Gemeinderat,
7. Sitzung vom 19.11.2001, Wörtliches Protokoll - Seite 116 von 138
was für das Jahr 2001 und die Folgejahre so angekündigt
wurde.
Die Wiener
Kulturpolitik solle zur Schaffung von Räumen kritischer Öffentlichkeit
beitragen und neue Zugänge zur Kultur erschließen. Sie soll ein Gegenmodell
sein; kritischen Initiativen und Institutionen, die durch die Nichtgewährung
von Subventionen und die blau-schwarze Personalpolitik kaltgestellt werden,
soll geholfen werden. Eine besonnene, mit Überzeugung und Selbstbewusstsein
geführte, aber auch theoretisch fundierte Auseinandersetzung soll die
Kulturpolitik in Wien sein. Sie heißt, sich nicht in den Elfenbeinturm
zurückzuziehen, politische Verantwortung klarzulegen, Chancengleichheit.
Das sind alles
Worte und Zitate vom Mai dieses Jahres. Das, was ich in den letzten Monaten
vernommen habe, ist leider viel weniger kämpferisch geworden, und ich hoffe,
dass der Kampf mit den Wiener Theater-Windmühlen diesen Kampf nicht gar abrupt
beendet hat. Denn für das Gegenmodell gegen Blau-Schwarz gibt es jederzeit
unsere Unterstützung - nicht für das, was in den letzten Wochen auch an
SPÖ-Parteipolitik plötzlich in der Kulturpolitik aufgetaucht ist. Dafür kann es
keine geben. (Beifall bei den GRÜNEN und
demonstrativer Beifall des StR Dr Peter Marboe. - GR Dr Andreas Salcher -
angesichts des verzögert einsetzenden Beifalls der GRÜNEN -: Die schlafen
völlig!)
Was entnehme
ich noch zu später Stunde dieser APA-Meldung? - Zum Beispiel im Theaterbereich die
Einleitung der längst notwendigen Belebung und sanften Erneuerung der Wiener
Theaterlandschaft. Ich gebe zu, zuerst habe ich geglaubt, das ist eine
Beschreibung eines Pensionistenheims, wo es um den ruhigen Lebensabschnitt
geht, aber ich glaube fest daran, dass sich hier doch noch etwas entwickeln
wird und dass es doch kämpferischer weitergehen wird.
Es steht auch
zu lesen, dass im Museum der Stadt Wien ein Schnitt gesetzt werden soll und
eine Neustrukturierung des Museums vorgenommen werden soll. Dazu meine ich nur:
Wir haben in diesem Haus eine Enquete vereinbart, und ich hoffe sehr, dass sie
vor der Ausschreibung stattfindet, denn sonst kann ich wohl kaum glauben, dass
es mit der Politik der offenen Ohren und der offenen Türen, wie es am
2. Mai dieses Jahres so schön geheißen hat, ernst gemeint ist.
Und jetzt
kommen wir zu dieser unangenehmen Sache mit dem Geld. - Tatsache ist, dass das
Kulturbudget leider nicht wächst. Es gibt natürlich unterschiedliche
Rechenmodelle, aber wenn wir das abziehen, was im letzten Jahr auch nicht dabei
war, dann sinkt es, und das ist sehr bedauerlich. Es sinkt auch sein Anteil am
Gesamtbudget von 1,71 Prozent im Jahr 2001 auf 1,69 Prozent im Jahr
2002. Das ist bedauerlich. Das heißt, dass die Maastricht-Kriterien und der
Stabilitätspakt zunehmend auch auf die Kultur rückschlagen. Und das hat sie
sich eigentlich nicht verdient, auch wenn sie zu später Stunde in diesem
schönen Haus abgehandelt werden muss und wenn wir leider noch weit entfernt
sind von der grünen Forderung nach 2 Prozent am Gesamtbudget für die
Kultur. Eigentlich ist es fast eine Art Knebelung, und es ist mir schon
wichtig, darauf hinzuweisen, dass ich in diesem Fall die Verantwortung ganz
klar beim Bürgermeister und beim Finanzstadtrat sehe und weniger beim
Kulturstadtrat. Denn wer vergibt denn die Budgets und wer verhandelt? - Es
liegt ja wohl auch in der Verantwortung eines Bürgermeisters dieser Stadt, dem
die Kultur angeblich so wichtig ist, dafür zu sorgen, dass ein Stadtrat mit
ehrgeizigen Projekten sich auch durchsetzen kann. Denn sonst muss man ja fast
sagen, dieses Budget ist nicht nur eine Fortschreibung, sondern es ist gar eine
Stagnation und noch mehr: es ist der Beginn des Niedergangs. - Und das wollen
wir ja wirklich nicht hoffen.
Erstmals seit
vielen Jahren sinkt es also nun (GRin
Renate Winklbauer: Stimmt ja nicht!) und wir müssen feststellen, dass der
Rückhalt der SPÖ für die Kultur wohl mit der Demut vor dem Wähler seit dem
25. März eher gesunken denn gestiegen ist.
Wie wenig ist
also der SPÖ und dem Bürgermeister und auch dem Finanzstadtrat die Kultur nun
wirklich wert? - Wohl nicht viel, muss man sagen.
Wir können nur
sagen, wir unterstützen rückhaltlos die Erhöhung des Kulturbudgets in den
nächsten Jahren und hoffen sehr, dass der Antrag, den die SPÖ heute zur
blau-schwarzen Bundesregierung und ihrer, ja, ich sage, noch grausameren
Sparpolitik stellen wird, nicht eine Ausrede bleibt - eine Ausrede, um sich aus
der Verantwortung fortzustehlen, so wie wir das heute in manchen dieser Debattenbeiträge
ja schon vernommen haben: "Ich bin nicht schuld an der Kürzung. Das sind
die da drüben!" - So geht es eben auch nicht.
Und das, wenn
man bedenkt, dass der Bürgermeister erst letzthin gesagt hat: Ich möchte ein
deutliches Signal dafür setzen, wie wichtig dieser Bereich - gemeint ist die
Kultur - ist, und dass wir uns verstärkt darum kümmern werden. - Was ist mit
diesem Satz passiert?
So bleibt mir
nur, dem Herrn Stadtrat etwas zu überreichen, was er vielleicht aus seiner
wilden Jugend kennt: Gurana-Tabletten. - Gurana ist eine koffeinhaltige Pflanze
aus dem Amazonasgebiet und wird von den dortigen Bewohnern als belebendes
Nahrungsmittel geschätzt. Wir hoffen, dass es ihm viel Power für die nächsten
Verhandlungen gibt und dass es nicht bei diesem Kulturbudget bleibt. - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN. - Die Rednerin
überreicht amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny eine Packung Gurana-Tabletten.)
Vorsitzender
GR Günther Reiter: Zum Wort
gemeldet ist Herr StR Dr Marboe. Ich erteile es ihm.
StR Dr Peter Marboe: Herr Vorsitzender! Herr
Stadtrat! Meine Damen und Herren!
Es ist jetzt, zu
später Stunde, schon sehr viel ge-
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