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Gemeinderat, 5. Sitzung vom 21.9.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 7 von 105

 

"It's the evil." - "Es ist das Böse.", dass letztlich 10, 20, 25 Männer, die gut ausgebildet sein müssen, sich jahrelang ausgebildet haben, im Westen mit dem Ziel gelebt haben, ein großes Ziel zu erreichen, nämlich selbst den Tod zu finden. Fassungslosigkeit ist das eine, aber man muss darüber nachdenken, was der Boden für den derartigen Hass ist, auf dem so etwas wachsen kann, was mich einerseits erschüttert, aber dann auch zum Nachdenken bringt, damit man in den Dialog mit vielen amerikanischen Freundinnen und Freunden kommt, mit denen ich versuche, auch das zu diskutieren, dass hier der große Verteidiger von Demokratie und Freiheit rhetorisch in den Vordergrund gestellt wird, wir aber wissen, aus welchem Kalkül jahrzehntelang US-amerikanische Außenpolitik funktioniert hat, wo skrupellos, wenn es US-amerikanischen Interessen gedient hat, terroristische Regimes unterstützt wurden!

 

Es sind jetzt Nebensätze, dass die Taliban, die heute Nacht wieder zum prinzipiellen Feind erkoren wurden, ein Regime sind, mit dem uns nichts, aber auch gar nichts verbindet. Von wem sind die Waffen, die sich dort jetzt vielleicht sogar auf Amerika richten, denn teilweise geliefert worden? - Damals haben sie in eine gewisse Logik gepasst.

 

Ich bitte jetzt noch einmal, meine Ausführungen, die mir wichtig sind, die mir auch irgendwie angesichts dessen nicht leicht fallen, so zu interpretieren, dass man den Wunsch nach Rache versteht, dass man versteht, wenn jemand - wer auch immer - das einzige Ziel hat, möglichst viele Zivilisten zu töten, und wäre es möglich gewesen, dass es nicht 6 000 bis 7 000, sondern 60 000 bis 70 000 gewesen wären, halte ich es für möglich, dass das auch gewollt wurde und noch immer gewollt wird, dass man versteht, da muss man dreinschlagen, das muss man vernichten. Ich verstehe diese Regung. Aber Staatsmann oder Staatsfrau heißt nicht, einer Regung nachgeben, die, wenn man nachdenkt, zum Gegenteil führt. Wenn es jetzt zu massiven Vergeltungsschlägen kommt - ich würde bis heute gerne wissen, gegen wen, gegen Frankfurt, gegen Hamburg, wo Zellen vermutet werden? -, kann das nicht die Lösung sein.

 

Wo ist die Lösung? - Abrüstung, auch der Erwartungen. Es gibt keine Lösung dieses Problems und schon gar nicht eine ausschließlich militärische. Als meine persönliche Meinung füge ich hinzu, im Zuge einer Gesamtantwort der gesamten Welt, die kommen muss, wird man ohne militärisches Element nicht auskommen. Das aber in den Vordergrund zu stellen, ist falsch!

 

Lassen Sie mich noch einige Punkte des Nachdenkens - das ist auch unsere Aufgabe - hier anführen:

 

Keinerlei Unterstützung unter irgendwelchen Rahmenbedingungen für terroristische Vereinigungen, nur weil sie einem ins Kalkül passen! Ich zähle sie hier nicht auf.

 

Die Stärkung multilateraler Organisationen. Ich kann mich gut erinnern - wir wissen es alle -, dass der UNO, die durchaus eine Akzeptanz weit in diese Länder hinein hat, von einem mächtigen Land jahrelang die Mittel vorenthalten wurden und vorenthalten werden, weil es sich in seiner Souveränität bedroht fühlt. Die Vereinigten Staaten haben es der UNO bis heute substanziell vorbehalten, sie entsprechend zu stützen. Als es darum ging, einen Internationalen Gerichtshof zu schaffen, hat wer Nein gesagt? - Es waren die Vereinigten Staaten. Als es darum ging, ein Landminenverbot durchzusetzen, hat wer Nein gesagt?

 

Ich muss es noch einmal betonen, das sage ich nicht aus einem Impuls des Antiamerikanismus heraus. Im Gegenteil, ich sage das, um zu einem Dialog aufzurufen, was denn der Grund ist, dass so viele hasserfüllt sind. Ich zitiere jetzt nicht kluge US-amerikanische Analytiker, die meinen, dass dieser Boden des Hasses analysiert werden soll. Wir könnten jetzt zu einem weltweiten Schritt, auch im Kampf gegen den Terrorismus kommen, indem multilaterale Organisationen ernsthaft gestützt werden, die letztlich an den wirklich heißen Orten der Welt, zum Beispiel im Nahen Osten, gewisse Schritte setzen.

 

Es ist die Errungenschaft der Zivilisation auf der gesamten Welt, dass man zivilisierte Maßnahmen gelernt hat. Was ich jetzt vermisse, ist, dass diese zivilisierten maßvollen Mittel bisher nicht zum Durchbruch zu kommen scheinen.

 

Was heißt das alles für uns in Wien? - Darüber zu reden, darüber nachzudenken, den Dialog und das Verständnis anzuregen. Ich bin froh, dass auch das österreichische Fernsehen jetzt in der Beobachtung von Reaktionen von Muslimen in Wien, von Afghanen in Wien der gesamten Wiener Bevölkerung ein Verständnis vermittelt, das nur ein Verständnis, eine Lösung ist.

 

Letztendlich - das ist die ungeheure Aufgabe, vor der wir stehen -, was sind die Voraussetzungen, auf denen dieser Hass entsteht? - Es ist elendige Armut, es ist ein völliger Mangel an Selbstbestimmung. Es geht darum, die Fragen der Gerechtigkeit und der Selbstbestimmung weltweit neu zu stellen und ernst zu nehmen. Insofern sind wir in einer globalisierten Welt, weder in Manhattan noch in Wien können wir uns dem entziehen. Es ist Aufgabe, auch weltweit die wahre Grundursache zu bekämpfen, nämlich Ungerechtigkeit, Armut und Mangel an Selbstbestimmung! Das ist eine ungeheure Aufgabe, vor der wir auch hier in Wien stehen! - Danke schön. (Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Herr GR Dr Tschirf, bitte.

 

GR Dr Matthias Tschirf (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Herr Bürgermeister! Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Der 11. September 2001 hat die Welt grundlegend verändert. Jeder von uns wird sein ganzes Leben lang wissen, wo er zwischen 15 und 16 Uhr mitteleuropäischer Zeit an diesem Tag gewesen ist, was er gemacht hat, als er das erste Mal von diesem ganz fei

 

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