Gemeinderat,
6. Sitzung vom 25.10.2001, Wörtliches Protokoll - Seite 60 von 100
Nichterfüllung des
Vertrags Maßnahmen vorgesehen.
Dieser Antrag
vermittelt auch den Eindruck, dass der Wiener öffentliche Verkehr in einem
schlechten Zustand ist. Tatsache ist, dass es eine große internationale
Anerkennung des guten Leistungsangebots der Wiener
Linien hinsichtlich Modernität, Qualität und Sicherheit gibt. Das
bestätigen auch die ständig steigenden Fahrgastzahlen und die Beliebtheit der Wiener Linien bei den Wienerinnen und
Wienern.
Sehr geehrte Damen und Herren! Der Verkehrsvertrag ist von
besonderer Wichtigkeit zur Sicherung des hohen Leistungsstandards auch in der
Zukunft. Viele europäische Großstädte haben diese Notwendigkeit erkannt und
bereits Verträge abgeschlossen - Paris, Berlin, Brüssel und viele andere mehr
-, denn eine Privatisierung des öffentlichen Personennahverkehrs ist nicht
sinnvoll und bringt nur Nachteile.
Zu dieser Erkenntnis ist auch die EU-Verkehrskommission
gekommen und hat in ihrer Sitzung vom 11.10.2001 beschlossen, dass die Behörde
Verkehrsleistungen selbst oder mit eigenen Verkehrsunternehmungen erbringen
kann; ein Umdenken wieder in Richtung öffentlichen Verkehr. Es ist dies auch
ein großer Erfolg unseres Bgm Dr Michael Häupl, der in vielen Gesprächen mit
den Bürgermeistern in den europäischen Großstädten, aber auch mit den handelnden
Personen in Brüssel die Basis dafür geschaffen hat.
Zum Vertrag: Durch die Deckelung der Jahreszuschüsse wird
ein zusätzlicher betriebswirtschaftlicher Leistungsanreiz geschaffen. Der
finanzielle Ausgleich von 4,052 Milliarden S beinhaltet auch die
Abdeckung des Personalaufwands. Für die Investitionen in Fahrbetriebsmittel und
Bauprojekte ohne Bundeszuschuss, weiters für die Neu- und Ersatzbeschaffung von
U-Bahnen, Straßenbahnen und Bussen stehen 1 699 887 000 S
jährlich zur Verfügung und dieser Betrag wird auch jährlich mit
1,5 Prozent valorisiert.
Die U-Bahnen-Schienenverbundprojekte mit Bundesbeitrag
werden gesondert finanziert. Die Qualitätsgewährleistung ist im Vertrag
festgeschrieben, ebenso die Kontrollmöglichkeit. Bei Nichteinhaltung hat die
Stadt Wien die Möglichkeit zu Maßnahmen. Damit wurde ein fairer Vertrag für
beide Seiten abgeschlossen, der auch Arbeitsplätze sichert.
Sehr geehrte
Damen und Herren! Wer diesem Vertrag nicht zustimmt, steht für Privatisierung
mit all ihren negativen Auswirkungen: finanzielle und soziale Verschlechterung
für die Mitarbeiter sowie eine Verringerung des Leistungsangebots, der Qualität
und der Sicherheit. Das zeigen die negativen Beispiele in Europa, vor allem in
England mit den chaotischen Zuständen, die auch zum Konkurs von Rail Truck
geführt haben, sodass die öffentliche Hand das wieder übernommen hat.
Wir
Sozialdemokraten stehen für ein modernes, attraktives, leistungsfähiges und gut
funktionierendes öffentliches Verkehrssystem zum Vorteil der Benützer und zum
Vorteil der Wienerinnen und Wiener. (Beifall
bei der SPÖ.)
Vorsitzender
GR Rudolf Hundstorfer: Zu
einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr GR Dr Madejski zum Wort
gemeldet. Ich erteile es ihm. - Bitte.
GR Dr Herbert Madejski (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Vorsitzender!
Ich mache es
ganz kurz: Mein Vorredner hat betreffend die Sicherheit gemeint, dass hier
regelmäßig Brandschutzübungen und gemeinsame Übungen stattfinden.
Ich möchte
darauf hinweisen, dass noch kein U-Bahn-Fahrer in Wien eine
Brandschutzausbildung mitgemacht hat, und es wäre an der Zeit, dass man das
nachholt. Daher stimmt Ihre Aussage in diesem Fall nicht.
Vorsitzender
GR Rudolf Hundstorfer: Wir gehen
nun weiter in der Tagesordnung.
Als Nächster
ist Herr GR Dipl Ing Margulies gemeldet. Ich darf festhalten, dass deine
Redezeit mit 20 Minuten begrenzt ist. (GR
Dipl Ing Martin Margulies: Soll ich sie ausnützen?) Das ist dein Problem.
GR Dipl Ing
Martin Margulies (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte
Damen und Herren!
Viele
Kritikpunkte an diesem Vertrag wurden bislang von allen Fraktionen mit Ausnahme
der sozialdemokratischen Fraktion dargelegt, und was den Vertrag direkt
betrifft, muss man sagen, dass die Einschätzung aller anderen Fraktionen
eigentlich auch sehr ähnlich ist. Die Einschätzung der Rahmenbedingungen ist
ein bisschen anders und da möchte ich ein paar Sachen vorwegschicken.
Wir Grüne waren diejenigen, die immer dafür
gestanden sind, dass der öffentliche Verkehr ein kommunaler Auftrag ist, der zu
erfüllen ist. Die Erfahrungen der jüngsten Geschichte zeigen, dass sämtliche
Schritte in Richtung Deregulierung, angeblich stärkeren Wettbewerb und Privatisierung
die öffentlichen Verkehrsverbundnetze zerschlagen und letztendlich nicht nur
die Fahrgäste treffen, sondern vor allem die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen
in diesen Verkehrsbetrieben. - Dies vorausgeschickt.
An diesem
Punkt muss ich dem Kollegen Juznic ganz energisch wiedersprechen, wenn er sagt,
wer diesem Vertrag nicht zustimmt, steht für Privatisierung und steht für
Verschlechterung der Situation der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Wiener Linien. Das Gegenteil ist der
Fall, denn in diesem Vertrag ist nicht wirklich irgendetwas festgelegt. Es ist
ein Vertrag, der, wie Kollegin Rothauer gesagt hat, wenn der freie Wettbewerb
kommt, vielen, vielen anderen Bewerbern und Bewerberinnen ebenfalls vorgelegt
werden müsste. Und auf dieser Grundlage, auf Grundlage dieses Vertrags, der ja
durchaus als Ausschreibungsgrundlage gesehen werden kann, würden sich einige
Bieter finden, die möglicherweise das Angebot der Wiener Linien zunächst unterbieten könnten.
Unsere Aufgabe muss
es aber sein, die Wiener Linien
zu erhalten und nicht längerfristig zu zerstören, denn nur so sind die
Arbeitsplätze gesichert und nur
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