Gemeinderat,
5. Sitzung vom 21.9.2001, Wörtliches Protokoll
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gen
Angriff, von diesen feigen Verbrechen in New York und Washington erfahren hat.
Das war ein Anschlag auf die gesamte zivilisierte Welt, auf uns alle!
Daher müssen
wir heute an dieser Stelle klar und deutlich ein Ja zur Gemeinschaft der freien
Völker sagen, vor allem zu unseren Freunden in den Vereinigten Staaten! Das ist
eben nicht ein Punkt, wo wir ein Ja, aber einbringen, sondern ein klares, deutliches
Ja!
Gerade hier in
Wien sollten wir den Vereinigten Staaten dankbar sein. Worauf beruht denn der
Wohlstand in dieser Stadt, in diesem Land, in diesem Europa, wenn nicht auf der
Solidarität der Amerikaner in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg? -
Nach dem Ersten Weltkrieg hat es woanders geendet, wirtschaftlich und politisch.
Wir verdanken es den Amerikanern, dass wir dort stehen, wo wir heute sind!
Ich verstehe
daher all das nicht, was heute nicht hinter den Amerikanern steht. Ich verstehe
es nicht, wenn man hier relativiert. Das sind nicht die Worte, die man Freunden
gegenüber in einer Situation, in der es ihnen schlecht geht, finden sollte! Die
Amerikaner waren es, die uns 1945 vom NS-Terror befreit haben. Die Amerikaner
waren es, die dafür gesorgt haben, dass der Eiserne Vorhang nicht an der Enns,
nicht an der Salzach, nicht am Atlantik niedergegangen ist! Wir erinnern uns
daran - es ist noch nicht so viele Jahre her -, dass in unserer unmittelbaren
Nachbarschaft die Menschen unter der sowjetischen Knute, unter der Angst der
sowjetischen Panzer gelitten haben.
Das, was in
New York und Washington passiert ist, ist gleichfalls ein Anschlag auf uns
alle, auf die Demokratie dieser Welt! Welcher Staat außer den Vereinigten
Staaten hat so viel für die Demokratie in dieser Welt getan? - Er hat dafür
gesorgt, dass wir alle die Gedanken frei aussprechen können, dass wir uns ohne
Angst und Zwänge bewegen können, dass das möglich ist, wofür Generationen
gekämpft hatten, wonach sich Generationen vor uns gesehnt haben!
Hier haben wir
es nicht mit einem Gegensatz von Religionen zu tun, sondern mit einem Kampf von
einzelnen Terroristen gegen die offene Gesellschaft. Benjamin Franklin hat
gemeint: "Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende
beides verloren haben." - Sicherheit und Freiheit bedingen einander. Bei
der Herausforderung, die Sicherheit in Freiheit zu gewährleisten, geht es nicht
um eine Auseinandersetzung zwischen unterschiedlichen Religionen und Kulturen.
Die Anschläge von New York und Washington sind weltweit von fast allen Staaten,
von den verschiedenen Kirchen, Glaubens- und Religionsgemeinschaften und deren
geistlichen Oberhäuptern mit Entschiedenheit verurteilt worden.
Es sei auch
gesagt, was in den letzten zehn Tagen die Vereinigten Staaten getan haben, hat
von Besonnenheit gezeigt, ihre Handlungen genauso wie von den NATO-Staaten, die
in einer sehr besonnenen Art und Weise Solidarität geübt haben.
Ich darf an
das anknüpfen, was Joschka Fischer, Außenminister der Bundesrepublik
Deutschland, gesagt hat. Er hat gesagt, dass sowohl die Überreaktion als auch
das Nichtreagieren das Falsche in dieser Situation wären. Wir haben es mit
einer Solidarität und Anteilnahme in dieser Welt gegen den internationalen
Terrorismus zu tun. Es geht darum, den Terrorismus zu ächten. Gleichzeitig ist
aber auch der Dialog der Kulturen und Religionen wichtiger denn je, ein Dialog,
in den alle Weltreligionen einzubeziehen sind. Es ist unser geistiges Erbe und
der Auftrag der Aufklärung, ein friedliches Miteinander der Weltreligionen zu
ermöglichen. Es ist vor allem nicht akzeptabel, wenn das Wesen der
Weltreligionen zu einem menschenverachtenden, menschenvernichtenden Instrument
degradiert wird! Das entspricht auch nicht dem Gedanken des Islam, jenem Islam,
dem auch unsere Kultur viel verdankt.
Es ist weiters
unsere Verantwortung, an einer europäischen Sicherheit mitzuwirken, der inneren
und der äußeren. Gegenüber Terrorismus und Terroristen gibt es keine
Neutralität! Wir wollen eine offene Gesellschaft. Um sie auch in Zukunft zu sichern,
gilt es, die Grundwerte unserer abendländischen Kultur, die auf
christlich-jüdischer Tradition beruhen, zu erhalten und unseren Lebensrhythmus
nicht von Terroristen bestimmen zu lassen.
Daher ist es
in diesen Tagen wichtig, über Parteigrenzen hinweg, über die Grenzen von
Staaten hinweg, Solidarität zu bekunden. Alle Verhandlungen über eine Sicherheitsdoktrin,
wie sie gerade jetzt in Österreich geführt werden, wie sie von der Bundesregierung
geführt werden, sind zu unterstützen. Wir dürfen nicht, um unseren Bundeskanzler
Wolfgang Schüssel zu zitieren, in einem Schrebergartendenken verharren!
Von dieser
Stelle im Gemeinderat aus gilt es, den Opfern unser Mitgefühl und unsere Trauer
auszudrücken und den Freunden in den Vereinigten Staaten zu sagen, dass wir
nicht nur im Geiste bei ihnen sind! (Beifall
bei der ÖVP.)
Vorsitzender
GR Rudolf Hundstorfer: Herr
GR Mag Kabas, bitte.
GR Mag Hilmar Kabas (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Bürgermeister!
Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Wir alle haben uns
dazu verstanden, heute eine Trauerkundgebung am Beginn unserer Gemeinderatssitzung
abzuhalten. Wir glauben, dass bei einer solchen Trauerkundgebung zehn Tage nach
diesem unsäglichen Terroranschlag nicht die Zeit und auch nicht der Platz ist,
dass man mit den zweifellos auch vorhandenen Fehlern der Amerikaner abrechnet.
Die Amerikaner haben hier eher gezeigt, dass sie nicht im Reflex handeln,
sondern eine gewisse Zeit verstreichen lassen, um zu reagieren. Die Reaktion
ist noch nicht vorhanden und daher glaube ich, dass es auch nicht am Platz ist,
bei so einer Trauerkundgebung schon Vorverurteilungen anzustellen, nach zehn Tagen,
wo sehr viele noch fassungslos vor diesem Ter
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