Gemeinderat,
5. Sitzung vom 21.9.2001, Wörtliches Protokoll
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aber
Ausschließungsgründe, vor allem wenn es sich um Urteile handelt, wie immer man
die auch einschätzen mag - auch hier gibt es eine geteilte Meinung, aber es war
ein Urteil -, nach so vielen Jahren dazu verwendet, einen Menschen zu
diskreditieren, in die Öffentlichkeit zu zerren und ihm nach vielen, vielen
Jahren wieder den Ruf zu schädigen - das halte ich eigentlich für nicht sehr
korrekt, Kollege Salcher! Wir werden deshalb dies auch zum Anlass nehmen, auch
darüber nachzudenken, wie wir uns in Zukunft da und dort manche Vorstandslisten
und auch manche Anträge von Kulturvereinen genauer anschauen werden. Das war
auch Ihre Anregung und wir werden dem gerne auch sehr intensiv folgen.
Es ist meines
Erachtens auch der zweite Punkt, der sachliche, den Sie eingebracht haben,
völlig unrichtig und an den Haaren herbeigezogen.
Im Antrag
steht sehr genau drinnen, was sich dieser Kulturverein, dieses Wiener
Filmarchiv der Arbeiterbewegung, vorgenommen hat. Es ist keinesfalls so, wie
Sie das etwas polemisch dargestellt haben, dass es hier darum geht, Arbeiterfilmfestspiele
zu machen, sondern es geht darum, und das steht auch so im Akt, dass die
Mitglieder dieses Vereins sich vorgenommen haben, Filmmaterialien, die in den
verschiedensten Einrichtungen in unserer Stadt bestehen, aktiv zu sammeln, das
heißt aufsuchende historische Arbeit zu leisten und nicht nur zu warten, bis
sie kommt, sondern in Arbeiterbüchereien, Volksheimen und anderen Einrichtungen
danach zu suchen. Das drängt, denn Filmmaterial aus den Zwanziger- und Dreißigerjahren
wird auf Grund des Materials brüchig und wird in den nächsten Jahren verfallen
und zerstört sein und für die Nachwelt verloren sein. Wenn wir jetzt nicht sehr
schnell und sehr rasch Schritte einleiten, das heißt, dass sich Menschen aktiv
auch bemühen, diese Filme zu sammeln und zu archivieren, dann wird ein großer
und wichtiger Teil der Geschichte unserer Stadt und der Geschichte vieler
Menschen in unserer Stadt verloren sein. Darum geht es diesem Verein, so entnehme
ich das auch diesem Akt. Das ist auch dezidiert so als Ziel des Vereins
ausgewiesen und ich denke, dass das eine große Aufgabe ist.
Viele
Filmmaterialien sind im Filmarchiv gesammelt, das ist richtig. Ich denke, dass
auch dieser Verein gut beraten ist, mit dem Filmarchiv zusammenzuarbeiten. Ich
denke, das wird auch geschehen. Aber man muss schon auch sagen, dass viele
Mitglieder dieses neuen Filmvereins beispielsweise auch selbst Filmmaterialien
einbringen. Hier hätte der Herr Zahnt auf Grund seiner guten Verbindungen sehr
viel leisten können, nicht nur für den Verein, sondern auch für die
Aufarbeitung der Geschichte unserer Stadt. Wir alle hoffen, dass es uns
gelingen wird, trotzdem den Herrn Zahnt dazu zu gewinnen, seine Möglichkeiten
einzusetzen und den Verein zu unterstützen und dass diese Angriffe Ihrerseits,
die meines Erachtens sehr polemisch gewählt sind, ihn nicht dazu verleiten
werden, hier nicht mitzuwirken.
Das
Filmmaterial ist ein bedeutsames und zwar nicht nur für unsere Stadt, sondern
auch von großer internationaler Bedeutung. So sind einige Filme, die sich in
Privatbesitz befinden, gerade jetzt bei einem Londoner Filmfestival und bei
einem Filmfestival in Berlin, weil das Filmmaterialien über die Stadt Wien in
den Zwanziger- und Dreißigerjahren sind, die nur im Privateigentum von
Persönlichkeiten sind, die sich in diesem Verein engagieren. Diese
Persönlichkeiten haben kein Interesse, ihr Privateigentum einem Verein, einem
anderen Archiv zu überantworten, sondern die wollen selbst mitwirken, wollen
selbst mittun und haben sich bereit erklärt, diesen Kulturverein zu gründen und
aktiv diese Filme nicht nur zu sammeln und zu archivieren.
Ich denke,
dass wir gut beraten sind, diesem wichtigen Ausschnitt der Geschichte unserer
Stadt und der Bevölkerung unserer Stadt entsprechende Unterstützung angedeihen
zu lassen. Es ist ein wichtiges Kulturerbe unserer Stadt. Das sollte gesichert
werden. Deshalb werden wir auch die Tätigkeit dieses Filmvereins unterstützen. (Beifall bei der SPÖ.)
Vorsitzender
GR Günther Reiter: Zum Wort
ist niemand mehr gemeldet.
Die Frau
Berichterstatterin hat das Schlusswort.
Berichterstatterin
GR Elisabeth Vitouch: Meine
Damen und Herren!
Wir haben
jetzt viel Schnee von gestern geschaufelt. Nur der guten Ordnung halber, Kollege
Sacher: Der Herr Zahnt hat im Gegensatz zu Ihnen kein Doktorat. Direktor steht
im Akt, falls Sie ihn auch erst kürzlich kennen gelernt haben sollten.
Das sollte uns
nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese wichtige, kulturpolitisch,
kulturhistorisch wichtige Arbeit des Wiener Filmarchivs der Arbeiterbewegung
unterstützt werden sollte.
Ich bitte
daher um Zustimmung zu diesem Geschäftsstück.
Vorsitzender
GR Günther Reiter: Wir kommen
nun zur Abstimmung, wobei ich bemerken will, dass nach § 22b, wenn ich das
richtig vernommen habe, ein Antrag auf Vertagung des Geschäftsstücks aufrecht
ist. Dieser Antrag ist sofort nach Anhörung der Frau Berichterstatterin ohne
Debatte zur Abstimmung zu bringen.
Ich bringe ihn
somit zur Abstimmung.
Wer für den
Antrag auf Vertagung ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. - Das
ist die Minderheit. Dieser Antrag ist sozusagen abgelehnt.
Wir kommen nun
zur Abstimmung über das Poststück.
Ein Gegen-
oder Abänderungsantrag wurde nicht gestellt.
Ich bitte jene Damen
und Herren des Gemeinderats, die dem Antrag der Frau Berichterstatterin zustimmen
wollen, die Hand zu heben. - Danke. Der Antrag ist mit Mehrheit gegen die
Stimmen der Freiheitlichen, der ÖVP und, nein ...(GR Heinz Hufnagl: Die GRÜNEN waren dafür!) Die GRÜNEN waren dafür.
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