Baukulturelle Leitsätze für Wien
Die baukulturellen Leitsätze sollen die Qualität städtischer Bauvorhaben weiter heben. Im Zentrum stehen dabei die Grundprinzipien Lebensqualität, Nutzbarkeit, Nachhaltigkeit und Beteiligung.
Die wichtigsten Ziele der baukulturellen Leitsätze sind die Weiterentwicklung der hohen Qualität in Planung und Umsetzung sowie eine Vorbildwirkung der Stadt Wien für private Investorinnen und Investoren.
Folgende 10 baukulturelle Leitsätze sollen für die Stadt Wien gelten:
- Für die Wiener Bevölkerung eine hochwertige gebaute Umwelt verwirklichen, die ihr hohe Lebensqualität bietet, beim Neubau ebenso wie im Bestand
- Baukulturelle Entscheidungen so fällen, dass die Stadt sozial gerechter wird
- Durch Klimaschutz sowie durch nachhaltige Bauweisen und Nutzungen die lebenswerte Stadt weiterentwickeln
- Die Planung, Errichtung und Sanierung aller Bauten und Freiräume im Einflussbereich der Stadt Wien erfolgen nach qualitätsorientierten und transparenten Prozessen. Bürgerinnen- und Bürgerbeteiligung wird als positives Element in diesen Prozessen gesehen und gelebt.
- Kooperationspartnerinnen und -partner der Stadt Wien in qualitätsorientierte baukulturelle Prozesse einbinden.
- Qualitätsorientierte Rahmenbedingungen und Prozesse für alle Bauten und Freiräume schaffen, die in Wien gebaut, saniert oder genutzt werden.
- Die lebendige, kritische, vielfältige und innovative Szene von Baukulturschaffenden fördern.
- Das öffentliche Bewusstsein für die Bedeutung der Baukultur und das Bewusstsein für die eigene Verantwortung stärken.
- Den öffentlichen Diskurs zum Thema Baukultur in seiner Vielfalt und die Baukulturvermittlung fördern; Wesentlich dafür sind Information und Transparenz in Angelegenheiten, die die gebaute Umwelt betreffen, und das Sichtbarmachen des Nutzens von Baukultur.
- Innovation in der Baukultur durch Bildung, durch Forschung und Entwicklung, durch innovationsorientierte Vergabe und durch eine "Kultur des Lernens" (Evaluation von Prozessen, Regeln und Resultaten) fördern
Baukultur als Prozess
Seit 2012 läuft der Prozess zur Erarbeitung und Umsetzung von baukulturellen Leitsätzen für die Stadt Wien. Unter Federführung der Abteilung Architektur und Stadtgestaltung (MA 19) haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Magistrats sowie externe Expertinnen und Experten die 10 Leitsätze erarbeitet.
In weiterer Folge wurden und werden spezielle Themen von Arbeitsgruppen vertiefend diskutiert. So wurden zum Thema "Baukultur und Bildung" bereits 9 zusätzliche Leitsätze erstellt. Aktuell sollen zum Thema "Baukultur und Klima" ebenfalls ergänzende Leitsätze formuliert werden.
Leitsätze für den Bildungsbau
Ziel der baukulturellen Leitsätze zur Bildung ist es, in Ergänzung zu den baukulturellen Leitsätzen der Stadt Wien ein möglichst hohes, bedarfsbezogenes Qualitätsniveau für Baukultur im Bildungsbereich zu erreichen. Als baukulturelle Leitsätze zur Bildung für die Stadt Wien sollen gelten:
- Planungspartizipation sowohl in der Sanierung als auch im Neubau von Bildungsbauten und für deren Umfeld einsetzen und als Ressource für den Raum und für die NutzerInnen anwenden: mit PädagogInnen und SchülerInnen, mit SelbstnutzerInnen und Stellvertreterinnen
- Auf Evaluierung und das Lernen vom Vorhandenen bei der Planung und Nutzung von Bildungsbauten setzen
- Nutzungsoffene, aneigenbare, gestaltbare Räume und Möbel als Rahmen und Thema für das Lernen einsetzen
- Die Potenziale von Raum für die Pädagogik bei Neubau, Umbau und Sanierung nützen
- Die Potenziale pädagogischer Konzepte für die Planung nützen; Wechselwirkungen zwischen Pädagogik und Architektur untersuchen und nützen
- Flexible und vielfältige Raumangebote realisieren, um inklusive pädagogische Konzepte zu unterstützen
- Bildungsbauten als Identifikationspunkte im Stadtraum stärken sowie verstärkt öffnen und mit dem Stadtraum vernetzen, um Synergien zu schaffen
- Diversität und Zielgruppenorientierung als Grundlage für die Planung etablieren
- Durch Mehrfachnutzung von Bildungsbauten Mehrwert für die Bevölkerung schaffen: durch Bildungsbauten als Identifikationsangebot, durch nutzbare Frei- und Innenräume, durch spezifische Nutzungsangebote
Leitsätze zu Klimaschutz und Klimawandelanpassung
Ziel der baukulturellen Leitsätze zum Klima ist es, in Ergänzung zu den baukulturellen Leitsätzen der Stadt Wien ein möglichst hohes, bedarfsbezogenes Qualitätsniveau für Baukultur im Bereich von Klimawandelanpassung und Klimaschutz zu erreichen. Als baukulturelle Leitsätze zu Klimawandelanpassung und Klimaschutz für die Stadt Wien sollen gelten:
- Klimawandelanpassung und Klimaschutz systematisch und ressortübergreifend in die strategische Planung sowie in alle Planungs- und Umsetzungsprozesse aufnehmen und integrale Konzepte für Stadtklima, grüne Infrastruktur, Wasser, Oberflächen, Energie und Treibhausgasemissionen erarbeiten.
- In Stadtpolitik und -verwaltung die Abwägung zwischen Kriterien der Klimawandelanpassung und anderen (wie beispielsweise Soziales, Wirtschaftlichkeit, Lebensdauer, Erhaltung) neu bewerten und optimieren, wobei Klimawandelanpassung als neues zentrales Ziel zu definieren ist.
- Kennwerte für Grün- und Freiräume sowie unversiegelte Flächen definieren und vorgeben und dabei soziale und gesundheitliche Aspekte berücksichtigen.
- Stadtklimatologisches Wissen (Wind, Humankomfort, Wassermanagement, Oberflächen, Grünstrukturen) von Beginn an in allen Planungsprozessen einsetzen.
- Kompakte Stadtstrukturen und Gebäude planen und umsetzen, um Flächen für grüne und blaue Infrastruktur freizuhalten, sowie Themen der Klimawandelanpassung und des Klimaschutzes möglichst frühzeitig in der Planung von Gebäuden und Freiräumen und bei deren Standortwahl und Situierung berücksichtigen. Den Fokus auf besonders sensitive Gebiete richten.
- Themen der Klimawandelanpassung und des Klimaschutzes für städtebauliche, Architektur- und Freiraumwettbewerbe als Standardthema in Auswahlkriterien, Ausschreibungsunterlagen, Vorprüfung und Jurierung aufnehmen.
- Verstärktes Augenmerk auf die Sicherung vereinbarter Qualitäten in der Umsetzung bei Stadtplanung und -entwicklung, Architektur und Freiraumplanung legen.
- Das Wiener Modell der "sanften Stadterneuerung" hinsichtlich Klimawandelanpassung von Gebäuden und (öffentlichen und privaten) Freiräumen sowie Klimaschutz und nachhaltiger Erneuerung der Energieversorgung in der Bestandsstadt erweitern.
- Die nötigen Voraussetzungen schaffen, um die Zahl der Bäume im Stadtraum, insbesondere im Straßenraum, massiv erhöhen zu können.
- Freiflächen nur dort versiegeln, wo das unbedingt nötig ist. Bestehende versiegelte Flächen nutzen, um vertikal zu verdichten oder Entsiegelung umsetzen.
Beschluss - 57. STEK, 15. Oktober 2019
Die vorgelegten baukulturellen Leitsätze zu Klimaschutz und Klimawandelanpassung dienen als Grundlage und Rahmenvorgabe und sollen in stadtentwicklungsbezogenen und städtebaulichen Planungen sowie in den darauf aufbauenden weiteren Planungsschritten implementiert und angewendet werden, sodass klimawirksame Maßnahmen daraus abgeleitet und deren Umsetzung sichergestellt werden können.
Broschüre
Die Ziele, Prinzipien, Strategie und Umsetzung zum baukulturellen Programm der Stadt Wien sind in einer Broschüre nachlesbar.
Broschüre herunterladen (124 KB PDF)
Von 18. September bis 19. Dezember 2014 wurden die Inhalte der baukulturellen Leitsätze in der Ausstellung "Baukultur - Denk Deine Stadt anders" präsentiert.
Weiterführende Informationen
Stadt Wien | Architektur und Stadtgestaltung
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