Doris Damyanovic

Doris Damyanovic wurde 2018 in der Kategorie Städtebau mit dem Frauenpreis ausgezeichnet.

Doris Damyanovic mit dem Frauenpreis in Händen

Preisträgerin Doris Damyanovic

Doris Damyanovic ist assoziierte Professorin am Institut für Landschaftsplanung an der Universität für Bodenkultur Wien und beschäftigt sich seit mehr als 20 Jahren mit genderspezifischen Ansätzen in der Landschafts- und Stadtplanung. Diese stellen die Bedürfnisse und Interessen der verschiedenen Raumnutzerinnen und Raumnutzer in den Mittelpunkt - unter zentraler Berücksichtigung der Kategorie Gender, aber auch des Alters, der Lebenssituation, der ethnischen, kulturellen und sozialen Hintergründe. Gruppen, die in Stadtplanungsprozessen unterrepräsentiert sind, sollen so verstärkt in ihrem Alltag unterstützt werden. Damit soll insgesamt ein Beitrag zu einer egalitäreren, demokratischeren Gesellschaft geleistet werden.

Forschungsfeld gendergerechte Stadtplanung

Doris Damyanovic fragt in ihrer Forschung danach, wie auf der Grundlage feministischer Tradition innovative Diskurse entwickelt und erfolgreich für die Schaffung neuer Ansätze genutzt werden können, um sie in den Mainstream der Planungstheorie zu integrieren. In ihren Projekten untersucht sie konkret, wie die unterschiedlichen Alltagsansprüche von Frauen und Männern in die Planung einbezogen werden können und so allen Akteurinnen und Akteuren gleichberechtigt Partizipation möglich wird. Sie forscht also dazu, wie gendersensible Planung auf die Gesellschaft reagieren und diese verändern kann.

Rollenzuweisungen und die damit verbundene geschlechtsspezifische Arbeitsteilung haben nach wie vor einen entscheidenden Einfluss auf die Bedürfnisse von Frauen und Männern in Bezug auf die räumlichen Strukturen. "Frauen müssen häufig Lohnarbeit, Familienarbeit und Hausarbeit kombinieren und alle mit diesen Aufgaben verbundenen Wege organisieren", erklärt Doris Damyanovic. Räume müssen deshalb so geplant werden, dass der Alltag vereinfacht und Familien- und Erwerbsarbeit miteinander vereinbar werden.

Gendergerechte Planung setzt genau hier an: Sie verkürzt zurückzulegende Wege, schafft eine durchmischte, polyzentrische1 Stadtstruktur und ein gut ausgebautes öffentliches Verkehrsnetz. Sie errichtet Wohnanlagen wie die Wiener Frauen-Werk-Stadt I und II, die so gebaut und organisiert sind, dass nachbarschaftliche Kontakte besser möglich sind. "Frauen und Mädchen aller Altersstufen", erläutert Doris Damyanovic, "sind eine wichtige Gruppe, an der sich zeigt, inwiefern planerische Maßnahmen funktionieren, da ihr Alltag zumeist viele verschiedene Anforderungen vereint."

Als Projektleiterin hat sie die Grundlagen für gendergerechte Planung in Wien in dem 2013 erschienenen Handbuch "Gender Mainstreaming in der Stadtplanung und Stadtentwicklung" formuliert. Die Publikation wurde mit dem Verwaltungspreis 2013 ausgezeichnet.

Wien als Vorzeigestadt

Doris Damyanovic bezeichnet Wien als "Vorzeigestadt" bezüglich gendergerechter Planung. Die Stadt sei zwar durch eine enge Bebauung gekennzeichnet, die manches verunmöglicht, doch wurden in den vergangenen Jahren - besonders seit Verabschiedung des Amsterdamer Vertrags im Jahr 1997, in dem Gender Mainstreaming als Strategie festgeschrieben ist - zahlreiche innovative und wichtige Maßnahmen gesetzt: Es wurden zum Beispiel Gehsteige verbreitert und bei der Planung von Freiflächen wird inzwischen auf gute Sichtachsen, bei öffentlichen Gebäuden als auch bei Wohnbauten auf gendergerechte Umsetzung geachtet. Auch werden wichtige Fragen wie "Wem gehört die Stadt" breit diskutiert und vielfältige Partizipationsansätze entwickelt, zum Beispiel Quartiersmanagement und Gebietsbetreuung.

Doris Damyanovic verweist auf die diesbezüglich lange Tradition Wiens - die Frauen-Werk-Stadt oder die Gemeinschaftseinrichtungen in den Gemeindebauten des Roten Wien - und erinnert auch an die Einküchenhäuser, in denen Haushalt und Kochen zentral organisiert und ausgelagert wurden, um Frauen den Alltag zu erleichtern.2

Akademischer Werdegang

Schon während ihres Studiums in den 1990er-Jahren setzt sich Doris Damyanovic mit kritischer und feministischer Landschafts- und Freiraumplanung im urbanen und ländlichen Raum auseinander. Nach ihrem Abschluss arbeitet sie zunächst im Bereich Landschaftsplanung, Naturschutz und Regionalentwicklung.

Seit 2002 forscht und lehrt sie wieder an der BOKU, um im Rahmen ihres Doktorats erneut zu partizipativer Planung und zu gendersensiblen Ansätzen in der Landschaftsplanung und räumlichen Entwicklung zu arbeiten. Sie analysierte in mehreren Projekten die Bedeutung von Geschlecht in Veränderungsprozessen im ländlichen Raum sowie in Klein- und Mittelstädten, beispielsweise im Burgenland oder in Oberösterreich, veranstaltete Workshops und Konferenzen, wie "GenderAlp" mit dem ebenfalls am Institut für Landschaftsplanung tätigen Florian Reinwald, das sich mit der Umsetzung von Gender Mainstreaming in ländlichen Gemeinden auseinandersetzt.

Für ihre Dissertation, der Fallstudie eines gendergerechten Planungsprozesses als Bestandteil des örtlichen Entwicklungskonzeptes in einer Kärntner Gemeinde, erhält sie 2008 den Inge Dirmhirn Förderpreis.

2011 war sie Gastprofessorin an der Fakultät für Architektur und Landschaft der Leibniz Universität Hannover und Mitglied des dort angesiedelten Forums für "Gender-Kompetenz in Architektur Landschaft Planung (gender_archland)".

Internationale Vernetzung und Forschung

Zu ihren internationalen Mitgliedschaften und Vernetzungen im Bereich nachhaltiger und genderspezifischer Planung zählt auch ihre Teilnahme an GDUS - Gender, Diversity and Urban Sustainability, einem interdisziplinären, internationalen Netzwerk, das sich mit Gender- und Diversity-Fragen in Architektur und Stadtplanung auseinandersetzt.

Ein weiteres internationales Tätigkeitsfeld Doris Damyanovics machen die Vorträge aus, die sie auf Einladung internationaler Organisationen wie UN-Habitat oder der Asian Development Bank hält – unter anderem in Georgien zur Gestaltung öffentlicher Parks unter Berücksichtigung geschlechtsspezifischer Kriterien.

Auch in ihren Lehrveranstaltungen an der Universität für Bodenkultur Wien, die einen großen Teil ihres Berufsalltags bilden, stellt sie Genderfragen in den Fokus: Sowohl in jenen zu geschlechtsspezifischer Planung in Theorie und Praxis als auch bereits in der Einführungsphase für Studienanfängerinnen und Studienanfänger, in denen sie Fragen zu Möglichkeiten der Frauenförderung thematisiert.

In den letzten Jahren konzentriert Doris Damyanovic ihre Forschung auf soziale Stadtentwicklung - eines ihrer aktuellen Projekte befasst sich mit genderspezifischer Stadtplanung in Linz - und den Zusammenhang von Gender und Risikomanagement bei Naturkatastrophen. Mittels Interviews und räumlichen Untersuchungen vor Ort mit Fokusgruppen fragt sie danach, wie sich verschiedene Gruppen auf Katastrophen vorbereiten und auf diese reagieren, wie sie sich an den veränderten Raum anpassen und danach, welche Netzwerke zum Beispiel im Fall von Hochwasser und Hangrutschungen aktiviert werden - und wie insbesondere Frauen hier agieren.

Ihr Ziel ist dabei nicht nur, diese Praktiken darzustellen. Aus den Ergebnissen möchte sie Kenntnisse für mögliche Handlungsanleitungen für die Zukunft gewinnen. Das heißt, sie betreibt Grundlagenforschung, formuliert auf Basis ihrer Erkenntnisse Maßnahmen und spielt diese an die politisch Verantwortlichen, zum Beispiel Gemeinden, zurück.

Darüber hinaus ist es Doris Damyanovic ein Anliegen, Frauen in Planungs- und Naturwissenschaften sichtbar zu machen. In diesem Zusammenhang verweist sie auf ein dafür bedeutendes Ereignis: 2019 feiert die Universität für Bodenkultur Wien 100 Jahre Zulassung von Frauen als Studierende an den technischen Universitäten. Und sie betont, wie wichtig es ihr ist, dieses Jubiläum gebührend zu begehen.

Ausgewählte Publikationen

  • Doris Damyanovic, Catrin Promper, Maria Patek, Karin Weber (2018): Geschlechtsspezifische Ansätze im Naturgefahrenmanagement, in: Arhur Kanonier, Florian Rudolf-Miklau (Hg.): Regionale Risiko Governance: Recht, Politik und Praxis, Wien.
  • Doris Damyanovic, Florian Reinwald, Angela Weikmann, Magistratsabteilung 18 (Hg.) (2013): Handbuch Gender Mainstreaming in der Stadtplanung und Stadtentwicklung, Wien

Anmerkungen

  • 1 Das heißt, der Stadtraum ist nicht monofunktional organisiert, sondern es gibt mehrere (Stadtteil-)Zentren, in denen die Bereiche durchmischt sind: Wohn-, Einkaufs-, Freizeit-, Bildungs- und Organisationszentren sind idealerweise gut erreichbar und nicht räumlich voneinander getrennt.
  • 2 Das Konzept Einküchenhaus wurde im späten 19. Jahrhundert von Frauenrechtlerinnen entwickelt und in mehreren europäischen Städten realisiert, in Wien zum Beispiel 1922 mit dem "Heimhof". Diese Häuser hatten kleine Wohnungen mit Kochgelegenheiten, Wasseranschluss, Staubsauger und Zentralheizung. Um die Mehrfachbelastung der berufstätigen Frauen zu reduzieren, wurde die Hausarbeit ausgelagert und eine zentrale Küche mit Speiseraum errichtet, die mittels Speiseaufzug und Telefon mit den Wohnungen verbunden war. Externe Angestellte bereiteten die Speisen zu. Weiters gab es Putzpersonal, Wäscheabholung zum Selbstkostenpreis und andere Gemeinschaftsangebote.
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