Gemeinderat,
6. Sitzung vom 25.10.2001, Wörtliches Protokoll - Seite 53 von 100
denen wir jetzt sprechen. Wenn ich davon ausgehe, dass es
der Vertrag noch zulässt, dass nach diesen 8 Jahren die Kündigung nicht
ausgesprochen wird und er noch einmal ganz selbstverständlich weitere
7 Jahre laufen kann, dann bin ich bei einer Laufzeit von 15 Jahren
und spreche ich bereits von 85,5 Milliarden S, die wir zur Verfügung
stellen, mehr oder weniger garantieren und für die wir eine Leistung erhalten
sollen, nämlich eine Leistung im Interesse des Bürgers, nicht in unserem
ureigenen Interesse, sondern im Interesse des Bürgers, denn der Bürger weiß es natürlich
nicht so genau wie wir, aber er spürt das, dass das - anders ausgerechnet -
jeden Wiener 3 562 S pro Jahr kostet, vom Säugling bis zum Greis,
damit der öffentliche Wiener Verkehr so funktioniert.
Diese Bürger und speziell jene, die die Öffis benützen,
oder vielleicht sogar jene - noch gravierender -, die darauf angewiesen sind,
dass sie die öffentlichen Verkehrsmittel benützen, haben ein Recht darauf,
meine sehr geehrten Damen und Herren, dass die verantwortlichen Politiker -
weil nur die können das tun - das Beste für die Bürger erreichen! Nicht zuletzt
wollen wir auf Grund der Ziele, die wir uns gesetzt haben, auch erreichen, dass
immer mehr Bürger die öffentlichen Verkehrsmittel benützen. (Beifall bei der ÖVP.)
Der Bürger oder - konkreter ausgedrückt - Fahrgast
hat aber in dieser ganzen Causa, die uns schon ziemlich lange beschäftigt,
bisher den geringsten Stellenwert gehabt. Ich brauche das jetzt nicht näher
auszuführen, jeder weiß das in diesem Raum. Es hat schon ein Jahr lang ein
heftiges Ringen um Details dieses Vertrags, um Grundsätze dieses Vertrags, um
das Bemühen, das Beste daraus zu machen, gegeben. Geworden ist es ein Vertrag -
der Kollege Chorherr hat das irgendwo zwischendurch mit Fahrlässigkeit bezeichnet
-, wo meiner Meinung nach die Interessen der Kommune und des Fahrgasts jenen
des Unternehmens unterlegen sind und - dieser Eindruck ist zwischendurch zu
Recht entstanden - dass die ganzen Verhandlungen und vor allem die Bedingungen,
die daraus entstanden sind, im Hintergrund von der Gewerkschaft dominiert
werden. Bestätigung hat das Ganze kürzlich darin gefunden, dass die
Gewerkschaft aus ihrer Deckung herausgegangen ist, dass also aus der Vermutung
der Wahrheitsbeweis geworden ist.
Nun betone ich ausdrücklich - darauf lege ich persönlich
Wert -, das wäre an sich noch nichts Böses, wäre an sich noch nicht Anlass zur
Kritik. Aber diese Tatsache ist vielleicht die Erklärung dafür, dass ... Nein,
ich bin ein vorsichtiger Mensch, ich formuliere es anders: Ist diese Tatsache
womöglich eine Erklärung dafür - ich stelle die Frage -, dass jeder Rationalisierungsdruck
oder jeder Druck zu Effizienzsteigerung in diesem Vertrag nicht wahrgenommen wurde?
Gerade das ist unser politisches Anliegen, nämlich
dass mit diesem Finanzierungsvertrag, der eine gewisse Sicherheit gewährt und
auch gewähren soll, ein Optimum an Qualität für den Bürger eingekauft wird und
dass in Vorbereitung auf Liberalisierungsmaßnahmen auf EU-Ebene das bisher
bewährte Verkehrsunternehmen WIENER LINIEN wettbewerbstüchtig und wettbewerbsfähiger
gemacht wird. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich glaube, das ist ein sehr legitimes Anliegen und
dieses Anliegen wäre durchaus auch zu Gunsten des Unternehmens.
Ich mache jetzt eine kleine Klammer zu dem Masterplan
Verkehr, dem Positionspapier, das wir heute, vor wenigen Stunden, bekommen
haben, weil auch ich - wie Kollege Chorherr - noch auf die Frage zu sprechen
komme, wer dann eigentlich die verkehrspolitischen Anliegen weiterverfolgen
wird, wer die Verkehrspolitik in dieser Stadt machen wird. Das wurde
zwischenzeitlich auch in den Verhandlungen diskutiert. Irgendwie hat es
geheißen, das wird in Richtung von Verkehrsstadtrat Schicker passieren.
Ich habe mir den Masterplan, das Positionspapier,
durchgelesen. Darin gibt es neben dem sehr vagen Bekenntnis zur Verbesserung
des öffentlichen Personennah- und Regionalverkehrs - ich sage, no na - eine
halbe A4-Seite zum Thema "Liberalisierung des öffentlichen
Personennahverkehrs". Dort steht: "Die Stadt Wien vertritt daher
gemeinsam mit anderen Städten innerhalb der EU die Position Offenhalten der
Option zwischen direkter Leistungsvergabe und Leistungserbringung und
kontrolliertem Wettbewerb in großen Städten in integrierten Systemen." -
Das kann ich unterstützen. Ich halte das für richtig, wenn es zu Gunsten des
kontrollierten Wettbewerbs ausgeht.
Im Zuge der Diskussionen hat jeder seine Argumente
eingebracht, mitunter - wie das halt so ist - auch jene Argumente, die gerade
in die Linie gepasst haben, und dabei wurden die Beispiele aus dem Ausland viel
strapaziert. Die Befürworter unserer Regelung haben gesagt, im Ausland - jetzt
wird neuerdings besonders das Beispiel London strapaziert - ist alles so
schlecht gelaufen, im Ausland war das alles furchtbar. Diejenigen, die gemeint
haben, man soll sich doch mehr daran orientieren, haben gesagt, im Ausland war
das irrsinnig gut, das ist alles klasse gelaufen.
Meiner Information nach sind die Erfahrungen ziemlich
präzise so zusammenzufassen: "Völlig deregulierte Dienste sind häufig
schlechter. Geschlossene Märkte sind für die Fahrgäste attraktiv, aber
teuer." Sie merken schon an der Diktion, die ich vorlese, dass das nicht
von Lokalpolitikern formuliert wurde, sondern von Fachleuten. Die Konsequenz
daraus und das Ergebnis der Erfahrungswerte im Durchschnitt war, dass der
kontrollierte Wettbewerb zu bevorzugen ist. Dem Bericht nach zu schließen haben
bereits 11 der 15 Mitgliedsstaaten diesen kontrollierten Wettbewerb in
ihren eigenen Rechts- und Verwaltungsvorschriften mit Wettbewerbselementen versehen
eingeführt.
So weit, so gut. Ich lese aber in dieser halben A4-Seite zur
Liberalisierung des öffentlichen Personennahverkehrs auch, dass die Verordnung,
die in der EU vorbereitet wird, in dieser Form - ich weiß nicht,
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