Wiener Standardleuchte
Der technologische Wandel und die fehlende Standardisierung stellen Betreiberinnen und Betreiber von öffentlichen Beleuchtungsanlagen vor neue Herausforderungen. Standards und Normen für Leuchtmittel, die über mehrere Jahrzehnte gegolten haben, gibt es nicht mehr. Zukunftstechnologien wie die LED entwickeln sich auch fast 10 Jahre nach dem Einsatz der ersten LED-Straßenleuchten in Wien rasch weiter.
Die Abteilung Wien leuchtet (MA 33) hat die Initiative ergriffen und eine Leuchte entwickelt, die die nötige Flexibilität für den technologischen Wandel mitbringt und an die Wartungsanforderungen einer Großstadt angepasst ist.
Die Leuchten sind so konstruiert, dass in einem Gehäuse je nach Bedarf verschiedene Einsätze mit unterschiedlichen Leuchtmitteln zum Einsatz kommen können.
Für die Definition der Schnittstelle zwischen Leuchten-Gehäuse und Leuchten-Einsatz in modularer und herstellerunabhängiger Form wurde vom Österreichischen Patentamt ein Gebrauchsmuster unter der Nummer 14 031 erteilt. Die Nutzung dieser von der Abteilung Wien leuchtet getroffenen Schnittstellen-Definition ist für Leuchten-Herstellerinnen und -Hersteller unentgeltlich. Im Fall der Nutzung werden lediglich Informationen darüber erwartet, wer die Schnittstellen in welcher Form verwenden möchte.
Flexibles Baukastenprinzip
Die wirkliche Neuheit der Wiener Standardleuchte ist die mechanische Schnittstelle. Leuchten-Gehäuse und Leuchten-Einsatz sind funktional voneinander getrennt. Auf dem Leuchten-Einsatz sind alle Komponenten zur Lichterzeugung und Lichtlenkung untergebracht.
Die Leuchte kann grundsätzlich mit beliebigen Einsätzen bestückt werden, unabhängig von der Herstellerin oder dem Hersteller, der Lichterzeugungstechnik (LED, Halogen-Metalldampf, Natriumhochdruckdampf et cetera) oder auch lichttechnischen Anforderungen.
Das Gehäuse dient, ähnlich einem Schaltkasten, nur dem mechanischen Schutz der elektrischen und mechanischen Komponenten in der Leuchte. Alle Wartungsarbeiten, abgesehen von der Montage der Leuchten, sind werkzeuglos ausführbar. Im Schadensfall kann der Leuchten-Einsatz mit wenigen Handgriffen ausgetauscht werden.
Es stehen 3 Gehäusevarianten in 2 Baugrößen zur Verfügung:
- 2 Mastansatzleuchten mit Kopfgröße 0 und 2
- Eine Seilhängeleuchte in der Kopfgröße 2
Herstellerunabhängige, zukunftsoffene Lösung
Standardisierung vom Fundament bis zum Mast
Um alle Optimierungspotenziale auf energetischer und betrieblicher Ebene auszuschöpfen, sind nicht nur die Leuchten, sondern alle wesentlichen Teile der Beleuchtungsanlage standardisiert: ausgehend von den Schaltkästen über die Fundamente bis hin zu den eingesetzten Auslegern und Masten.
Regelwerk Wiener Beleuchtungslösungen: 9 MB PDF
Wartung und Ökologie
Die Ökologie spielte beim Systemdesign der neuen "Wiener Standardleuchten" eine Hauptrolle. Alle Erfahrungen, die im Rahmen der Umrüstung der Donauinsel auf moderne LED-Leuchten gemacht werden konnten, sind in die Entwicklung eingeflossen.
Die Leuchte ist so konstruiert, dass kein Licht in oder über die horizontale Ebene emittiert werden kann. Die aus architektonischen Gründen angeneigten Leuchten haben dafür extra eine Blendschute erhalten, die das verhindern soll. Das reduziert die Nachthimmelsaufhellung.
Außerdem hilft die Blendschute mit, die Blendung der neuen LED-Leuchten zu reduzieren. Aus diesem Grund werden auch die neuen Seilhängeleuchten mit Blendschuten ausgestattet.
Durch die LED-Leuchtmittel und die Konstruktion der Leuchte ist die Insektenanlockwirkung auf ein Minimum reduziert. Auf der Donauinsel konnte beispielsweise die Anlockwirkung um 80 Prozent gesenkt werden.
Die einfache Handhabung der Leuchte und der erforderlichen Ersatzteile (Leuchten-Einsatz, Leuchten-Abdeckung, Leuchtmittel) ist wichtiges Leitmotiv für die Konstruktion der "Wiener Standardleuchte". Dadurch können Verkehrsbehinderungen bei Reparaturen oder Wartungsarbeiten auf ein Minimum reduziert werden, ebenfalls ein aktiver Beitrag zum Umweltschutz.
Flexibilität und Zukunftsoffenheit
Die patentierte Schnittstelle ist mit beliebigen Gehäuseformen kombinierbar.
Die definierte Schnittstelle zwischen Leuchten-Einsatz und Gehäuse bietet 2 große Vorteile:
Zukunftsoffenheit: Leuchtmittel, die noch nicht bekannt sind, können in Zukunft in das bestehende Gehäuse integriert werden.
Flexibilität: Sondergehäuse können mit denselben Ersatzteilen instandgehalten werden. Dabei ändert sich nur die Außenform aber nicht die elektrischen Komponenten.
Vor- und Nachteile im Überblick
Vorteile
- Herstellerunabhängige Beschaffung von Leuchten und Leuchten-Einsätzen durch standardisierte Lichttechnik sowie die herstellerunabhängige, mechanische Schnittstelle; Leuchten-Gehäuse und -Einsatz müssen nicht zwingend von demselben Hersteller kommen.
- Verbesserte Ersatzteilhaltung durch standardisierte Komponenten und damit nachhaltige Senkung der Instandhaltungskosten
- Vereinfachte Entstörung durch kurzfristige Verfügbarkeit von Ersatzteilen aufgrund einheitlicher Technik
- Verlängerung der Wartungszyklen durch längere Produktlebenszyklen der eingesetzten Komponenten in Kombination mit langlebigen Leuchtmitteln (sogenannte Long-Life-Produkte)
- Einfacher und schneller Tausch des Leuchten-Einsatzes ohne Werkzeug und daher kürzere Zeit vor Ort; das führt zu geringeren Kosten und weniger Verkehrsbeeinflussung. Defekte Einsätze können in der Werkstätte aufbereitet werden.
- Die Leuchten-Abdeckung kann innerhalb kürzester Zeit werkzeuglos getauscht werden.
- Die lichttechnischen Eigenschaften sind über Lichtstrom [lm] und standardisierte Lichtverteilung definiert, sodass die Art der Lichterzeugung (Leuchtmittel) sekundär ist. Hat der Austausch-Einsatz den gleichen Lichtstrom und die gleiche Lichtverteilung, ist nach einem Wechsel die normgerechte Beleuchtung gewährleistet.
- Das zukunftsoffene Konzept ermöglicht den einfachen Einsatz neuer Lichterzeugungstechnologien (zum Beispiel MidPower-LED, Induktionslampen, OLED) unter Beachtung der Standard-Schnittstelle sowie der lichttechnischen Eigenschaften. Auch die Nachrüstung des Bestandes ist möglich.
- Sofern die Abmessungen der Schnittstelle für die jeweilige Kopfgröße eingehalten werden, sind auch abweichende Gehäuseformen teuer aber möglich: "Jede Kommune findet ihre Identität".
- Nachträgliche Implementierung von Steuer- beziehungsweise Messeinrichtungen oder Telemanagement-Systemen durch einfachen Einsatzwechsel
- Deutliche Verringerung der Nachthimmelsaufhellung sowie der Anlockwirkung auf nachtaktive Insekten durch Einsatz der Full-Cut-Off-Technik (Verhinderung von Lichtabstrahlung in die horizontale Ebene)
Nachteile
- Aufgrund der fehlenden thermischen Kopplung des LED-Moduls an das Leuchten-Gehäuse ist für LED-Leuchten die maximal mögliche elektrische Leistung bei passiver Kühlung derzeit mit circa 100 Watt begrenzt.
- Die speziell an die Erfordernisse der Abteilung Wien leuchtet angepassten Eigenschaften der Leuchte verursachen derzeit höhere Anschaffungskosten gegenüber "Einwegleuchten".
Diese Nachteile werden in der langfristigen Betrachtung durch die positiven Aspekte der Standardleuchte bei weitem wettgemacht.
Der Lichtstrom, der mit der aktuellen LED-Technik bei 100 Watt elektrischer Leistung erzeugt werden kann, reicht in vielen Fällen aus, um eine konventionelle Leuchte mit 150 Watt-Leuchtmittel zu ersetzen.
Der erhöhte Anschaffungspreis der Leuchten relativiert sich im Vergleich mit den Verbesserungen bei Wartung und Instandhaltung sowie Ersatzteil-Logistik innerhalb weniger Jahre.
Kontakt
Alle Kommunen sind eingeladen, sich in Wien ein Bild von der Lösung zu machen und den Einsatz der Standardleuchten-Technologie in den eigenen Anlagen zu testen. Bei Interesse an umfassenderen Informationen melden Sie sich bitte per E-Mail bei der Abteilung Wien leuchtet (MA 33):
E-Mail: post@ma33.wien.gv.at
Weiterführende Informationen
- Wiens neue Standardleuchten in der Seestadt präsentiert - Dezember 2014
- LED-Technik im Bereich der öffentlichen Beleuchtung
- LICHT 2016 - DER MASTERPLAN (Teil I, Seite 1 bis 69): 10 MB PDF
- LICHT 2016 - DER MASTERPLAN (Teil II, Seite 70 bis 114): 9 MB PDF
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