Gemeinderat,
7. Sitzung vom 19.11.2001, Wörtliches Protokoll - Seite 32 von 138
der, weil plötzlich
von irgendwo anders zusätzliche Einnahmen gekommen sind, einen Ausgabenüberzug
haben von ein paar Milliarden S? Ist das die Transparenz? Ist es die
Transparenz, dass unter den vier Budgetposten Postensumme 757, 755, 775, 777 -
Kapitaltransferzahlungen sind das und laufende Transferzahlungen - rund
3 Milliarden EUR verbucht sind und nur ein Bruchteil davon im Budget
aufgeführt ist, wohin diese Summen tatsächlich gehen? Ist das die Transparenz?
- Das ist es wirklich nicht! Da gäbe es meines Erachtens auch in der
Budgeterstellung noch viel zu tun.
Wir haben uns
als Oppositionspartei nie verschlossen, an einer Budgetdebatte teilzunehmen,
nur es bedarf einer Einladung der Sozialdemokratie, dass wir einmal gemeinsam
darüber reden, wie wir für unsere Wienerinnen und Wiener ein gescheites Budget
auf die Füße stellen können. Ein Budget, welches tatsächlich versuchen würde,
gemeinsam gegen die unsozialen, unökologischen Modelle, die momentan auf Bundesebene
passieren, aufzutreten.
Was ich
ebenfalls in der Budgetrede des Herrn Stadtrats vermisst habe, sind klare
politische Ansagen. Normalerweise wird die Budgetdebatte dazu verwendet, dass
man groß darstellt und erklärt, in welche politische Zielrichtung man sich überhaupt
bewegen will. Scheinbar gibt es das nicht in der Sozialdemokratie. Es ist, wenn
es nämlich so ist, dass budgetär der Handlungsspielraum immer geringer wird,
traurig, dass diese symbolischen Projekte, mit denen man auch heute noch massiv
Politik machen könnte, nicht einmal erwähnt werden.
Aber
wahrscheinlich ist das so, dass die Öffnung der Gemeindebauten auf das Jahre
Schnee verschoben ist. Wahrscheinlich ist es so, dass es entgegen den Wahlversprechungen
ein bestenfalls halbherziges Wahlrecht für AusländerInnen geben wird. Bei der
Sozialhilfe wird in Wirklichkeit gekürzt, im Gesundheitsbereich wird gekürzt.
Jetzt zeigt sich auch schon, was für ein großer, großer Fehler es war, die Michael
Häupl-Gedächtnisstiftung zu gründen und nicht die AVZ-Anteile tatsächlich zu
verkaufen und den Fonds aufzulösen. Das muss man sich einmal vorstellen:
22 Milliarden S wäre der Erlös bei der AVZ gewesen.
140 Millionen S ... (GR Dr Wilfried
Serles: Jetzt sind sie schon gefallen!) Inzwischen ist es gefallen, aber
damals wäre es so gewesen. Jetzt sind es 140 Millionen S. Eine
Rendite, glaube ich, von nicht einmal 1 Prozent, 0,6 Prozent.
Jetzt bin ich
nicht derjenige, der sagt, man muss Sachen bestmöglich veranlagen und
Aktienkapital kumulieren und so weiter und so fort, weil wir alle wissen, dass
viele dieser Aktienspekulationen gerade in vielen anderen Ländern und vor allem
in den Ländern der Dritten Welt dazu führen, dass die Arbeitslosigkeit steigt,
et cetera, und das jetzt mit eine Ursache der gesamten
Globalisierungsdiskussion ist. Aber 0,6 Prozent Rendite und nicht einmal
über das Vermögen verfügen zu können, nicht die Schulden zurückzahlen zu
können, die wir tatsächlich haben. Das war verantwortungslos und war
schlichtweg dumm! (Beifall bei den
GRÜNEN).
In diesem
Sinne, sehr geehrte Damen und Herren, würde ich mir in Hinkunft bei der
Budgetgestaltung tatsächlich Transparenz wünschen. Ich würde mir wünschen, dass
die anderen Parteien nicht erst bei der gemeinsamen Stadtsenats- und
Finanzausschusssitzung die Budgetdiskussion theoretisch abführen könnten, wo
insgesamt gesehen, ein eher grantelnder Bürgermeister die Sitzung runterhudelt,
wo jede Fragestellung in Wirklichkeit vollkommen absurd wäre, wenn man das
Budget auch erst ein paar Tage vorher erhalten hat - präsentiert wurde es im
Übrigen ein Monat vorher -, sondern ich würde mir wünschen, dass eine Einladung
erfolgt an alle Parteien in diesem Hause, und dass man versucht, gemeinsam zu
erarbeiten, wie wir in Hinkunft tatsächlich die Budgetmittel der Stadt Wien
bestmöglich verwalten können und wie wir politisch von Wien aus einen Gegenpol
zu dieser unsozialen Politik der Bundesregierung setzen können. - Ich danke
sehr. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender
GR Günther Reiter: Zum Wort
gemeldet ist Frau StRin Dipl Ing Dr Rothauer. Ich erteile es ihr.
StRin Dipl Ing
Dr Herlinde Rothauer: Sehr
geehrter Herr Vorsitzender! Herr Vizebürgermeister!
Ja, was soll
ich zum Budget sagen. Das Budget, dem wir nicht zustimmen, ist aus meiner Sicht
als ordentliches Rechenwerk zu bezeichnen. Nicht mehr und nicht weniger. Wobei
ich bei der Bezeichnung "ordentliches Rechenwerk" ohnedies schon eine
gutwillige Annahme treffe. Man kann das Budget auch als weit gehende Nebelbombe
bezeichnen. Nebelbombe deshalb, weil, abgesehen von Budgetricks, die legal
angewendet wurden, um die Vergleichbarkeit mit früher nicht mehr herstellen zu
können, auch viele Informationen in diesem gedruckten Werk nicht enthalten sind,
die für eine Beurteilung sehr wichtig wären und die dankenswerter Weise der
Herr Vizebürgermeister uns heute zum Teil zusätzlich gegeben hat.
Allerdings
auch, würde ich fast sagen, unter dem Stichwort "Nebelbombe werfen",
weil die Darstellung, die wir heute bekommen haben, die Zusatzinformationen,
zum Teil sehr beeindruckend und klar dargestellt wurden, aber dann doch wieder
mehr Fragen aufgeworfen haben, als sie beantworten konnten.
Zum Beispiel:
Bei den sehr lobenswerten und anerkennenswerten Einzelinitiativen zur
Wirtschaftsförderung, bei den Einzelprojekten, wurden Milliardenbeträge genannt.
Als die Aufzählung fertig war, hat uns der Herr Vizebürgermeister gesagt: Ja,
aber intelligenter Weise wird nicht nur öffentliches Geld in diese Einzelprojekte
investiert, sondern das sind Projekte so nach dem Muster Public Private
Partnership und es steckt auch erhebliches Privatkapital drinnen. Das ist gut
so, das ist begrüßenswert, nur frage ich mich: Wo ist jetzt wirklich die
Leistung der Stadt Wien abzugrenzen?
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular