Gemeinderat,
2. Sitzung vom 23.5.2001, Wörtliches Protokoll
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demokraten aus dieser Regierung hinausgeworfen. Das schmeckt
nicht nach Demut, das schmeckt eher nach Arroganz. (Beifall bei der ÖVP.)
Jetzt sage ich dazu, der Kurt Scholz ist kein einfacher
Mensch, und er kann Ihre sozialdemokratischen Lehrergewerkschafter und
sozialistischen Spitzenfunktionäre gar nicht so gequält haben, wie den Walter
Strobl von uns, der darüber ja viel erzählen könnte. Aber trotzdem er auch
manchmal für uns auch nicht einfach gewesen ist, weinen wir ihm keine
Krokodilstränen nach, sondern wir weinen ihm, wie viele Eltern und Schüler vor
allem echte Tränen nach.
Der Kurt Scholz ist ein Humanist, er ist ein
Sozialdemokrat und er ist ein Reformer. Und er ist ein Mann mit Charakter und
er hat eine Eigenschaft, die in der Wiener Politik und in der österreichischen
Politik überhaupt eine sehr seltene ist, nämlich Zivilcourage. Mut war jene
Eigenschaft, die John F. Kennedy am meisten bewundert hat und welcher er
auch sein Berühmtes Buch "Profiles and Courage" gewidmet hat. Ein
Buch, in welchem es immer um Politiker gegangen ist, die letztlich für die
Gesamtinteressen ihre eigenen Interessen zurückgesteckt haben. Und er zitiert
auch in dem Buch den Ex-Präsidenten Andrew Jackson mit einem schönen Zitat:
"Ein einziger mutiger Mann ist allein schon eine Majorität." - Das
sage ich Ihnen im Haus mit einer absoluten Majorität. Zivilcourage ist etwas,
was der Kurt Scholz auch in seiner neuen Aufgabe brauchen wird, wir wünschen
ihm das, wenngleich wir es schon ein bisschen eigenartig finden, dass diese
Stadt mehr als 50 Jahre gebraucht hat, um einen Restitutionsbeauftragten
einzusetzen. Etwas, was die Bundesregierung, die Vielgescholtene, viel früher
getan hätte und was viel früher notwendig gewesen ist. Wir sind aber sicher,
dass er auch in der neuen Funktion ein Unbequemer sein wird und uns hat er auf
alle Fälle als Partner bei dieser wichtigen Aufgabe. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich möchte mich auch bei den GRÜNEN bedanken, und
zwar dafür, dass sie dieses Thema hier gewählt haben, als ihre erste Aktuelle
Stunde, weil Bildungspolitik und Schulen zweifellos das ganz zentrale Thema für
unsere Zukunft sind. Ich möchte es ein bisschen anders akzentuieren, als das
bisher der Fall ist und sage dazu: Bildungspolitik muss mehr sein, als die
Diskussion über Werteinheiten und Lehrerbeschäftigung. Kleine
Klassenschülerzahlen sind pädagogisch wichtig, das ist überhaupt keine Frage.
Aber mehr Lehrer sind nicht automatisch besserer Unterricht.
Es geht nicht nur um Quantität, weil die heutige
Diskussion ist nur von Quantität und sehr wenig von Qualität diktiert gewesen.
Und eines möchte ich auch in aller Deutlichkeit sagen: Ich habe das Wort
Schüler in der heutigen Diskussion bisher relativ wenig gehört, aber die Kunden
im System Schule sind eindeutig die Schüler, das muss man einmal in aller
Klarheit sagen.
Diese sind das oberste Kriterium und ihr
langfristiges Wohlergehen ist das einzige langfristige Kriterium, das wir bei
allen Diskussionen und Entscheidungen im Vordergrund sehen sollten. (GR
Harry Kopietz: Sagen Sie das der Frau Gehrer auch!) Die Frau Gehrer muss
mit einer schwierigen Budgetsituation umgehen und versucht das so zu machen,
dass es am wenigsten am Rücken der Schüler ausgetragen wird. (GR Harry
Kopietz: Wer schreibt dem Kollegen Salcher seine Reden?)
Herr Kollege Kopietz, ich glaube aber, dass wir auch
über qualitative Schulfragen ein bisschen diskutieren sollten und ich möchte
hier ein paar Fragen in den Raum stellen, von denen ich glaube, dass sie in der
Zukunft für unsere Diskussion notwendig sind. Zum Beispiel so simple Fragen
wie:
Ist es eigentlich sinnvoll, dass wir seit
100 Jahren mehr oder weniger die selben Gegenstände unterrichten, wenn man
sich unsere Lehrpläne anschaut?
Ist es nicht so, dass wir teilweise für Berufe
ausbilden nach wie vor, wo wir nicht sicher sein können, ob es die in fünf
Jahren noch geben wird?
Ist es nicht so, dass Kinder mit Lust und Freude und
Neugier, wenn wir gerade von der Pflichtschule sprechen, in die Schule gehen
und dass diese Lust und Neugier und Freude aber im tagtäglichen Schulleben
nicht manchmal zu kurz kommt?
Vernachlässigen wir auf der anderen Seite nicht viel
zu sehr die Debatte über soziale Intelligenz und über emotionale Intelligenz?
Fördern wir unsere Begabten in dem Ausmaß, wie das
eigentlich notwendig ist, und auf der anderen Seite zeigen wir nicht auf, dass
besondere Begabung auch zu besonderer Verantwortung verpflichtet?
Ich glaube daher ....
Vorsitzende GR Josefa Tomsik (unterbrechend):Herr
Kollege Salcher, darf ich Sie bitten, zum Schluss zu kommen! (GR Harry
Kopietz: Aus dieser Rede kann man keinen Schluss ziehen!)
GR Dr Andreas Salcher (fortsetzend):
Ja! Ich glaube, dass diese politisch, bildungspolitische Maxime für die
zukünftigen Diskussionen immer sein sollte: Was ist gut für die Schüler in
dieser Stadt und ich glaube, dann werden wir in Zukunft darüber diskutieren,
wie wir die guten Schulen Wiens zu den besten Schulen Europas machen. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzende GR Josefa Tomsik: Danke. -
Als nächster Redner ist Herr Kollege Römer zum Wort gemeldet. Ich erteile es
ihm.
GR Johann Römer (Klub der Wiener Freiheitlichen): Frau Vorsitzende! Werte Kolleginnen
und Kollegen!
Es ist mindestens das dritte Mal in den letzten vier
Monaten, dass wir uns hier diesem Thema widmen. Und es ist gut und soll auch
beweisen und soll uns zusammenfinden in der Aussage, weil die immer wieder
getätigt wird, natürlich sind wir alle dafür, dass kein Bildungsabbau
stattfindet.
Aber das Interessante an der Diskussion ist, dass hier
überhaupt immer nur ein Thema angesprochen wird und das ist, wie viele Lehrer
haben wir. Das ist das offensichtlich einzige Thema, das diese Diskussion
beherrscht und ich denke nur zurück, wie die Frau
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