Gemeinderat,
6. Sitzung vom 25.10.2001, Wörtliches Protokoll - Seite 54 von 100
welche Form da bezeichnet ist, es steht hier nur "in
dieser Form" - den Verlust der Einflussmöglichkeiten für
stadtentwicklungs-, verkehrs- und umweltpolitische Ziele bringen würde.
Ich frage Sie, meine Damen und Herren: Welche
Einflussmöglichkeiten? - Gerade das haben wir verabsäumt, in diesen Vertrag
präzise hineinzunehmen. Dieser Möglichkeit haben wir uns diesmal begeben. Es
bleibt nach wie vor die unbeantwortete Frage im Raum stehen, die auch schon
Kollege Chorherr aufgeworfen hat, wer die Verkehrspolitik macht, wer in dieser
Stadt definiert, was öffentliches Interesse ist, wie im Interesse der Bürger
der Verkehr zu funktionieren hat, welche Qualität er haben soll und in welcher
Quantität er angeboten werden soll. Das lässt dieser Vertrag leider offen.
Es steht hier auch noch - ich zitiere aus dem Papier
von StR Schicker -: "Dieser Verordnungsentwurf bedeutet die Gefahr der
Desintegration von U-Bahn-, Straßenbahn- und Busangebot." - Das ist ein
bisschen eine einseitige Sicht der Dinge, denn dazu gibt es ja Verträge, oder
sagen wir später Ausschreibungen, wenn die EU-Verordnung so kommt, dass man das
festlegen kann. Das ist ja nicht gottgewollt oder liegt in der Hand irgendeines
nicht definierbaren Schicksals, sondern das kann und soll die Kommune auch
bestimmen. Es gibt natürlich ernsthafte Befürchtungen, wenn es einmal zur Ausschreibung
kommt und diese so abgefasst wird, wie dieser Vertrag abgefasst wurde, dann
wird das in Wien nicht bestmöglich geregelt sein. Ich hoffe aber doch, dass,
wenn das einmal kommt, dann die Vernunft Einzug hält und dass dann die Vorgaben
viel präziser sind, so wie es die Qualität verlangt.
Ich will jetzt nicht die selben Punkte noch einmal
bringen, die Herr Kollege Chorherr schon in seiner Kritik gebracht hat, dass es
einen Mangel an quantitativen Vorgaben und Qualitätskriterien gibt. Wir haben
das, weil das ein zentraler Punkt der Kritik war, ausführlich diskutiert. Es
hat im Sommer, noch vor der Unterausschusssitzung, so genannte Parteiengespräche
- in Wahrheit war es ein Gespräch - gegeben und als Reaktion auf diese Gespräche
- oder auf dieses Gespräch - und den Austausch der gegenseitigen Standpunkte
ist dann ein bisschen etwas an dem Vertrag geändert worden. Es kam dann noch
auf Grund der Kritik, dass die Qualitätskriterien nicht ausreichend determiniert
sind, zu einer Anlage zu diesem Vertrag.
Diese Anlage - meine Damen und Herren, Sie werden sie
kennen - hat ein einviertel A4-Seite und darin gibt es Stichworte, wie
"Qualitätsstandard", "Sicherheit",
"Pünktlichkeit", "Sauberkeit", "Zuverlässigkeit",
"Kundenfreundlichkeit" und so weiter. Das wäre an sich zutreffend.
Ich nehme aber nur ein Beispiel heraus, weil es zu langatmig wäre, wenn ich auf
jeden Punkt einginge, obwohl jeder Punkt die gleiche Qualität oder den gleichen
Qualitätsmangel hat, wie ich ihn jetzt kritisiere.
Unter dem Punkt "Zuverlässigkeit" ist die
Qualitätsanforderung - ich betone, die Qualitätsanforderung - wörtlich so
definiert: "Bei Ausfall einer Fahrt aus einem Grund, der von den WIENER
LINIEN nicht zu vertreten ist, gilt die geplante Verkehrsleistung trotzdem als
erbracht." - Ich habe das schon in der Ausschusssitzung als Verhöhnung
bezeichnet. Ich bleibe dabei, es ist eine Verhöhnung, denn wenn es mir nicht
der Mühe wert ist, dass ich zuerst eine kurze Erklärung abgebe, was ich unter
Zuverlässigkeit verstehe, dann kann ich das nicht als Qualitätsanforderung
bezeichnen. Ich bin dafür zu haben, meine Damen und Herren, dass wir es auch
anerkennen, dass die WIENER LINIEN nichts dafür können, wenn irgendeine
Unzuverlässigkeit oder eine Unterbrechung oder was auch immer auftritt, wenn
ein Zwischenfall passiert, wo sie nichts dafür können, dass wir sie dafür nicht
zur Verantwortung ziehen, aber ich muss zuerst einmal sagen, was die
Verantwortung ist, was Zuverlässigkeit ist, was sie zu erbringen haben, damit
ich beurteilen kann, ob sie das erbracht haben oder ob sie es nicht erbracht
haben.
Damit bin ich beim Punkt "Kontrollmechanismen
und Sanktionen". Ich will mich da nicht weiter verbreiten, weil der
Nachredner aus meiner Fraktion, Kollege Tschirf, darauf noch eingehen wird.
Kontrollmechanismen und Sanktionen vermissen wir.
Ich komme zuletzt noch auf einen wichtigen Punkt zu
sprechen. Ich verkürze es, weil auch da Herr Kollege Chorherr schon sehr
eingehend darauf zu sprechen gekommen ist. Es handelt sich um die Frage der
Tarifhoheit.
Auch wir sind der Meinung, dass ein Monopolunternehmen
an sich nicht dafür geeignet ist, die alleinige Tarifhoheit zu bekommen. Ich
gehe aber jetzt nicht näher darauf ein, sondern ich gehe auf eine Äußerung des
Herrn VBgm Rieder ein, der mir bei unserer Kritik vorgeworfen hat, gerade eine
Partei, die für Auslagerung, Ausgliederung, Privatisierung plädiert, und nun
ist ein Unternehmen ausgegliedert, gerade eine solche Partei verlangt dann
sozusagen wieder die Rücknahme, damit das alles wieder politisch bestimmt wird
und der Gemeinderat wieder das bestimmende Element ist.
Wir haben uns missverstanden, Herr Vizebürgermeister,
obwohl ich es schon einmal gesagt und gehofft habe, dass ich mich klar
ausgedrückt habe. Das ist keine unzulässige, politische Intervention, wenn ich
als Kommune mit jemandem einen Vertrag abschließe und mir im Zuge des
Vertragsabschlusses Bedingungen vereinbare. Das ist auch im Privatrecht gang
und gäbe. Wenn ich als privater Bauherr Bauleistungen vereinbare und unten
steht, es kann noch zu Regiestunden kommen und die Regiestunde kostet soundso
viel ... (VBgm Dr Sepp Rieder: Frau
Kollegin! Ich mache einen Mietvertrag, wo der Mieter jederzeit das Recht hat,
den Mietzins zu bestimmen? Ist das so gemeint?)
Nein, ich versuche, es jetzt noch einmal zu erklä
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