Gemeinderat,
7. Sitzung vom 19.11.2001, Wörtliches Protokoll - Seite 31 von 138
Ich ersuche Sie
jedenfalls um die nötige Seriosität bei der Debatte in den nächsten beiden
Tagen. Schließlich geht es bei diesem Budget um Wien und ich bin stolz auf
dieses Budget, weil es unserer Stadt - und ich meine vor allem den Menschen in
dieser Stadt - Zukunft, Innovation, ein weltoffenes Klima, ein Miteinander-Arbeiten,
aber auch Sicherheit gewährleistet. In diesem Sinne hoffe ich, dass es vielleicht
doch noch ein Umstimmen, ein Umdenken der Opposition bei einzelnen Bereichen
gibt und bitte um Zustimmung zu diesem Budgetvoranschlag. - Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
Vorsitzender
GR Günther Reiter: Herr GR
Dipl Ing Margulies hat sich zum Wort gemeldet. Ich möchte ihn nur darauf
hinweisen, dass ab jetzt eine Redezeit von 20 Minuten besteht, gemäß
§ 20 Abs. 2. - Bitte schön.
GR Dipl Ing
Martin Margulies (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte
Damen und Herren!
Sie alle
kennen das Sprichwort "Unter den Blinden ist der Einäugige König".
Wenn ich mir jetzt die Diskussionsbeiträge von FPÖ und ÖVP vertreten durch ihre
bundespolitischen Adlaten Kabas und Tschirf anhöre und die der SPÖ, dann klingt
es so als wäre es der Streit: "Wer ist denn jetzt der Einäugige?" -
Sehen kann von Ihnen, wenn man sich die Budgetdebatte anhört, eigentlich
bislang niemand. Sie sind sich in der Arroganz der Macht ähnlich. Sie verteidigen
Ihr Budget auf Wiener Ebene ganz genauso und austauschbar wie Sie es, solange
Sie in der Bundesregierung gesessen sind, immer gemacht haben und wie es jetzt
auf Bundesebene FPÖ und ÖVP tun. Es unterscheidet Sie nichts. Und in Ihrer
Budgetpolitik unterscheidet Sie eigentlich auch nichts von dieser
Bundesregierung. Es fehlen sämtliche Impulse in diesem Budget, um irgendwie
tatsächlich gegen die Belastungen der Bundesregierung anzukämpfen. Es fehlen
sämtliche Impulse. (GR Franz Ekkamp: Ja,
zur Parkometerabgabe ein Symposium!)
Da sagen wir
bei der Parkometerabgabe ganz kurz nur: Dann heben Sie doch endlich die
Zweckbindung auf und zwingen Sie uns zu einem Offenbarungseid! Aber solange Sie
sich selbst bei dieser Abgabe weigern, die Zweckbindung aufzuheben, ist es
unser gutes Recht, bis zu einer Aufhebung, die Abgabe, so oft es geht, zu vergeben,
weil alles sinnvoller ist, als die Volksgaragen zu bauen. Das ist in einer
Zeit, wo überall gespart wird, ungefähr das Dümmste, was man mit diesen
Einnahmen insgesamt gesehen machen kann. Aber warten wir noch kurz mit dem Wiener
Budget und kommen wir kurz zurück zur Bundesebene.
Herr Kabas
meint, die sozial Schwächsten werden durch das Wiener Budget getroffen und die
FPÖ ist ein Garant dafür, dass dies eigentlich nicht der Fall sein sollte. Das
ist ein Hohn, wirklich! So tät ich mich nicht einmal trauen, die SPÖ zu
verhöhnen! Das ist ja peinlich, wenn er das sagt! Er, dessen Partei verantwortlich
ist, dass auf Bundesebene umgerechnet Milliardenbeträge den Ärmsten aus der
Tasche gezogen werden. Übrigens in Fortsetzung einer großkoalitionären Politik
von SPÖ und ÖVP. Es ist ja nicht so, dass Sozialabbau und Sparpakete eine
Erfindung der Freiheitlichen wären. Ich denke, da können Sie mir jederzeit
zustimmen. Sie alle haben die Jahre 93, 94, 95, 96, 97, 98, 99 miterlebt,
solange Sie in der Regierung waren. Manche von Ihnen haben ja damals noch gegen
die Sparpakete protestiert. Jetzt ist nicht mehr sehr viel davon zu merken.
Jedenfalls
wird davon gesprochen, der Staatshaushalt wäre saniert. Es ist nicht der Fall,
das wissen wir alle. Aber es ist nicht nur das. Die privaten Haushalte sind
deshalb immer mehr verschuldet. Denn wenn Kollege Kabas davon spricht, dass auf
die Wienerinnen und Wiener durch das Budget der Stadtpolitik 4 000 S
zukommen, dann kann man sagen, das ist nichts gegen die Tausenden Schillinge,
die vor allem die Ärmsten der Armen, und sei es jetzt bei Ambulanzgebühr,
Arbeitslosenversicherung, Notstandshilfe, et cetera, in den letzten Jahren
verloren haben. Und die Diskussion über die Verschärfung der Zumutbarkeitsbestimmungen
ist nahtlos angereiht an die Diskussion über die Verschärfung der
Zumutbarkeitsbestimmungen, die es schon unter SPÖ- und ÖVP-Regierungen gegeben
hat.
Wenn wir uns
jetzt anschauen, wie die Sozialdemokratie fast weinerlich auf die Vorgaben der
Bundesregierung reagiert, dann muss ich mich schon fragen: Warum unterstützen
Sie die Nulldefizitpolitik dieser Bundesregierung? Warum? - Am Donnerstag
werden wir im Landtag darüber diskutieren, aber Bürgermeister hat ja schon
zugestimmt. Warum stimmt dann ein Bürgermeister einem Stabilitätspakt zu, der
vorsieht, dass Wien einsparen muss, wo im Stabilitätspakt de facto die
Nulldefizit-Politik der Regierung als Begründung hergenommen wird? Entweder ich
meine etwas ernst, wenn ich Politik mache, dann stelle ich mich auf die Füße
und gehe lieber mit fliegenden Fahnen unter. Aber dann zeige ich wenigstens
meiner Wiener Bevölkerung, dass ich diesen unsozialen Kurs, den die
Bundesregierung geht, nicht mitgehen will.
Aber was macht Wien
in Vertretung StR Rieder Bgm Häupl? - Es wird zugestimmt. Ja und auch wir
machen den Maastricht-Überschuss. Ja und auch wir werden in den verschiedensten
Bereichen einsparen, wobei Kollege Oxonitsch gemeint hat - er ist jetzt nicht
da -, dass das Budget ein offenes Buch ist. (Der
Redner zeigt ein offenes Buch.) Jetzt ist es ein offenes Buch, deswegen
wird es noch lange nicht transparent. Ich stelle schon jetzt die Frage: Werden
wir bei der Rechnungsabschlussdebatte für 2002 dasselbe erleben wie es für 2001
zu erwarten ist, 2000 und auch 1999 passiert ist, wo plötzlich Ausgaben in der
Größenordnung - und jetzt ziehe ich die Bezirksmittel gleich ab - von
7 Milliarden S mehr drinnen zu finden waren, oder 6 Milliarden
mehr? Oder wie wird es denn im Jahr 2001 sein, Herr Stadtrat? Werden wir uns an
den Budgetvoranschlag halten, oder werden wir wie
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