Gemeinderat,
2. Sitzung vom 23.5.2001, Wörtliches Protokoll
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trapsen. (GR Heinz Hufnagl: Das ist die Aufnahmeprüfung in die Opposition,
nicht?)
Wenn man zurückschaut in
der Geschichte Wiens, so neigen natürlich sozialdemokratische Alleinregierungen
immer dazu, dass sie Wirtschaftspolitik zu einer reinen Fiskalpolitik
reduzieren. Erhöhungen sind quasi ihr tägliches Brot, um städtische Aufgaben
überhaupt aufrechterhalten zu können.
Meine Damen und Herren! Das
ist ein gefährliches Spiel, weil wenn Sie etwa gerade die Gebühren hernehmen,
so sind die Teil der Betriebskosten und die Betriebskosten sind ein wichtiger
Bestandteil des Warenkorbs des VPIs, also mit Gebührenerhöhungen heizt man die
Inflation an. Wenn auch momentan die Zentralbanken in Europa und in den USA
versuchen, Inflationsauswüchse durch Zinsenschnitte hintanzuhalten, so muss man
doch davon ausgehen, dass mit einer dauernd höheren Inflation natürlich auch
die Zinsen wieder steigen würden. Steigende Zinsen wieder bedingen, dass
weniger investiert wird. Das ist dann diese berühmte Spirale, die dazu führt,
wenn weniger investiert wird, dass wir eine klassische hausgemachte Rezession
haben. Deshalb klare Aussage der Volkspartei in Wien: Hände weg von jeglichen
Gebührenerhöhungen! (Beifall
bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren! Es
gibt aber auch noch andere Hinweise, dass es jetzt zu einem Paradigmenwechsel
in der Wirtschaftspolitik in Wien unter der Alleinregierung der SPÖ kommt,
wobei es nicht ein Paradigmenwechsel für Sie wäre, sondern nur nach den viereinhalb
Jahren gemeinsamer Oppositionszeit, nämlich die Pressekonferenz und
Presseaussagen von Herrn StR Rieder. Er sagt über eine WIFO-Studie: "Die
Konjunkturaussichten" - ich zitiere - "werden partiell eher düster
für Wien.", und führt dann elaboriert Gründe aus, warum das alles nicht im
Verschulden Wiens liegt.
Herr Stadtrat! Ich muss
Ihnen - auch wenn Sie jetzt nicht da sind - sagen, das sollte Ihnen eigentlich
zu denken geben, wenn Sie dann sagen, dass in dieser WIFO-Studie festgestellt
wird, dass Wien schlechter dasteht als andere Bundesländer. Wann hat es denn
einen nicht sozialistischen Wirtschafts- und Finanzstadtrat in dieser Stadt
gegeben? Wer ist dafür verantwortlich, wenn Wien heute wirklich schlechter
dasteht als andere Bundesländer, meine Damen und Herren? - Der
Wirtschaftsstadtrat ist seit Jahrzehnten rot. Ich glaube, das sollte Ihnen
wirklich zu denken geben!
Aber die Aussagen von
Rieder waren inhaltlich noch in anderer Hinsicht bemerkenswert. Er sagt weiter,
Einsparungen im öffentlichen Bereich der Bundesregierung wären negativ. Er
sieht ein Wegbrechen der öffentlichen Investitionen und diese könnten durch
Private nicht wettgemacht werden. Das ist ein erster großer Schritt, meine
Damen und Herren, aber ein erster großer wirtschaftspolitischer Schritt in die
falsche Richtung!
Wirtschafts- und
Arbeitsplatzpolitik, meine Damen und Herren, geht nicht nur über Erhöhungen und
das geht nicht nur, wie Sie schon wieder laut nachzudenken beginnen, über
öffentlich indizierte Investitionen. Das kommt aus der Mottenkiste
sozialdemokratischer oder man müsste fast sagen, sozialistischer
Wirtschaftspolitik. Das sind die guten alten - würden Sie sagen - siebziger
Jahre. Das ist purer Keynsianismus, das Deficit spending Kreisky'scher Prägung.
Wir wissen heute alle, das ist gescheitert, meine Damen und Herren! Ich will
jetzt gar nicht mehr von VÖEST, Konsum und Verstaatlichter anfangen, Sie wissen
alle, wir hatten am Schluss die Schulden und die Arbeitsplätze waren weg. (GR
Heinz Hufnagl: Atomic, Kneissl und so weiter!) Deshalb muss diese
Bundesregierung jetzt auch in der Wirtschaftspolitik aufräumen. Das ist nämlich
der Grund! (Beifall bei der ÖVP.)
Die Frage, die beim Herrn StR Rieder unbeantwortet
bleibt und die wir spätestens jetzt in der Rechnungsabschlussdebatte zur
besseren Zukunft Wiens wohl stellen müssen, ist: Wie können wir Anreize
schaffen, dass privat in Wien mehr investiert wird, wenn öffentlich zu wenig
investiert wird? Wo sind denn Ihre Vorschläge? - Kommen Sie bitte heraus,
machen Sie einen Antrag, dass wir das Bauherrenmodell für Wien wieder
einführen! Sie wissen genau, dadurch werden arbeitsplatzintensive Baubereiche
unterstützt. Wir werden Sie dabei voll unterstützen! Wir werden versuchen, das
mit der Bundesregierung einzuführen, ich nehme an, auch die Kollegen von den
Freiheitlichen. Kommen Sie heraus, stellen Sie einen dementsprechenden Antrag!
Wir werden uns darum bemühen, aber für Private müssen wir die Anreize für
Investitionen schaffen, nicht wieder, wie vor 20, 30 Jahren und früher, öffentlich.
Wirtschaftspolitik
besteht nicht nur aus Steuererhebungen, meine Damen und Herren.
Einsparungspotenziale in der Verwaltung wären zu überprüfen, wo man da
irgendwelche Vorschläge sieht, letzten Endes - wie DDr Görg auch schon gesagt
hat - die Privatisierungen, aber da haben wir sowieso eine geteilte Meinung.
Um
jetzt wieder die Kurve zurück zum Gänsehäufel zu finden: Für das Gänsehäufel
zum Beispiel könnte es heißen: sale and lease back. Auch das wäre eine Form
intelligenter Privatisierung. (GR Heinz Hufnagl: Da schafft man wirklich
eine Schutzmauer gegen Tariferhöhungen!) Dann könnten wir uns für die
nächsten fünf Jahre alle Gebührenerhöhungen und Steuern sparen. - Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Zum Wort
ist niemand mehr gemeldet. - Herr Berichterstatter, bitte.
Berichterstatter GR Mag
Thomas Reindl: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!
Ich bin überrascht, dass das
Gänsehäufel (GR Mag Christoph Chorherr:
Wellen schlägt!) eine so große Gebührenaufmerksamkeit der ÖVP erregt hat.
Vielleicht liegt es auch daran, dass das Gänsehäufel eines der schönsten Bäder
Wiens und Österreichs ist und dass das Ihre Kreativität zu diesem Thema, das
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