Landtag, 35. Sitzung vom 04.09.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 6 von 23
mehr finanzierbar, dass wir weiter Geld an Menschen hinausschießen, die hier herkommen und nicht arbeiten wollen. Ja, es ist ein Pull-Faktor. Ja, diese Menschen kommen extra nach Österreich. Sie kommen extra nach Wien und bleiben nicht in den Bundesländern.
Bgm Ludwig muss sich den Vorwurf gefallen lassen, der größte Asylantenlockvogel Österreichs zu sein, weil er hier einfach unkontrolliert und mehr auszahlt als andere Bundesländer. Im Endeffekt haben Sie von der SPÖ, von der ehemals stolzen Arbeiterpartei, die arbeitenden Menschen verraten. Von uns gibt es gegen dieses unfaire Mindestsicherungssystem von Bgm Ludwig den vehementesten Widerstand, bis Gerechtigkeit in Wien herrscht. (Beifall bei der FPÖ.)
Präsident Ernst Woller: Danke für die Begründung und für die Erstrede. Damit das für das Protokoll richtiggestellt ist, möchte ich noch berichtigen, dass ich durch einen Fehler beim Einbringen fälschlicherweise informiert wurde, dass vom Klub der Freiheitlichen vier Anfragen im Landtag eingebracht wurden. Das stimmt nicht. Es war nur eine Anfrage, denn drei haben sich an den Gemeinderat gerichtet.
Für die nun folgenden Wortmeldungen möchte ich bemerken, dass die Redezeit für den Erstredner jeder Fraktion 20 Minuten beträgt. Die Redezeit jedes weiteren Redners ist mit 15 Minuten begrenzt. Als Erster ist Abg. Konrad gemeldet. Ich erteile ihm das Wort. Bitte.
Abg. Mag. (FH) Jörg Konrad (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Sehr geehrter Herr Landesrat! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte ZuseherInnen via Livestream!
Ich habe Ihnen sehr genau zugehört, Herr Kollege Nepp, und mich heute auch wirklich ehrlich bemüht, zu schauen, ob ich zwischen dem bekannten Populismus und den Pauschalverunglimpfungen heute bei dieser ganzen Debatte einen konkreten Lösungsvorschlag entnehmen kann, der sachlich ist und auch rechtlich umsetzbar wäre. (StR Dominik Nepp, MA: Schauen Sie unsere Anträge an!) Ich habe mir natürlich auch Ihre Anträge sehr genau angeschaut. Es ist ja auch nicht die erste Mindestsicherungsdebatte in den letzten knapp vier Jahren, seit ich diesem Haus angehören darf. Ich muss leider zum wiederholten Male feststellen: Nein, da ist einfach nichts. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)
Eine sachliche und auf echte Lösungen orientierte Debatte ist mit einer auf Krawall gebürsteten FPÖ als Oppositionspartei einfach wirklich unmöglich. Manchmal würde man sich in so einem Moment ja tatsächlich fast wünschen - ich betone: manchmal und fast -, dass die FPÖ Verantwortung übernehmen würde und sich dann auch mit den Realitäten - mit den Rahmenbedingungen, mit der Verfassung, mit EU-Recht, und so weiter - auseinandersetzen und echte Lösungen präsentieren müsste. (Abg. Mag. Caroline Hungerländer: … der Verfassungsbruch begeht! - StR Dominik Nepp, MA: … verfassungswidrig!) Dieser Gedanke vergeht einem aber natürlich wieder recht rasch, wenn man nach vorne blickt und sich vorstellt, was eine solche FPÖ-Beteiligung für unser Land wirklich bedeuten würde.
Dieser Gedanke vergeht einem auch mindestens genauso schnell wieder, wenn wir auf die Zeit zurückblicken, als Sie Regierungsverantwortung in diesem Land getragen haben. Es waren nämlich Ihre damaligen Vertreter und Vertreterinnen in der türkis-blauen Regierungszeit, sehr geehrte Damen und Herren, die uns die wesentlichen Probleme in dieser Debatte beschert haben, über die sich die Bevölkerung nun auch zu Recht ärgert. Es war der 1. Juli 2019, als das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz unter Türkis-Blau in Kraft getreten ist - wohl einer der größten Fehler aus dieser ohnehin nicht glorreichen Regierungskonstellation, die dann mit Ibiza ihr Ende gefunden hat. Das sagen jetzt nicht meine Fraktion und ich allein, sehr geehrte Damen und Herren. Das hat beispielsweise auch Prof. Badelt erst letzte Woche in der ORF-Analyse nach dem „Sommergespräch“ genau so festgehalten. Sie haben unserem Land mit diesem Beschluss aus rein populistischen Gründen einen sozialpolitischen Fleckerlteppich beschert. (Beifall bei den NEOS.)
Sie haben im Sozialhilfe-Grundsatzgesetz keine Mindestsätze formuliert, wie man das bei der Sozialhilfe vernünftigerweise tun würde, sondern bloß Richtsatzobergrenzen festgesetzt. Sie haben es in die Hände der Länder gegeben, entsprechende Ausführungsgesetze zu erlassen. Sechs Bundesländer haben das getan, Wien zu weiten Teilen. In Tirol und im Burgenland gibt es bis heute keine Umsetzung.
Das hat das Sozialhilfesystem in Österreich extrem komplex gemacht. Es ist nun von Bundesland zu Bundesland und teilweise sogar von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich, wer Anspruch auf welche Unterstützungsleistung bekommt. Das ist weder sachlich gerechtfertigt, noch ist das anwenderfreundlich. Es hat zudem unter den Bundesländern zu einem „race to the bottom“ geführt, was in dieser Debatte sicher auch nicht zielführend ist. (Beifall bei den NEOS und von Abg. Martina Ludwig-Faymann.)
Dann hat der Verfassungsgerichtshof nach den Jahren der Beschlussfassung Schritt für Schritt zahlreiche Bestimmungen als verfassungswidrig aufgehoben. Man sieht also: Was Sie uns hier hinterlassen haben, ist genau das, was meistens passiert, wenn Populisten Verantwortung übernehmen, nämlich handwerkliches und politisches Chaos. (Beifall bei den NEOS und von Abg. Martina Ludwig-Faymann.)
Zu all dem Schlamassel kommt noch hinzu - man möchte natürlich fast meinen, wie kann es in diesem föderalen Österreich anders sein -, dass wir in unserem Land insgesamt ein Sozialsystem mit einem Wildwuchs an Leistungen, Ansprüchen, Transferleistungen und Ausnahmeregelungen haben, sodass man noch weniger Überblick darüber behält, wer nun in welchem Ausmaß in diesem System profitiert. Das führt zu dieser wahrgenommenen Schieflage zwischen Erwerbstätigen und Sozialhilfeempfängern, die eben die Menschen in den letzten Wochen beschäftigt und zum Teil zu Recht empört hat. Der Wirtschafts- und Steuerexperte Gottfried Schellmann hat es auf Ö1 richtig zusammengefasst: Der grundsätzliche Fehler - da können die Länder gar nichts dafür, das muss man einmal klar sagen - ist, dass neben der Sozialhilfe
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