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Gemeinderat, 7. Sitzung vom 19.11.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 124 von 138

 

Also: "'Corriere della Sera' deutet das Gesehene unmissverständlich: Seidl porträtiert schäbige Stadtvororte von Spießbürgern, die Jörg Haider gewählt haben. Und 'La Repubblica' aus Rom sieht darin gar ein Fragment der österreichischen Gesellschaft, die wie ein authentischer Höllenkreis präsentiert wird. Die 'Neue Zürcher Zeitung' ist über 'Hundstage' freilich entrüstet. Man ekelt sich vor der eiskalten Häme, die der Österreicher über seine Landsleute ausschüttet, bis zum Brechreiz."

 

Das ist auch ein Gesichtspunkt, den wir einnehmen. Das heißt, Österreich ist im preisgekrönten österreichischen Film ein Panoptikum von eigentlich ziemlich unsympathischen, fast schmuddeligen Figuren. (GR Mag Christoph Chorherr: Vielleicht gibt es die!) Nein, aber falls das österreichische Publikum - und das ist jetzt wichtig! - einen weiten Bogen um diese Filme macht, wie reagiert man darauf? - Da heißt es dann: Denen fehlt es halt im Hirn. - So sagt dann der Filmemacher. Oder: Das ist die nationale Unfähigkeit zur Selbstreflexion.

 

Das kulturpolitische Signal lautet aber: Was ihr Steuerzahler als förderungswürdig erachtet, ist uns vollkommen egal. Ihr seid halt einfach ein bisschen zu deppert. Ihr versteht nichts von Kunst. Wir, die Kunstelite, wir wissen, was gut ist, wir wissen, was Kunst ist, und wir brauchen das Geld dazu!

 

In den letzten Jahren wurden von Wien jährlich um die 150 Millionen S zur Verfügung gestellt. Vom Bund kamen 100 Millionen S dazu. Jährlich werden also in Österreich Hunderte Millionen S in den österreichischen Film gepumpt. (Ruf bei den GRÜNEN: Das ist aber leider viel zu wenig!) Ein Film kostet im Durchschnitt 25 Millionen S. Um diese Produktionskosten hereinzuspielen, sind über eine Million Besucher notwendig.

 

Eine Million Zuseher aber hat der österreichische Film seit dem Beginn der Förderung noch nie erreicht. Das heißt, die österreichische Filmwirtschaft lebt nahezu ausschließlich vom Fördergeld und dieses verkommt zum Versorgungsinstrument für linientreue Gutmenschen.

 

Film ist nicht nur Kulturgut, Film ist auch Wirtschaftsgut. Er funktioniert nur nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage. Als Selbstverwirklichungsvehikel ist er ganz einfach zu teuer. Und solange die Vergabe von Steuergeldern nicht ernsthaft mit dem Erfolgsprinzip gekoppelt wird, wird der österreichische Film nicht konkurrenzfähig werden. Deswegen finde ich es manchmal müßig, wenn man hier darüber streitet, ob es ein bisschen mehr oder ein bisschen weniger ist. Es ist viel wichtiger, darüber nachzudenken, wie ich die Gelder, die gewährt werden, einsetze. Hier Gelder zu investieren, ist sinnlos, denn bis jetzt wurde der erfolglose Film gefördert. Und nach immer mehr Steuergeld zu schreien, so wie es die hiesige Filmwirtschaft tut - und was das Einzige ist, was ihnen einfällt -, das ist auch nicht der richtige Weg.

 

Herr StR Mailath-Pokorny! Ich nehme an, auch Sie werden nicht vorhaben, eine Wende herbeizuführen. Herr StR Marboe hat es nicht gewagt oder nicht gewollt. Es wird also vermutlich so weitergehen, und das ist sehr, sehr schade, denn ich bin überzeugt davon, dass wir in Österreich gute Filme machen könnten, Filme, die uns auch international präsentieren (Ruf bei der SPÖ: Heimatfilme!), so wie wir sind. Und wir sind nicht ein Volk der Alt- oder Neonazis.

 

Dies, Herr StR Mailath-Pokorny, wäre eine große Aufgabe. Gut: Wir haben eine Filmenquete vor uns. Ich bin neugierig, wie Sie jetzt an die Sache herangehen werden.

 

Es steht Ihnen in der Zukunft auch noch eine andere sehr wichtige Aufgabe bevor und das ist das Problem der Vereinigten Bühnen. Bei meiner mündlichen Anfrage im September des Jahres antworteten Sie mir, dass Sie eine Studie in Auftrag gegeben hätten, die vor allem die Nutzung des Theaters an der Wien auf etwaige Realisierungsmöglichkeiten hinsichtlich einer vermehrten Opernbespielung hin überprüfen soll, vor allem, was die Auswirkungen auf die anderen Musiktheater betrifft. Ich finde das gut. Das ist einmal ein Anfang. Es ist hier vieles offen, denn durch die kürzliche Neustrukturierung der Wiener Holding und den beruflichen Wechsel des Rudi Klausnitzer im Laufe des nächsten Jahres sind mehrere Varianten zur Nutzung der drei Häuser möglich. Neben der von uns Freiheitlichen geforderten vermehrten Operbespielung haben wir immer wieder die Einführung privatwirtschaftlichen Denkens gefordert, und dies wäre in verschiedenen Modellen möglich. Man könnte einerseits bei den verschiedenen Produktionen private Produzenten hereinholen. Man könnte aber auch überlegen, ob man nicht einen privaten Partner in die Holding hereinholt. Das Zusammenführen von Kultur und Wirtschaft wird in Zukunft auch in Österreich einen immer wichtigeren Stellenwert bekommen - ein Weg, der, glaube ich, in der Kulturpolitik Zukunft haben wird.

 

Das Konzept, dass die Stadt allein Kultur finanziert, funktioniert nicht - wir sehen das anhand des österreichischen Films -, und es wird immer deutlicher, dass den Bürgern und der Wirtschaft die Verantwortung für ihre Kunst übertragen werden muss. Das ist ein anderer Ansatz, Frau Ringler - Sie haben das bemerkt -: Sie fordern mehr Geld; wir überlegen, ob es nicht auch andere Möglichkeiten gäbe, ein vielfältiges Kulturleben, ein reiches Kulturleben in Wien zur Entfaltung zu bringen. (Beifall bei der FPÖ.) 

 

Wir haben deswegen einen Antrag ausgearbeitet - die Begründung habe ich schon in kurzen Worten erwähnt -:

 

"Bei dem notwendigen langfristigen Entwicklungskonzept, das für die Häuser der Vereinigten Bühnen erstellt werden muss, soll in Zukunft die Hereinnahme eines privaten Partners beziehungsweise privater Partner bei den Vereinigten Bühnen geplant werden." - Wir würden das gerne noch im GRA für Kultur und Wissenschaft diskutieren. (Die Rednerin überreicht

 

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