Gemeinderat,
4. Sitzung vom 27.6.2001, Wörtliches Protokoll
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selbst vor zu hohen Ansprüchen schützen, besser vertraut, als mit Paragraphen,
die die Rechte anderer zu Wort kommen lassen wollen. Allerdings hat nach Auskunft
der Historikerkommission die USA wieder eine Klage eingereicht und das Ganze
wird sich also wieder hinziehen. Man wird mit viel juristischem Geschick sich
weiterhin vor finanziellen Überforderungen schützen und so winden wir uns
wieder aus ein paar Verpflichtungen. Juristisch ist das sicher alles korrekt,
aber in manchen Fällen ist Korrektheit vielleicht nicht genug.
Doch kommen wir zu Punkt 2. Der Magistrat wird ermächtigt, die
österreichische Historikerkommission zu ersuchen, der Stadt Wien allfällig
relevante Befunde in Bezug auf arisiertes Vermögen und im Eigentum der Stadt
Wien stehendes Vermögen möglichst bald bekannt zu geben. Ich glaube nur,
ersuchen allein wird da nicht angehen, da für neue Aufträge eine neue Finanzierung
gesucht werden muss. Und auch hier wird die Arbeit ihre Zeit brauchen. Ich
hoffe nur, dem sehr geehrten Herrn Bürgermeister geht es hier nicht wie dem
Kollegen vom Bund, Dr Gusenbauer, der jetzt auf Sponsorensuche ist und für die
Historikerkommission Ausschau hält. Die Prüfung von Anträgen auf Naturalrestitution
von öffentlichem Vermögen der Stadt Wien durch die Schiedskommission ist eine
gute Sache. Sie soll Ungerechtigkeiten aufdecken. Ungerechtigkeiten wie zum
Beispiel die Arisierung des Bärentals, die dann wohl abgegolten wurde, aber zu
einem lächerlichen Betrag. Das soll in Zukunft durch diese Schiedskommission
verhindert werden.
Jetzt komme ich allerdings zu einem Punkt, der mir auch besonders am Herzen
liegt, und das ist der Sportplatz der Hakoah. Ich bin schon lange damit
beschäftigt, ich komme aus dem 2. Bezirk, und ich freue mich sehr, dass
die Stadt Wien die Sache in die Hand nimmt und der Hakoah ein adäquates Grundstück
für die Errichtung einer Sportstätte zur Verfügung stellen will. Und ich
plädiere nachdrücklich dafür, dass diese Sportstätte auch im 2. Bezirk
errichtet wird, in der Leopoldstadt. Allerdings muss ich auch gestehen, dass
ich mich freue, dass hier nicht der Augarten für eine Betriebsanlage der
Sportstätte als Ersatzgrundstück der Hakoah angeführt ist. Ich nehme daher an,
dass die Stadt Wien ein Ersatzgrundstück gefunden hat, das sich zur allseitigen
Zufriedenheit herausgestellt hat und sich bestens für das Betriebsgelände eines
Sportplatzes eignet. Wir GRÜNE begrüßen nachdrücklich die Errichtung eines Sportplatzes
der Hakoah und wir können auch, falls doch kein passendes Grundstück gefunden
wurde, mit passenden Grundstücken aufwarten.
Es gibt ja neue Pläne zu einem Sport-Prater. Es wäre ein sehr reizvoller
Gedanke, diesen Sport-Prater um eine Sportanlage der Hakoah zu bereichern. Wir
würden es auch sehr begrüßen, wenn die jüdischen Schulen am Rande des Augartens
oder eine zumindest so halb im Augarten einen der drei Sportplätze, die im
Augarten ohnedies nicht sehr frequentiert sind, als Sportplatz zur Verfügung
gestellt bekämen und die Hakoah einen zweiten Sportplatz für die Betriebsanlage,
für ihre Sporthallen, da die Errichtung von Sporthallen in einer inzwischen
sogar denkmalgeschützten wertvollen Grünanlage, mitten in einem stark verbauten
Stadtteil, einen derartigen Eingriff darstellen würde, der nie wieder
gutzumachen wäre. Ich glaube, das würden wahrscheinlich, müssten jedenfalls
alle Beteiligten einsehen. (Beifall bei
den GRÜNEN.)
Ich hoffe sehr, dass die Stadt Wien hier den Mut hat, die Pläne mit der
Hakoah offen zu diskutieren und dass der angeführte Betrag von
80 Millionen, die der Bund entrichten soll, für die Errichtung von Sporthallen
vorgesehen ist.
Nun zu einem weiteren Thema, das uns der Nationalsozialismus zur
Aufarbeitung hinterlassen hat. Viel war in den vergangenen Tagen die Rede von
einer Bevölkerungsgruppe, die sich endlich zu ihrer Veranlagung bekennen kann
und will und nicht länger diskriminiert und geächtet werden darf. Zu ihrer
vollen Anerkennung ist allerdings noch viel zu tun. Veranstaltungen tragen
dieser Tage dazu bei, Barrieren bei der Bevölkerung abzubauen, es sind
Europride-Wochen, vor kurzem hat ein Ball der Lebenslust und Großzügigkeit in
diesem Haus stattgefunden, und am Heldenplatz wurde im Rahmen der
Europride-Wochen von der Hosi-Wien, unterstützt vom Nationalfonds, die Ausstellung
"Aus dem Leben, die nationalsozialistische Verfolgung der Homosexuellen in
Wien von 1938 bis 45" errichtet. Diese Ausstellung zeigt sehr eindringlich,
unter welchen Repressionen homosexuelle Menschen unter der Herrschaft der
Nationalsozialisten gelitten haben. Entlassungen, Diskriminierungen, Verhaftungen,
Konzentrationslager. Und es war eine Gruppe, die auch besonders unter den
sadistischen Quälereien des Aufsichtspersonals zu leiden hatte. Die Todesrate
dieser Gruppe war besonders hoch. Leider wurde in der Nacht vor der Eröffnung
die Ausstellung durch einen Vandalenakt verwüstet und dieser Vandalenakt, meine
Damen und Herren, ist für Österreich und insbesondere für Wien beschämend, da
es sich zeigt, dass die Ideologie der NS-Herrschaft für einige sehr lebendig in
ihren Hirnen wütet.
Leider stellte sich auch die Politik nicht sehr mutig hinter diese
Ausstellung. Es wäre erfreulich gewesen, wenn sich die Stadt Wien an den Kosten
dieser Ausstellung beteiligt hätte. Die Gründe der Ablehnung würden mich
wirklich interessieren. Ich weiß, dass die Wiederherstellung der Ausstellung
von der Stadt Wien übernommen wird, immerhin ein kleiner Beitrag.
Wir möchten hier einen Beschlussantrag stellen, dass der Wiener Gemeinderat
aufs Schärfste die vandalenmäßige Zerstörung der Ausstellung verurteilt und
sich mit den Personen solidarisch erklärt, die sich mit der Aufarbeitung, der
Verfolgung und Unterdrückung homosexueller Menschen in der Nazizeit beschäftigen.
Darf ich diesen Antrag zur Weiterreichung übergeben.
Ein weiterer Anlass für die Politiker dieser Stadt,
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