Landtag, 34. Sitzung vom 19.06.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 46 von 79
Covid 19 hat, wie gesagt, nachgelassen. Man könnte annehmen, jetzt ist es viel leichter, ärztliche Termine zu finden, Medikamente zu bekommen. Die Realität zeigt uns allerdings, das ist nicht der Fall. Dazu hat das Vorjahr auch noch gezeigt, dass diese Impfaktionen, wie sie bei Influenza und Covid vonstattengegangen sind, mehr als mangelhaft waren. Wir haben sehr, sehr viele Patientinnen und Patienten gehabt, die sich beschwert und gesagt haben, sie haben keinen Impftermin bekommen, sie wissen nicht, welche Ärztinnen und Ärzte eigentlich impfen. Hausbesuche hat es überhaupt nicht gegeben. Die Krankenkasse hat, wenn jemand nicht mobil war und gesagt hat, ich möchte zu meinem Arzt transportiert werden, denn ich kann mir die Impfung nur so organisieren, gesagt, das ist kein Krankentransport, wenn man eine Impfung haben möchte, das kann sie nicht zahlen. Also im Bereich der Impforganisation gibt es viel zu verbessern. Was machen die Leute in der Not? Sie zahlen es wieder selber, sie gehen zum Wahlarzt, und auf die Art und Weise finanzieren wir unser Gesundheitssystem zum Teil eben privat. Was auch sehr beklagt wird, sind die langen Wartezeiten bei der PVA, wenn es um Pflegegeldeinstufungen oder die Anerkennung von Berufsunfähigkeit im Zusammenhang mit Long Covid geht Bis da die ersten ärztlichen Untersuchungen stattfinden, kann es oft ein Jahr dauern. Das ist für die Betroffenen eine Katastrophe. Auch hier haben wir versucht, ein paar Verbesserungsvorschläge und Empfehlungen anzubringen, auf die ich jetzt aus Zeitgründen nicht im Detail eingehen möchte.
Die Mangelerscheinungen in der Kinder- und Jugendheilkunde sind etwas besonders Bedauerliches, es gibt zu wenig Therapieplätze, Ergotherapie, Logotherapie und Ähnliches. Wir tun uns da als Gesellschaft nichts Gutes, das sind Langzeitfolgen, die uns später sehr, sehr viel Geld kosten werden.
Im Kapitel Sonstiges haben wir uns mit Querschnittsmaterien wie Entlassungsmanagement, Krankentransporte, Probleme von Reha-Patienten, PflegeheimbewohnerInnen oder dem Medikamentenmangel beschäftigt. Wir haben auch im Vorjahr wieder einen beträchtlichen Medikamentenmangel im Bereich von gängigen Antibiotika, im Bereich von Paxlovid, dem Covid-Medikament, gehabt, und schließlich haben die Schönheitschirurgen Ozempic als Schlankheitsspritze entdeckt und die DiabetespatientInnen auf diese Art und Weise in die Bredouille gebracht. Wir haben das Thema „verständliche Sprache“ angerissen, weil es nicht nur bei ärztlichen Befunden oder in ärztlichen Aufklärungsgesprächen, sondern natürlich auch in Sozialversicherungsbescheiden wichtig ist, dass die Betroffenen verstehen, was man eigentlich von ihnen will und welche Rechte sie haben.
Dazu sind die Dauerbrenner seltene Krankheiten, Covid 19 und seine Folgen und Heimbeatmungsgeräte und Sterbeverfügungen aufzuzählen. Was die Heimbeatmungsgeräte betrifft, die wir jetzt schon das dritte oder vierte Jahr im Bericht drinnen haben, gibt es von der Firma Philips diese Respironics-Heimbeatmungsgeräte, deren Schaumstoff sich zersetzt, was massive Gesundheitsprobleme für die PatientInnen mit sich bringen kann. Es hat von Philips vor drei Jahren eine Sicherheitswarnung gegeben, es sind noch immer nicht alle Beatmungsgeräte ausgetauscht und insbesondere weigert sich die Firma Philips, zu kooperieren und den PatientInnen Sicherheitsdatenblätter auszufolgen, um herauszufinden, ob sie ein schadhaftes Gerät oder nicht haben, da hier Langzeitschäden entstehen können. In Amerika hat Philips mittlerweile einen millionenschweren Vergleich abgeschlossen, in Europa sind sie sehr zurückhaltend mit entsprechender Kooperation, und das BASG, mit dem wir immer wieder korrespondieren, nützt unserer Ansicht nach die Kontrollmöglichkeiten, die es hätte, nicht.
Im Bereich der Sterbeverfügungen hat es im Herbst 2023 so ausgesehen, als ob das Gesundheitsministerium endlich anerkennt, dass der Mehraufwand, der mit der Errichtung von Sterbeverfügungen bei den Patientenanwaltschaften verbunden ist, auch abgegolten werden muss. Es hat eine Einmalzahlung gegeben und es wurde in Aussicht gestellt, dass im Jahr 2024 eine längerfristige vertragliche Regelung zustande kommen soll. Jetzt haben wir das 1. Quartal schon lange vorbei und das Gesundheitsministerium bietet uns wieder nur eine Regelung für 2024 an, aber nichts Längerfristiges. Auf diese Art und Weise kommen wir nicht weiter. Wir haben errechnet, dass wir mit der Errichtung von Sterbeverfügungen einen zusätzlichen Personalbedarf in der PatientInnenanwaltschaft haben werden, und ich kann nur dann jemanden anstellen, wenn ich den nicht nur heuer, sondern auch nächstes Jahr noch bezahlen kann. Solange das nicht möglich ist, können wir zu unserem größten Bedauern bei Sterbeverfügungen zwar abstrakt beraten und informieren, aber die Errichtung, die mit einem enormen Arbeitsaufwand verbunden ist, können wir immer noch nicht anbieten.
Was den Patientenentschädigungsfonds betrifft - dieses Thema ist auch schon angesprochen worden -, halte ich das für eine großartige Einrichtung. Allerdings ist es natürlich ein großes Defizit, dass dieser Beitrag zur Finanzierung seit 25 Jahren nicht valorisiert wurde. Die ARGE der PatientInnenanwaltschaften Österreichs hat im Vorjahr ein Schreiben an den Gesundheitsminister gerichtet, hat darauf hingewiesen, dass es dringend notwendig wäre, eine moderate Anhebung des Beitrages ins Auge zu fassen - die Reaktion war fast null. Man ist also in Zeiten hoher Inflation offenbar nicht gewillt, irgendeine Gebührenerhöhung zu verantworten. Ob das irgendjemanden gekratzt hätte, ob er 73 Cent oder 1 EUR pro Tag im Spital zahlt, steht auf einem anderen Blatt Papier. Im Übrigen gäbe es vielleicht auch andere Finanzierungsmöglichkeiten als Selbstbehalte der PatientInnen.
Wenn die Gesundheitsreform - was ja zu hoffen ist - den Effekt erzielt, den man sich verspricht, nämlich dass die Zahl der stationären Patientinnen und Patienten zurückgeht, dann fürchte ich wirklich, dass die Finanzierung des Patientenentschädigungsfonds zum Erliegen kommt und dass dann die Patienten in kostspielige und riskante Prozesse hineingedrängt werden. Jetzt können wir vieles von dem abfedern, indem wir sagen, immer dort, wo die Beweislage schwierig ist, wo es aber trotzdem eine bedauerliche und seltene Komplikation gibt, kommt zu uns,
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