Mitschrift
Das ist der Blick von einem Wiener Flakturm. Und das ist der Blick auf einen Flakturm.
In Wien gibt es sechs derartige Abwehr- und Schutzbauten aus Stahlbeton. Sie wurden in den Jahren 1942 bis 1945 als Luftschutzanlagen errichtet. Auf ihnen standen die modernsten Feuerleit- und Flugabwehrgeschütze ihrer Zeit.
Die drei Bunkerpaare sind in einem Dreieck angeordnet. In der Mitte des Dreiecks steht der Stephansdom. Die Türme sind unterschiedlich hoch, denn ihre oberen Plattformen liegen exakt auf derselben Seehöhe.
Marcello La Speranza, Historiker: "Ja, dieser eine Flakturm, der Feuerleitturm hier im 3. Bezirk, das war einer der insgesamt sechs Wiener Flaktürme, die hier existiert haben. Und in der Architektur ist er doch ein einzigartiges Gebäude, weil er 1943 errichtet wurde. Das ist ja das erste Flakturm-Paar in Wien, das paarweise errichtet worden ist. Solche Türme gibt es ja nur in Berlin, in Hamburg und in Wien. Das ist doch ein einzigartiges Bauwerk, das hier seine militärische Funktion während des Zweiten Weltkrieges im Großen und Ganzen gut überstanden hat und auch seinen Dienst gut erfüllt hat."
Marcello La Speranza, Historiker: "Also hier die Feuerleitung hat alles schon quasi eingestellt für die Geschütze am Geschützturm. Also von hier aus war die Feuerleitung für die Geschütze auf der oberen Plattform. Dort war die 12-8 Zwillingsflak in vier großen Geschützbatterien zusammengestellt. Also Geschützfeuer und Feuerleitung waren eine kombinierte Einheit."
Marcello La Speranza, Historiker: "Ja, auf der oberen Plattform hier von der Feuerleitung da waren die technischen Geräte, die hier möglichst exakt den Bombenkurs der einfliegenden Bomber festhalten sollten. Da waren hier die modernen Empfangsgeräte, die Entfernungsmessgeräte - vier Meter Basis. Und der Zielbomber musste immer optisch festgehalten werden. Und unter dem Rechner war hier eine große, analoge Rechenmaschine, die genau die Höhe, die Entfernung, die Geschwindigkeit der alliierten Luftbomber festgelegt hat, um die Geschütze auf dem benachbarten Geschützturm genau zu positionieren."
Marcello La Speranza, Historiker: "Also, dass hier war der Stand vom Würzburgriesen - vom Funkmessgerät 65. Das modernste, was damals in der Luftraumüberwachung existiert hat. Dieser große Parabolspiegel konnte die alliierten Bomber auf eine Entfernung von bis zu 80 Kilometern orten. Das war von der Firma Telefunken eine ganze Hightech-Anlage. Und damit die nicht beschädigt wurde, war vorgesehen, dass sie auf einer großen Plattform, auf einer Ebene versenkt werden sollte, damit sie gegen Splitter sicher geschützt ist."
Nicht minder Aufregend ist das Innere der Flaktürme. Alte Objekte, Dokumente und Inschriften sind Zeugen eines der dunkelsten Kapitel der Geschichte. Und dennoch ist die Spurensuche spannend und wichtig zugleich.
Marcello La Speranza, Historiker: "Also hier im ganzen Turm sind sehr viele Graffiti von Zwangsarbeitern und von der Zivilbevölkerung festgehalten. Die haben sich hier im Turm während der Stunden des Alarms immer wieder verewigt. Wir sehen hier Aufschriften aus dem 1945er-Jahr: Blumen, hier hat man die heile Welt quasi dargestellt, die Rosi war hier im 1945er-Jahr. Es sind an den ganzen Ziegelwänden Graffiti aus allen Epochen der letzten Kriegsphase vorhanden."
Marcello La Speranza, Historiker: "Also hier sind Objekte, die aus dem Sanitätsbereich sind. Da sieht man die ärztlichen Begleitscheine, ein Rot-Kreuz-Schnellverband. Das ist alles im Schutt liegen geblieben. Das muss noch alles archäologisch untersucht werden."
Die Flaktürme sind Zeugen einer jahrhundertelangen kontinuierlichen Entwicklung der militärischen Abwehr der Stadt.
Marcello La Speranza, Historiker: "Das fängt an vom römischen Legionslager über die mittelalterliche Stadtmauer über den Kuruzenwall - das sind hier die Festungen des 20. Jahrhunderts, die den Krieg in die dritte Dimension geführt haben."
Archiv-Video vom 15.05.2014:
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stadtUNbekannt - Die Geschichte der Flaktürme
Sechs Flaktürme aus dem Zweiten Weltkrieg prägen das Wiener Stadtbild. Die Flaktürme aus Stahlbeton wurden in den Jahren 1942 bis 1945 in Hamburg, Berlin und in Wien als Abwehr- und Schutzbauten errichtet. stadtUNbekannt wandelt auf den Spuren der Vergangenheit.
Länge: 5 Min. 10 Sek.
Produktionsdatum: 2014
Erstausstrahlung: 15.05.2014
Copyright: Stadt Wien