Gemeinderat,
4. Sitzung vom 27.6.2001, Wörtliches Protokoll
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hatten. Heute müssten Sie uns eigentlich dankbar dafür sein,
dass wir die Quoren herabgesetzt haben, sonst könnten Sie nämlich keine dringlichen
Instrumente oder Sonstiges ausüben, meine Damen und Herren!
Auch der Vorschlag, bei den Untersuchungsausschüssen
auf eine Bundesregelung, auf eine Bundesentscheidung zu warten, war als nicht
wirklich glückhaft zu bezeichnen, um das sehr sanft auszudrücken. Besonders
signifikant für Sie, die Sie diese Reform als Schlag ins Wasser bezeichnen, ist
aber, dass Sie all das, was Sie rhetorisch ablehnen und wild bekämpfen, dann
meistens als Erste auszunützen beginnen.
Ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie wir die Parteienfinanzierung
hier festgelegt haben: Wütender Widerstand herinnen und zur gleichen Zeit war
das schriftliche Ansuchen um die Parteienfinanzierung von Ihrer Partei schon
abgegeben. - Genau so, meine Damen und Herren, haben Sie es auch hier gehalten:
Sie haben gegen die Stadtverfassungsreform mit dem erleichterten Zugang zu den
Kontrollrechten gestimmt und gestern als erste Nutznießer davon Gebrauch
gemacht.
Das hat also offensichtlich Methode, sich von anderen
zum Glück zwingen zu lassen, aber ein bewegender Beitrag zur Glaubwürdigkeit
der politischen Parteien ist es, mit Verlaub, nicht. Das muss ich Ihnen auch
sagen. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich werde versuchen, es ähnlich kurz wie der Vorredner
zu machen, obwohl die Liste des Aufzählenswerten bei weitem länger ist. Kollege
Chorherr, Sie haben wesentliche Eckpunkte des demokratiepolitischen
Fortschritts bereits genannt. Es ist auch gut so, in der neuen Situation der
Zusammensetzung dieses Hauses, Rechte gesichert zu haben, um nicht auf die
Spurenelemente bürgermeisterlicher Demut angewiesen zu sein, sondern Rechte
einsetzen zu können.
Ich werde auch hier den Landtag mit einbeziehen, um
die Debatte morgen nicht zu duplizieren. Es geht morgen dann nur mehr um einen
Antrag, der einzubringen ist.
Die Einführung von Untersuchungskommissionen im
Gemeinderat, Untersuchungsausschüssen im Landtag, ein besserer Zugang,
Einschaltung des Kontrollamts als Minderheitenvotum - ich glaube, wer das als
Schlag ins Wasser bezeichnet, der gibt den Anspruch, ernst genommen zu werden,
auf, meine Damen und Herren!
Die Senkung der notwendigen Zahl der Antragsunterstützer
im Fall der Einbringung von dringlichen Initiativen sowie einer Aktuellen
Stunde kommt auch den Gegnern dieser Einrichtung sehr zugute.
Die Senkung der erforderlichen Zahl der Antragsunterstützer
für die Einberufung einer zusätzlichen Sitzung des Gemeinderats und der
Zeitrahmen, in dem diese stattzufinden hat, ist von Chorherr erwähnt worden:
also nicht irgendwann einmal, sondern innerhalb eines festgelegten Zeitraums.
Die Verlängerung der Akteneinschaufrist für Gemeinderäte
wurde verdoppelt. Ich hoffe ja, dass es nicht nur darum geht, weniger in
Sitzungen zu arbeiten, sondern die Zeit, die man sich dadurch erspart, durch
genauere Recherchen wieder einzubringen - damit Sie meine Stellung zu diesem
Antrag auch gleich kennen.
Der wechselnde Vorsitz im Kontrollausschuss - das
habe ich schon gestern gesagt - hat den Vorteil, Einseitigkeiten nicht
pragmatisieren zu müssen. Wir haben hier einen gemeinsamen Antrag, der die
Präzisierung vorsieht für den Fall, dass es nur eine Oppositionspartei gibt.
Ich darf ihn gleich weiterreichen.
Nominierungsfristen wurden zugunsten der Fraktionen
verlängert; die Öffentlichkeit der Sitzungen verbessert; das Rederecht des
Rechnungshofpräsidenten in Ausschüssen und im Plenum von Landtag und Gemeinderat
uneingeschränkt eingeräumt; die Zusammensetzung beziehungsweise
Beschickungsmöglichkeiten der Unterausschüsse verbessert; Sitzungsunterbrechungen,
wie Unterbrechungsdauer, besser geregelt; die Definition einer möglichst
zeitgerechten Vorlage und Behandlung von Kontrollausschussergebnissen und
Rechnungshofuntersuchungen und -berichten verbessert; die bisher dem
Bürgermeister allein vorbehaltenen Rechte wurden zum Teil auf den Gemeinderat
ausgeweitet, wie zum Beispiel die Absetzung von Geschäftsstücken; die
Antragsbehandlung verbessert in Form von zwingend vorgeschriebenen
Zwischenberichten und durch die Ermöglichung der Adressierung auch an einen
Stadtrat, um auch die Antwort vom Stadtrat zu erhalten und nicht von irgendeiner
Magistratsabteilung, und so weiter und so fort. Anfragemöglichkeit zwischen den
Sitzungen; Festlegung der Beginnzeiten für Sitzungen so, dass sie nicht in der
medienfreien Zeit stattfinden; die Eingrenzung von Rechten, die bisher nur Regierungsmitglieder
hatten, und die Ausweitung von Rechten der nichtamtsführenden Stadträte - die
zwar auch Regierungsmitglieder sind, als nichtamtsführende diese Rechte aber
nicht hatten. - Einen gemeinsamen Antrag, dass sie sich in der Aktuellen Stunde
auch zu Wort melden können, darf ich ebenfalls weiterreichen.
Meine Damen und Herren! Ich habe schon gesagt, das
ist vielleicht nicht alles top-optimal; manches hätten wir als ÖVP uns auch
anders vorstellen können. In einem Kompromiss müssen sich aber alle finden. Und
es wird niemand - niemand, der ernst genommen werden will - wirklich behaupten
können, dass dies nicht ein wirklich großer Schritt in Richtung Transparenz,
vermehrter Kontrolle und Demokratisierung ist. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich behaupte auch, dass es uns gelungen ist, ein sehr gutes
Ausmaß an Ausgewogenheit zwischen den unterschiedlichen Interessen von
Regierungsparteien einerseits und Oppositionsparteien andererseits zu
erreichen, dienen doch Verfassung und Geschäftsordnung sowohl dem Schutz der
Minderheit vor Mehrheitswillkür als auch der jeweiligen Regierungsmehrheit vor
Lahmlegung und Destruktion. Daher sind auch
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