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Gemeinderat, 3. Sitzung vom 25.6.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 70 von 127

 

Tschirf aber auch!) Na ja, wir müssen ja darauf antworten. Ich gebe aber zu: Der Kollege Chorherr hat ihn noch übertroffen, denn der gibt sich nicht mit dem kleinen Österreich ab. Der hat überhaupt gleich über die große Weltpolitik hier referiert. Ich habe auch kein Problem damit, ich interessiere mich sehr für globale Zusammenhänge. Ich würde dann nur vorschlagen - im Kulturausschuss kann man das ja machen -: Stellen wir wirklich, alle Parteien gemeinsam, einen Antrag, so etwas wie einen Weltsicherheitsrat des Wiener Gemeinderats einzuberufen, wo dann alle Gemeinderäte, die sich wenig ausgelastet fühlen, die Möglichkeit haben, sich dort zu Wort zu melden. Und da können wir über Afghanistan diskutieren, da können wir über Mexiko diskutieren, da können wir über die neue Weltwirtschaftsordnung reden, da können wir über die Abrüstungsproblematik reden. Also, ich sehe da schon Zustimmung von den GRÜNEN. Ich werde versuchen, hier einen gemeinsamen Antrag auf Einsetzung eines Weltsicherheitsrates im Wiener Gemeinderat einzubringen, damit sich alle diskussionsfreudigen Kollegen dort einbringen können.

 

Dann würde ich aber nur eines bitten: Dass die Kollegen, die dann noch immer meinen, hier im Nationalrat zu sein, jedes Mal, wenn sie bundespolitische Themen anschneiden, 10 Prozent ihrer Gage an den Nationalrat überweisen. Dann ist die Frage des österreichischen Budgetdefizits nämlich sehr schnell gelöst.

 

Sie haben auch bereits in Ihren öffentlichen Stellungnahmen des öfteren zum Thema der Bundessituation im Kulturbereich Stellung genommen. Jetzt sage ich einmal dazu: In der Kulturpolitik Opposition zu betreiben, ist an sich schwierig. Das haben auch die Oppositionsparteien in der letzten Periode gesehen, denn bei der Kultur geht es prinzipiell einmal darum, etwas zu ermöglichen, etwas durchzusetzen, Chancen aufzuzeigen, hier und da vielleicht Spielregeln zu diskutieren. Daher ist es gar nicht einfach, eine intelligente Oppositionspolitik zu machen. Es ist einfach, eine fundamentalistische Oppositionspolitik zu machen, wie das die Freiheitlichen vorgeführt haben. Aber eine intelligente Oppositionspolitik zu machen, ist nicht einfach. Ich sage allerdings dazu: Eine intelligente Oppositionspolitik erfordert auch eine intelligente Regierungspolitik, weil sonst ist das Ganze ja irgendwie nicht sehr fair.

 

Ich glaube daher, im Sinne einer intelligenten Regierungspolitik ist ein Match, "Wien gegen den Bund" zu provozieren, einfach nicht sinnvoll. Alle großen Kulturprojekte sind in einer Verwobenheit gemeinsame Projekte zwischen der Stadt Wien und dem Bund. (Amtsf StR Mag Dr Andreas Mailath-Pokorny: Ich warte seit eineinhalb Monaten auf Antwort vom Bund!)

 

Na ja, Herr Stadtrat, da muss ich nur sagen, nicht ich habe gesagt, Wien wird im Kulturbereich ein Gegenmodell zum Bund werden. Sie haben das gesagt, Herr Stadtrat! Sie haben das öffentlich gesagt. Daher kann ich das auch zitieren. Sie haben dafür auch kein Lob bekommen. Das "profil" ist ja nun einmal nicht wirklich jene Zeitung oder jenes Magazin, das die Verteidigung der Bundesregierung als oberste Redaktionslinie erhoben hat. Aber sogar das "profil" schreibt über Sie: "Das Asylangebot Mailath-Pokornys wirkt lächerlich und übertrieben."

 

Ich meine, als Politiker einem Kollegen gegenüber würde ich nie solche Worte in den Mund nehmen, aber mir sei es gestattet, das zu ... (Amtsf StR Mag Dr Andreas Mailath-Pokorny: Haben Sie den Artikel gelesen?) Ich habe den Artikel gelesen, selbstverständlich. Ich habe auch den ... (Amtsf StR Mag Dr Andreas Mailath-Pokorny: Ich glaube es Ihnen!) Ich kann jetzt nicht einen ganzen Artikel zitieren, aber ich habe jetzt einmal zum Thema "Asyl" etwas gesagt.

 

Da würde ich Sie um etwas bitten. Sie sind ja, glaube ich, ein Mann, dem Semantik sehr wichtig ist und der auch den nötigen Hintergrund hat. Das gestehe ich Ihnen alles auch zu, aber ich glaube, mit dem Begriff "Asyl" muss man ein bisschen vorsichtig umgehen. Ich möchte daran erinnern, nämlich gerade im Kulturbereich, dass es nicht viel mehr als zehn Jahre her ist, dass in einem Umkreis von wenigen 100 Kilometern von Österreich tatsächlich Künstler an Leib und Leben verfolgt wurden. Ich sage nur Solschenizyn, ich sage nur Havel, ich sage nur Biermann, die emigrieren mussten. Da ging es wirklich um Asyl, das möchte ich auch sagen, weil sie vom totalitären System des Kommunismus verfolgt wurden. Es hat damals schon eines anderen Mutes bedurft, in der DDR gegen eine kommunistische Regierung mit einer Geheimpolizei zu protestieren.

 

Es gibt aber auch heute noch Künstler, die verfolgt werden. Das ist überhaupt keine Frage. Ein Todesurteil gegen Salman Rushdie vom islamischen Fundamentalismus. Da ist, glaube ich, der Begriff "Asyl" wirklich gerechtfertigt. Aber sind wir uns ehrlich, ob man eine demokratisch gewählte österreichische Bundesregierung ein bisschen mehr oder ein bisschen weniger mag, das hat mit Asyl, mit Vertreibung, mit Schutz wenig zu tun. Es gehört auch zur politischen und demokratischen Kultur, diese beiden Begriffe klar und deutlich auseinander zu halten. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Das Publikum und die Künstler in Wien haben das Recht auf eine intelligente Kulturdebatte. Wir sind bereit, unseren Beitrag dazu zu leisten und wir sind auch hoffnungsfroh, Ihren Beitrag zu hören.

 

Wir haben das übrigens auch, was den Bund betrifft, gegenüber dem Vorgänger auf Bundesebene, dem Staatssekretär Wittmann, getan. Sie können in Reden von mir und auch von Peter Marboe nachlesen, dass wir Staatssekretär Wittmann gegen ungerechtfertigte Angriffe der Öffentlichkeit, aber auch der Politik immer in Schutz genommen haben, weil wir erkannt haben, dass das für Wien und den Bund, egal wie die politischen Zusammenhänge sind und egal was es für ideologische Auffassungsunterschiede gibt, notwendig ist.

 

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