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Gemeinderat, 5. Sitzung vom 21.9.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 9 von 105

 

roranschlag stehen, wo es noch nicht einmal Klarheit gibt, wie viele Opfer es tatsächlich gegeben hat, wo man gerade bei so einer Trauerkundgebung mit den Gedanken, aber auch mit dem Mitgefühl bei den Opfern und bei den Hinterbliebenen zu sein hat.

 

Dieser Anschlag hat aber auch gezeigt - daher glaube ich, dass man ein paar allgemeine Überlegungen anstellen soll, so wie es auch der Herr Bürgermeister gemacht hat -, wie empfindlich unser Leben und unsere Zivilisation sind, wie relativ leicht böswillige Kräfte bis tief in die Zentren unserer Demokratien zerstörerisch eindringen können und wie viel menschliches Leid und wie viel Schaden sie dabei anrichten. Daher wird sich unser Leben seit dem 11. September verändern, es war wahrscheinlich eine gewisse Zäsur. Die Welt, und zweifellos nicht nur die westliche Welt, ist an diesem Tag wachgerüttelt worden!

 

Man hat gesehen, dass auch Unvorstellbares geschehen kann, wobei man sagen muss, man hat wieder erkannt und wieder gesehen und kein seriöser Politiker spricht mehr davon - der Herr Bürgermeister hat es vorhin auch angeschnitten -, dass er seiner Bevölkerung die perfekte Sicherheit in Zukunft bieten kann. Sicherheit ist eben nur ein relativer Begriff. Es wird - es war auch schon in der Vergangenheit schwierig - vielleicht in Zukunft die Interessenabwägung zwischen Sicherheit und individueller Freiheit noch schwieriger werden. Wie viel Freiheit ist im Austausch für mehr Sicherheit aufzugeben?

 

Das sind zwei Begriffe, die einander bedingen, die aber auch in einem großen Spannungsverhältnis zueinander stehen. Notwendigerweise werden wir dieses Verhältnis neu zu definieren haben. Wie werden sich diese neuen Sicherheitsstandards auf unser Leben auswirken? - Das sind sicher Fragen, die uns in den kommenden Jahren beschäftigen werden.

 

Eines ist auch deutlich zum Ausdruck gebracht worden: Man muss gegen Terror und gegen Gewalt reagieren und man muss sich auch dagegen schützen. Es ist aber zunehmend klarer zu erkennen, dass eine Reaktion auf diesen Anschlag sehr schwierig ist. Natürlich besteht, weil eben auch Emotion zur menschlichen Natur gehört, die Gefahr, dass eine von bloßen Rachegedanken getragene Aktion weitere Katastrophen und menschliches Leid bewirken würde. Daher ist es zweckmäßig, wenn man eine Zeitspanne zwischen diesem Terroranschlag und den Reaktionen darauf verstreichen lässt, denn nicht Rache, sondern Gerechtigkeit und Weitblick sind jetzt gefragt, ebenso fundierte Analysen statt Feuerleger, Vorverurteilungen ganzer Staaten und deren gesamter Zivilbevölkerung.

 

Es gibt keine Kollektivschuld, nicht von Staaten und nicht von Religionen! Trotz aller Betroffenheit muss man sich dieser Frage stellen. Wenn ein Gegenschlag wieder das Leben von unschuldigen Menschen, von unschuldigen Zivilpersonen auslöschen würde, so wäre das sicher eine falsche und ganz gefährliche Konsequenz für die Zukunft!

 

Es wurde schon gesagt - ich will es wiederholen -, gegenüber Terror kann man nicht neutral sein! Jede Demokratie muss wachsam sein, denn Demokratie ist nun einmal die empfindlichste Staatsform. Die staatlichen Behörden müssen deshalb wirkungsvoll und klar legitimiert gegen jene Kräfte vorgehen können, die ein Gefährdungspotenzial hinsichtlich von Terror und Gewalt darstellen. Dazu sind ihnen die entsprechenden Instrumentarien zu geben, verbunden mit der Aufforderung, diese auch anzuwenden. Jede Demokratie muss wehrhaft sein, wenn an ihren Grundwerten gerüttelt wird, wenn Kräfte versuchen, sie zu destabilisieren und Angst und Schrecken zu verbreiten!

 

Aus diesem Grund ist es wichtig, dass sich alle politischen Parteien in ihrer Arbeit zur Gewaltfreiheit bekennen, und zwar ohne Wenn und Aber. Wer mit Gewalt liebäugelt oder gar sympathisiert, gefährdet die Demokratie!

 

Der Terror und die Bekämpfung des Terrors ist aber auch eine internationale Aufgabe. Eigentlich sollte sich jeder Staat dazu bekennen. Ohne dass wir uns als Österreicher selbst überschätzen, können wir vielleicht einen kleinen Beitrag dahingehend leisten, dass wir eine Stimme der Vernunft, der Mäßigung und vielleicht auch eine Vermittlerrolle in einem Teil der Welt, der scheinbar auch Nährboden für Terrorismus darstellt, machen können. Es werden solche Stimmen und solche Kräfte zweifellos wichtiger denn je. Dafür sind wir vielleicht für einen Teil der Welt, vor allem des Nahen Ostens, auf Grund unseres bisherigen Status geeignet, dass wir so einen Beitrag leisten können.

 

Zum Schluss noch eine persönliche Bemerkung: Dieser unglaubliche Terrorüberfall hat auch etwas anderes gezeigt, nämlich, wie klein die Probleme sind, die uns eigentlich im politischen Alltag beschäftigen - und mit denen wir uns natürlich weiterhin zu beschäftigen haben - und wie auch das parteipolitische Hickhack angesichts einer solchen Katastrophe zunehmend an Gewicht verliert. Die heutige Trauerkundgebung sollte für uns alle auch ein Beginn sein. Vielleicht könnte es so sein, gemeinsam eine neue politische Kultur zu entwickeln, eine Kultur der Geschlossenheit für den Fall, dass es eines starken Signals in Richtung all jener Kräfte bedarf, die versuchen, mittels Terror unser gewachsenes Wertesystem zu destabilisieren und dass wir alle zur Abwehr bereit sind, wenn ein derartiger Versuch unternommen wird. Versuchen wir, die Empfindungen und Erkenntnisse dieser Stunden und dieser Tage auch in unseren zukünftigen Alltag und in unsere politische Arbeit einfließen zu lassen! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Als Nächster ist Herr Klubobmann Oxonitsch zum Wort gemeldet. - Bitte.

 

GR Christian Oxonitsch (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Bürgermeister!

 

Es ist heute schon mehrmals gefallen - nicht immer

 

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