Gemeinderat,
3. Sitzung vom 25.6.2001, Wörtliches Protokoll
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Wiener SPÖ, weil hier
nichts gemacht wurde.
Daher: Nützen
Sie wenigstens die noch verbleibende Zeit und schauen Sie, dass Sie so schnell
wie möglich die notwendigen Maßnahmen treffen, indem Sie zum Beispiel endlich
eine Ausbildungsoffensive ins Leben rufen, eine klare Zuständigkeit im Rahmen
der Referatseinteilung und der Landesregierung, aber auch des WWFF und des WAFF
schaffen, wo die Verfahren konzentriert werden müssen und so weiter. Trachten
Sie danach, dass wir vor allem im Ausbildungsbereich möglichst schnell andere
Voraussetzungen schaffen, denn was bisher geschah, war einfach alles zu wenig.
Ich möchte nur
ein Wort zu der Hoffnung sagen, die da und dort immer wieder anklingt: Wenn
Lücken entstehen, dann werden wir einfach Fachleute aus dem Ausland holen. Ich
sage Ihnen eines - jetzt unabhängig von einer Quotendiskussion oder Ähnlichem
-: Die Bundesregierung könnte für solche Fachleute völlig aufmachen, es würden
keine kommen, weil es sie auch im Ausland nicht gibt. Daher müssen wir aus
Selbsterhaltungstrieb, aus Verantwortung für die weitere Entwicklung unserer
Stadt, aber auch aus Verantwortung für die Jugend - aber nicht nur für die
Jugend, sondern durchaus auch für ältere Arbeitnehmer, die Schwierigkeiten mit
ihrem Job haben -, so schnell wie möglich die Ausbildungsstätten schaffen, die
bisher in Wien nicht vorhanden sind.
Erinnern Sie
sich: In Deutschland hat es diese Diskussion um die Green Card gegeben. Da
wurde angepeilt, dass 20 000 Ausländer hereingeholt werden sollen.
Geworden sind es 5 000. Das heißt - das ist der schlagende Beweis dafür -,
wir werden diese Lücke, unabhängig von der ganzen Quotendiskussion, selbst wenn
wir es freigeben, nicht wirklich auffüllen können. Daher ist es eine ganz, ganz
wichtige Sache für die Zukunft, dass hier die entsprechenden Aktionen von Wien
gesetzt werden. Ich sehe derzeit keine Ansätze, dass das gemacht wird. Ich kann
nur anbieten: Wir sind bereit zu einer Zusammenarbeit auf diesem Gebiet, weil
das eben wirklich die Zukunftsfrage unserer Stadt sein wird. (Beifall bei der FPÖ.)
Wie man es
nicht machen soll und wie sozusagen die Gefahr besteht, dass tatsächlich nicht
die Demut herrscht, die der Herr Bürgermeister nach dem Wahlerfolg der SPÖ in
der Wahlnacht angeschnitten hat, wobei er versprochen hat, dass die SPÖ sich
durchaus dieser Demut befleißigen wird, möchte ich an einem Beispiel zeigen:
Wenn man davon ausgeht, dass die Demut nach einer Definition des Brockhaus die
Eigenschaft ist, sich selbst um anderer Menschen Willen oder angesichts
göttlicher Macht - aber das würde ich jetzt einmal im Hinblick auf die SPÖ eher
ausklammern - zurückzustellen, dann wäre das an sich ein schönes Ziel. (GR Johann Driemer: Das ist ein
solidarischer Begriff!) Nur, die Zeichen, die wir in den wenigen Wochen von
Ihnen bekommen haben, gehen eher in die Richtung, dass Sie in die alten Fehler
verfallen werden.
Ich nehme ein
Beispiel heraus, das ist die Frage der Objektivierung im öffentlichen Dienst
und da speziell die Besetzung der Direktorenposten in den Schulen. Da waren wir
schon weiter, aber momentan hat es den Anschein, dass die Entwicklung in eine
negative Richtung geht. Im Jahr 1999 hat der Herr Bürgermeister hier im
Gemeinderat versprochen - da war das ganze Assessmentverfahren, also das
Auswahlverfahren für die Besetzung der Direktorenstellen noch ein Pilotprojekt,
und er hat es sogar für sich reklamiert -, es darf nicht am Geld scheitern,
denn es handelt sich hier "um eine Grundsatzentscheidung, die nicht an den
paar Netsch" - so hat er sehr plastisch wortwörtlich gesagt -
"scheitern kann". Und er hat für sich reklamiert: "Ich habe
diesen Weg der Einführung dieses Assessmentverfahrens vorgeschlagen und das
wird auch durchgeführt werden."
Sie wissen
aber, wo wir jetzt stehen. Vergangene Woche sind zehn Direktorenposten an
Pflichtschulen besetzt worden - und weit und breit kein Assessmentverfahren!
Die SPÖ hat gesagt - das grenzt wirklich schon an Lächerlichkeit -, die
Bundesregierung ist schuld daran. Nein, das geht schon voll zu Lasten der SPÖ!
Vergessen sind die durchaus positiven Worte vom Herrn Bürgermeister aus dem
Jahr 1999, der gesagt hat, an den paar Netsch darf es nicht scheitern, der
gesagt hat, dass das eine Grundsatzentscheidung ist und dass er das auch selber
– ich will jetzt gar keinen Vaterschaftsstreit beginnen - vorgeschlagen hat.
Und kaum ist die absolute Mehrheit vorhanden, ist alles vergessen.
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Genau dieses Beispiel zeigt aber, dass die Befürchtungen,
dass es mit der Demut nicht weit her sein wird, berechtigt waren, dass das eben
leider nur ein durchaus schöner Begriff war, den man in die Diskussion geworfen
hat, an den man sich aber nicht wirklich halten will.
Ich kann Ihnen
sagen, Sie würden gut daran tun, wenn Sie nicht wieder genau bei diesen Dingen,
weswegen viele Wienerinnen und Wiener Sie schon einmal verlassen hatten und
Ihnen jetzt teilweise wieder das Vertrauen gegeben haben, in diese alten Fehler
zurückverfallen würden, wenn Sie nicht einfach über die Bürger drüberfahren und
sagen würden: Mir san mir! Wir können machen, was wir wollen.
Da wird Ihnen auch
nicht helfen, wenn heute in einer Wochenzeitung steht, Sie hätten eine stille
Koalition mit denen, die hier zu Recht links außen sitzen. Das wird Ihnen gar
nichts helfen, sondern es würde Ihnen gut anstehen, nicht einem Dezisionismus
zu huldigen, nämlich der schrankenlosen Herrschaft der Mehrheit über die
Minderheit, sondern erstens einmal die eigenen Grundsätze - wie etwa bei dieser
Auswahl von Führungspositionen in den Schulen - wieder zu beherzigen und nicht
über Bord gehen zu lassen und sich insgesamt mehr auf die Gesamtheit zu
konzentrieren und nicht nur auf Ihre eigene Partei, denn Sie haben eine
Erfahrung auch schon gemacht: Auch Mehrheiten können wieder verschwinden und
wir -
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