Positionspapier "Regenwassermanagement und Brutstätten von Stechmücken und Infektionskrankheiten - ein Widerspruch?" (2017)
Stechmücken können Krankheitserreger übertragen. So kann durch die heimische Stechmücke das West Nil Virus übertragen werden. Die in ost- und südasiatischen Regionen heimische Asiatische Tigermücke, die sich zunehmend auch im südeuropäischen Raum ansiedelt, kann das Chikungunya-Virus oder das Dengue-Virus übertragen. Diese Viren verursachen Infektionskrankheiten, die auch zu schweren Komplikationen führen können. Eine Ausbreitung soll daher auch durch das Vermeiden von Brutstätten verhindert werden.
Stechmücken legen ihre Eier an Wasseroberflächen ab, an denen sie sich über Larve und Puppe bis zum fliegenden Insekt entwickeln. Selbst kleinste Wasserflächen, wie in Topfuntersetzern, Spurrillen oder Pfützen sind dafür geeignet. Bei einer Wassertemperatur von 25 Grad Celsius dauert die Entwicklung vom Ei zum Insekt zehn Tage. Bei höheren Temperaturen verkürzt sich die Entwicklungszeit auf sieben Tage. Sehr hohe Temperaturen (ab 33 Grad Celsius) hemmen die Entwicklung wieder. Gewässer, welche auch von anderen Organismen wie Fischen, Amphibien, Libellenlarven, etc. besiedelt sind, stellen keine Gefahr für eine massive Ausbreitung dar. Naturnahe Gewässer und künstlich angelegte Biotope stehen daher nicht im Fokus der Bekämpfung von oben genannten Infektionskrankheiten.
Regenwassermanagement ist eine der wesentlichsten Säulen für die Klimawandelanpassung von Großstädten. Insbesondere die Erhöhung der Verdunstungsrate (in der Natur circa 80 Prozent, in der Stadt circa 5 Prozent) ist eine wichtige Maßnahme gegen die sommerliche Überhitzung von Städten. Der fehlende Kühleffekt durch die derzeit geringe Verdunstung von Niederschlagswasser ist einer der wesentlichen Ursachen für den sogenannten Urbanen Hitze Insel (UHI)-Effekt und damit auch eine Frage der Gesundheit der Stadtbevölkerung im Sommer. Die sommerliche Hitzewelle 2003 war mit rrund 70.000 Todesopfern eine der größten Naturkatastrophen, die Europa je erleben musste. Auch in Wien waren 140 Todesfälle zu verzeichnen. Wissenschaftliche Arbeiten belegen, dass eine Erhöhung der Verdunstungsrate, beispielsweise über Gründächer, Grünfassaden und Regenwassermanagement, zu einer spürbaren Reduktion der städtischen Überhitzung beitragen kann.
Rückhalt und Verdunstung von Niederschlagswasser muss jedoch nicht in Widerspruch zur Vermeidung von Brutstätten von Infektionskrankheiten stehen. Techniken, die das Wasser in Substrat, in Speichermatten, im gewachsenen Boden oder in unterirdischen Hohlräumen, wie beispielsweise Grobschotterlagen speichern, bieten ebenso wenig einen Konflikt, wie jene, die belebte Ökosysteme in Form von Teichen vorsehen. Einzig bei der Planung von temporären Wasserflächen muss auf die oben dargestellten Themen Bedacht genommen und vorgesorgt werden, dass Wasserflächen, die sich (nur) nach Regenereignissen bilden können, maximal fünf bis sieben Tage bestehen bleiben.
Die Vermeidung von Infektionskrankheiten einerseits und die Reduktion von Hitzeperioden anderseits sind beide wesentliche Aspekte einer "gesunden Stadt" und als Ziele durchaus vereinbar. Eine umsichtige gesamtheitliche Planung vermag es, zahlreiche Lösungsansätze für den nachhaltigen Umgang mit Niederschlagswasser zu finden, die beiden Gesundheitszielen gerecht wird.
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