Gemeinderat,
4. Sitzung vom 27.6.2001, Wörtliches Protokoll
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Zugangsschwellen, mengenmäßige und zeitmäßige Beschränkungen
notwendig. Herr Kollege GÜNTHER, das ist keine Knebelung, und vor allem möchte
ich das dumme Wort von Totschlag der Demokratie, wie es auch schon gebraucht
wurde (GR Dr Helmut GÜNTHER: Aber noch nicht von mir!), in diesem Zusammenhang
wirklich nicht mehr hören. Das ist einfach lächerlich. Diese Einschränkungen,
diese Zugangsschwellen sind Garanten dafür, dass Gemeinderat und Landtag für
unsere Stadt auch arbeiten können - das ist unser Wählerauftrag - und nicht zur
bloßen Inquisitionsschaubühne verkommen.
Davor aber, vor dieser Versuchung, ist wohl keine
Partei hier ganz sicher, meine Damen und Herren, denn was ich in den letzten
zwei Tagen des Rechnungsabschlusses hier gehört habe, war weniger die
Auseinandersetzung der Leistung für die Wiener durch diese jetzt im Vollzug
überprüften seinerzeitigen Budgets, als vielmehr der Versuch einer Polarisierung
und Dauerkonfrontation der Stadt Wien gegen den Rest der Republik Österreich.
Und das ist keine konstruktive und keine gute Haltung. Die wird uns nicht gut
tun und sie tut der Republik nicht gut. (Beifall
bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren! Ich gestehe Ihnen zu, dass es
am Anfang nicht immer leicht war, inhaltlich vom damaligen Koalitionspartner
auch wirklich etwas zugestanden zu bekommen, und es hat bisweilen harte
politische Momente gegeben. Es war also keineswegs alles Liebe und Waschtrog,
wie die Opposition, die damalige Opposition, es bezeichnet hat und uns als Verhinderungskartell
darzustellen versucht hat. Also, wenn es darum gegangen wäre, dann wären wir in
viel kürzerer Zeit fertig geworden, meine Damen und Herren! Diese Darstellung
straft sich selbst Lügen. Aber diese Zeit, die hart war und in der es uns nicht
immer leicht gemacht wurde, die Zeit der Verhandlungen mit dem anfänglichen
großen Skeptiker Johann Hatzl, hat zu einer menschlich beeindruckenden Begegnung
gezählt und zu jenen Momenten, über die ich sagen kann, dass sie vieles von
dem, was ich in dieser Zeit an weniger Erbaulichem von Seiten der SPÖ kennen
gelernt habe, aufgewogen haben.
Die, die mich kennen, wissen, dass ich im Allgemeinen
vom Rednerpult aus das Du-Wort nicht gebrauche. Ich möchte aber ausdrücklich
sagen: Hans, das hast du großartig gemacht! Ich danke dir dafür, es war
wirklich fein! (Beifall bei der ÖVP und
bei der SPÖ.)
Und das muss, darf und soll auch bei ideologisch so
unterschiedlichen Exponenten wie bei uns zweien möglich sein, wenn die Politik
hier in diesem Saal, meine Damen und Herren, nicht in polternden Populismus
einerseits und in rotzige Aggressivität andererseits abgleiten soll. Diese
Momente muss es geben und diesen Konsens muss es geben.
Meine Damen und Herren! Verfassung und Geschäftsordnung
sind Ordnungsinstrumente für das Zusammenleben und den politischen Prozess -
nüchtern und papieren. Wir alle sind aufgefordert, sie zum Leben zu erwecken -
nicht nur zu beachten, sondern zum Leben zu erwecken -, insofern, als Umgangsformen
und Umgangston auch den Respekt vor der Meinung - nicht immer vor der Haltung,
aber vor der Meinung - des politisch Anderen widerspiegeln sollen und erkennen
lassen. Anders kann die Demokratie nicht funktionieren.
In diesem Sinn, meine Damen und Herren, darf ich Sie
auffordern, dem vorliegenden Geschäftsstück, das Wien aus der
Schlusslichtposition der roten Laterne in die Vorreiterrolle der
österreichischen Bundesländer katapultiert, zuzustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zu
einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr GR Mag Chorherr gemeldet. Ich
erteile ihm das Wort.
GR Mag Christoph Chorherr
(Grüner Klub im Rathaus): Meine Damen und Herren!
Nur einen einzigen Punkt: Der ehemalige Klubobmann
Prochaska hat gemeint, dass im 7. Bezirk der BV Blimlinger sofort darauf
verzichtet hat, sich von einer Mehrheit akzeptieren zu lassen. (GR Johannes Prochaska: Wenn Ihr Vorschlag
durchgegangen wäre, dann wäre es so gekommen!) Ja. Wenn unser Vorschlag
durchgegangen wäre, dann hätte eine Mehrheit in der Bezirksvertretung den BV
Blimlinger auch wählen müssen. Ich war selbst bei dieser Bezirksvertretungssitzung.
Es gab eine Mehrheit an Stimmen sowohl für den BV Blimlinger als auch für seine
Stellvertretung. Also insofern ist Ihre Aussage, die Sie in Bezug auf diesen
Fall gemacht haben, falsch. Es gab eine Mehrheit!
Und wir bleiben dabei, dass es sinnvoll ist, dass der
Bezirksvorsteher beziehungsweise die Bezirksvorsteherin in allen Bezirken die
Mehrheit der Bezirksvertretung hinter sich hat. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zum
Wort gemeldet ist Herr GR Dr GÜNTHER. - Bitte schön.
GR Dr Helmut GÜNTHER (Klub der Wiener Freiheitlichen): Herr Vorsitzender! Herr
Berichterstatter! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Nach der Debatte zur Stadtverfassung, die für die ÖVP
damals Kollege Tschirf geführt hat, habe ich geglaubt, mehr Eigenlob wäre nicht
mehr möglich. Aber Kollege Prochaska hat gezeigt, dass er das locker noch
überbieten kann. Er hat sich da hergestellt und hat sich zwar beim ehemaligen
Klubobmann der SPÖ für die hervorragende Zusammenarbeit bedankt, aber an sich
glaubt man, dass die ganze Reform ausschließlich der ÖVP zu verdanken ist!
Die ÖVP und die SPÖ haben im Jahr 1996 ein Koalitionspapier
erstellt und damals haben sie hineingeschrieben, dass sie sich zu einer neuen
Stadtverfassung beziehungsweise zu einer neuen Geschäftsordnung finden werden.
Dann haben sie nicht wirklich alle dabei eingebunden, und dass sich die FPÖ
hier verweigert hätte, wie Prochaska das heute darzustellen versucht hat,
entspricht schlichtweg nicht der Wahrheit. Sie ist oft nicht zu den Gesprächen
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