicht wie viele, Supermänner, Turboräder oder sonst was hinstellen muss.
Es ist halt eine sehr begrenzte Auffassung von Wiener Flair und von Neuem, was
in einer Vergnügungsstätte möglich wäre.
Da ist es leider mit ein paar so genannten Kulturveranstaltungen,
die als Werbung für ein besseres Geschäft herhalten sollen und vom Wiener
Kulturamt subventioniert werden, nicht wirklich getan, mal ganz abgesehen
davon, dass das immer wieder eine Werbeveranstaltung für die SPÖ ist, dass man
den Geburtstag des Herrn Bürgermeisters dort feiert. Zugegeben, der Herr
Bürgermeister ist eine Attraktion im Prater, und dann kommen die Leute, das ist
mir schon klar, aber 700 000 S für ein Konzept, das kein Konzept ist,
davon kann manche Freie Gruppe nur träumen, denn sie muss ein detailliertes
inhaltliches Konzept vorlegen, und das vermisse ich hier. Es ist nur eine
Kalkulation angegeben, aber in keiner Weise, welche Veranstaltungen wirklich
mit diesem Geld bezahlt werden sollen.
Die Kulturveranstaltungen im Prater - das habe ich schon zu
meinen Kolleginnen und Kollegen gesagt - kommen mir vor, wie ein paar Marzipanröschen
auf einer sitzen gebliebenen Torte. Beißen Sie anständig hinein und es liegt
Ihnen binnen kurzem im Magen. Es tut mir Leid, ich liebe den Prater, ich wohne
dort, ich muss immer dort durch, wenn ich spazieren gehen will und ich kenne
ihn seit Jahren, aber er ist trotzdem eine Asphaltg'stätte und ich muss Ihnen sagen,
unter Wiener Flair verstehe ich wirklich etwas anderes. Es
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