Gemeinderat,
7. Sitzung vom 19.11.2001, Wörtliches Protokoll - Seite 125 von 138
den Antrag an den Vorsitzenden.)
StR Rieder hat
heute eine Initiative angekündigt, durch die Gelder für die Weiterbildung von
Jugendlichen bereitgestellt werden sollen, und zwar in Form von Erweiterungen
der Fachschullehrgänge. - So weit, so gut. Was aber seit Jahrzehnten sträflich
vernachlässigt wurde, ist die musische Ausbildung. Wir haben dieses Thema hier
schon oft vorgebracht. Dass in dieser Hinsicht nichts geschieht, zeigt bereits
sehr dramatische Folgen. Unsere Jugendlichen haben fast keine Chance mehr im
internationalen Wettbewerb und in der Folge leidet auch der Ruf Wiens als Musikhauptstadt.
Ein wichtiger Schritt wurde ja unlängst bei uns im Kulturausschuss gemacht. Wir
haben uns alle sehr gefreut, dass ein Antrag der Oppositionsparteien zu einer
Enquete zu diesem Thema angenommen wurde. Das heißt, in dieser Hinsicht sollte
auch sehr viel geschehen.
Ich möchte
etwas abkürzen, denn Kollege Strobl hat heute schon die Zahlen gebracht - ich
brauche das nicht mehr zu wiederholen.
Wir haben
einen Antrag eingebracht:
"Um der derzeitigen
Krise des Nachwuchsmangels an jungen Talenten im Musikbereich erfolgreich begegnen
zu können, soll die Anzahl der Musikschulen in Wien verdoppelt werden."
Auch das
würden wir gerne noch im Gemeinderatsausschuss diskutieren. (Zwischenruf der GRin Renate Winklbauer.) - Wir
haben dieses Thema schon einmal im Kulturausschuss diskutiert und ich würde
meinen, auch das könnten wir noch einmal diskutieren. Sie wissen, es geht zwei
Ausschüsse an, es geht zwei Stadträte an, aber es ist nun einmal ein wichtiger
Bereich im Kulturleben Wiens und das überschneidet sich hier. Also man müsste
das auch bei uns diskutieren können.
Ich möchte
zusammenfassen: Wir haben einige Schwerpunkte - Bewahren unserer Identität,
unserer Sitten, Gebräuche, Sprache, Respekt und Stolz vor der eigenen Kultur.
Wir sind ganz
wie Hundertwasser der Meinung, dass Kunst wertvoll sein soll, dass sie Werte
aufbauen und nicht zerstören soll. Man soll sich in der Kunst zu Hause fühlen
können, geborgen wie in der Heimat. - Das sind Hundertwassers Worte - nur damit
man mich nicht missversteht! - Die Kunst soll schön und wahr und gut sein. Die
Kunst, so sagt er, muss zur Einfachheit zurückkehren in dieser komplizierten
Welt. Wenn ein Künstler dieses, das Selbstverständliche, tut, wird er missachtet
und verleumdet. Er sagt, es gibt Künstler, die unerschütterlich und stark und
frei diesen Weg gehen. - Zitat Ende.
Viele Künstler, die
heutzutage gefördert werden, suchen eher bei ihren Mitbürgern um Verständnis
für ihre Probleme. Sie wollen, dass die Menschen das Rätsel ihres Seelenlebens
lösen. Oft sind sie verhaftet in Hohn, Spott, Frustration, huldigen der Gewalt,
der Blasphemie, den Obszönitäten. Sie leugnen die lichten Seiten des
menschlichen Daseins. Jeder Hinweis auf Ideale wie Liebe, Freundschaft,
Freiheit wird der Lächerlichkeit preisgegeben. - Das gehört auch in eine
Budgetdebatte, weil es immer auch darauf ankommt, was man dann mit den Geldern
tut. Es fühlt sich nämlich ein großer Teil der Menschen, die Kunst erleben
wollen, im Stich gelassen, weil sie das, was sie brauchen, nicht finden.
Deswegen bleiben auch viele dem Kulturbetrieb fern. Der Wunsch dieser Menschen
wird unserer Meinung nach zu sehr missachtet.
Deshalb - und
das ist unser zweiter Schwerpunkt - sollte man mehr auf die Bedürfnisse der
Menschen, die Kunst erleben wollen, eingehen. Das sollte ein Gradmesser bei der
Subventionsvergabe sein.
Hugo von
Hofmannsthal hat das in seinem Gründungsmanifest für die Salzburger Festspiele
sehr trefflich ausgedrückt. Er sagt: "Die Nationen sollen in Salzburg
einander in ihrem Höchsten erkennen und nicht im Trivialsten." - Weiters
hat er klare Worte gefunden zur Frage, ob Kunst für Gebildete oder für die
Masse da sei. Er sagt: "Wer den Begriff des Volkes vor der Seele hat,
weist diese Trennung zurück."
Ich
wiederhole: Auch wir wollen die Bedürfnisse des Publikums, der Menschen, die
Kunst suchen, zum Gradmesser machen. Mir ist aufgefallen, dass Sie, Herr StR
Mailath-Pokorny, leider bei den letzten Postenbesetzungen sich eher als Anwalt
Ihrer Freunderln verstanden haben. Der jüngste Postenschacher beweist das. Herr
StR Marboe hat sich oft als Anwalt der Künstler verstanden. Wir verstehen uns
als Anwalt der Bevölkerung.
Ein weiterer
Schwerpunkt ist das Zusammenwirken zwischen Bildung und Kulturpolitik. Als
Beispiel soll der Antrag zur Musikerziehung dienen.
Als letzter
Punkt sei noch erwähnt, dass ein Privater allein Kultur nicht schaffen kann,
aber auch nicht eine Stadt allein. Die verstärkte Interaktion der beiden wird also
in Zukunft wichtig sein - deswegen unser Antrag bezüglich eines privaten
Partners für die Vereinigten Bühnen Wien.
Ich komme zum
Schluss: Wir sind der Meinung, nur die lebhafte Auseinandersetzung in der
Kultur bringt jene Dynamik, die den kulturellen Fortschritt fördert. Wir finden
das wichtig, dass verschiedene Meinungen aufeinander prallen sollen und dürfen.
Der Beitrag der Oppositionsarbeit der FPÖ wird bei StR Mailath-Pokorny, bei
"Andreas dem Rückschrittler", "dem Regressor", notwendiger
denn je sein. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender
GR Rudolf Hundstorfer: Als
Nächste ist Frau GRin Polkorab zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.
GRin Rosemarie
Polkorab (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats):
Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Meine Damen und
Herren!
Frau Kollegin
Unterreiner, ich finde es nicht schön, dass Sie unseren Stadtrat Pokorny als
"Rückschrittler" bezeichnen, aber ich muss Ihnen sagen, Sie haben
wohl vergessen, dass die Wähler sich bei den letzten
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