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Landtag, 35. Sitzung vom 04.09.2024, Wörtliches Protokoll  -  Seite 7 von 23

 

auch Familientransfers ausbezahlt werden. Das gibt es sonst in ganz Europa nicht.

 

Es ist daher dringend notwendig, dass das österreichische Sozialsystem grundsätzlich reformiert und die Treffsicherheit der Unterstützungsleistungen sichergestellt wird. Dazu brauchen wir ein einheitliches, Österreich-weites und transparentes System. (Beifall bei den NEOS.) Wir müssen in gewissen Bereichen Sachleistungen forcieren. Wien darf bei der Zuwanderung nicht mehr die alleinige Hauptlast stemmen müssen. Schlussendlich brauchen wir für die Menschen in der Sozialhilfe auch bessere Erwerbsanreize. Es muss in diesem System vollkommen klar sein, dass sich Arbeit auszahlt. (Beifall bei den NEOS. - Abg. Mag. Manfred Juraczka: Genau davon reden wir!)

 

Was braucht es jetzt also ganz konkret, um diese Ziele zu erreichen? In einem Österreich-weiten, transparenten und einheitlichen System müssen Transferleistungen und Sozialleistungen gemeinsam gedacht werden. Es braucht eine zentrale Stelle, die dieses System abwickelt. Wir schlagen in einem ersten Schritt sofort vor, dass das AMS die Auszahlung der Sozialhilfe zentral administriert, und haben heute auch einen entsprechenden Antrag eingebracht. (Beifall bei NEOS und SPÖ.) Ein solcher Schritt wurde im Übrigen auch schon von der AMS-Chefin Petra Draxl in einem Interview als zielführend erachtet.

 

Zweitens müssen wir insbesondere bei Leistungen für Kinder einen Umstieg auf mehr Sachleistungen forcieren. Kinderarmut zu verhindern und ihnen alle Chancen zukommen zu lassen, muss losgelöst von ideologischen Debatten unsere oberste Priorität sein. (Beifall bei den NEOS und von Abg. Martina Ludwig-Faymann.) Wien hat da zum Beispiel unter Bildungsstadtrat Wiederkehr mit dem Gratismittagessen in den Ganztagesschulen bereits einen wichtigen Schritt gesetzt.

 

Drittens müssen wir sicherstellen, dass Wien nicht die alleinige Hauptlast bei der Zuwanderung trägt. Dazu braucht es erstens das bereits erwähnte Österreich-weit einheitliche System an Transfer- und Sozialleistungen. Andererseits müssen wir auch frühzeitig bei der Verteilung von geflüchteten Menschen ansetzen. (StR Dominik Nepp, MA: Das ist nicht Zuwanderung, das ist Asyl! Ganz stoppen! Festung Österreich!) Dass Wien seit Jahren das einzige Bundesland ist, das die Asylquote übererfüllt, ist ein untragbarer Zustand. Da braucht es einen Mechanismus an Ausgleichs- und Strafzahlungen für säumige Länder. (Beifall bei den NEOS.)

 

Für anerkannte Flüchtlinge fordern wir eine Wohnsitzauflage für drei Jahre, solange sie Sozialhilfe beziehen. Gleichzeitig müssten in einem solchen System die Bundesländer natürlich ihre Integrationsmaßnahmen erhöhen. Dass Türkis-Blau etwa das Integrationsjahr abgeschafft hat, passt in das zuvor beschriebene Bild: Dass Populisten an echten Lösungen nämlich kein Interesse haben. (Beifall bei den NEOS.)

 

Viertens müssen wir die Erwerbsanreize für Menschen in der Sozialhilfe stärken. Das heißt, wir müssen beispielsweise auch über Zumutbarkeitsbestimmungen und über einen gestaffelten Übergang bei der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit sprechen.

 

Sie sehen also, sehr geehrte Damen und Herren der FPÖ: Wenn man Probleme lösen möchte, braucht es ganz konkrete Umsetzungsmaßnahmen, die auch die rechtlichen Rahmenbedingungen berücksichtigen. Bei der Ausgestaltung ist es dann natürlich sinnvoll, auch Expertinnen und Experten mit einzubeziehen. Denn wenn auch das System heute sehr komplex ist, muss es uns doch gelingen, diese Reformen umzusetzen. Viele Expertinnen und Experten, von Christoph Badelt über Gottfried Schellmann bis zu Johannes Kopf, haben sich in den letzten Wochen zu Wort gemeldet und auch klar festgestellt, wo die Probleme liegen und wo die Verantwortung für entsprechende Reformen liegt: Nämlich in erster Linie auf Bundesebene, um ein solches einheitliches System zu schaffen. (Beifall bei den NEOS.)

 

Die jetzige Bundesregierung wird dazu höchstwahrscheinlich nicht mehr in der Lage sein. Daher wird es eine prioritäre Aufgabe einer nächsten Bundesregierung sein, diesen Wildwuchs zu beseitigen und ein nachvollziehbares, treffsicheres und leicht administrierbares System der Sozialhilfe zu gestalten. (Abg. Wolfgang Kieslich: Da seid ihr aber nicht dabei!)

 

Wir NEOS haben dazu mit unserem Vorschlag eines liberalen Bürgergeldes seit vielen Jahren einen kompletten Vorschlag am Tisch. Wir haben auch eine klare Vorstellung, welche begleitenden Maßnahmen dazu notwendig sind. Es wird daher NEOS nach dem 29. September brauchen, um in diesem Bereich - wie bei so vielen Baustellen in unserem Land - endlich die wichtigen und richtigen Reformen anzugehen. Wir sind dazu bereit. - Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

 

Präsident Ernst Woller: Danke schön. Als Nächste ist Frau StRin Pühringer zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr. Bitte.

 

10.36.19

StRin Mag. Judith Pühringer|: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Liebe Landesräte! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

 

Ja, man kann eine Diskussion um die Mindestsicherung so gehässig und spalterisch anlegen wie die FPÖ. (StR Dominik Nepp, MA - erheitert: … schon am falschen Fuß erwischt!) Man kann aber auch einfach faktenbasiert feststellen: Die Mindestsicherung sichert das mindeste für ein würdevolles Leben - und zwar für alle Menschen und für alle Kinder in Wien, die in eine Notlage kommen. Das ist auch wirklich gut so, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Wir sprechen hier von unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern, die keine andere Möglichkeit haben, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Wir sprechen von Menschen, die krank sind, die nicht arbeiten können. Auch wenn Sie 100 Mal wiederholen, dass sie nicht arbeiten wollen: Das sind Menschen, die nicht arbeiten können. Wir sprechen von Menschen mit Mindestpension. Wir sprechen von Kindern. Noch einmal zu einer Zahl: Der überwiegende Teil der Mindestsicherungsbezieherinnen und Mindestsicherungsbezieher in Wien sind sogenannte Aufstockerinnen und Aufstocker. Im Juni waren das 73,8 Prozent der Menschen. (Widerspruch bei ÖVP und FPÖ. - StR Dominik Nepp, MA: 60 Prozent nicht Staatsbürger!) Was bedeutet das? Das sind Menschen, die berufstätig sind und deren

 

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