Landtag, 34. Sitzung vom 19.06.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 31 von 79
selbst begutachten. Das ist aus rechtsstaatlicher Sicht natürlich ein riesiges Problem, das kann sicherlich keiner wollen.
Keine Angst! Ich werde jetzt sozusagen nur en passant ein bisschen an das anschließen, was ich gestern Abend auch gesagt habe. Wir sehen ja, welche Behörde das Thema 35 vor allem betrifft. Das ist kein Zufall. Auch diesfalls erkennen wir, wie die derzeitige Situation unsere Infrastruktur überfordert. Andere Bundesländer schaffen es, in Wien schaffen wir das nicht. Die Kurve ist zwar abgeflacht, sie geht aber betreffend Säumnisbeschwerden noch immer nach oben, und das ist ein untrügliches Zeichen, dass wir hier ein großes Problem haben. Ich empfinde das als weiteres Indiz dafür, dass wir es - um Frau Angela Merkel umzuinterpretieren - eben nicht schaffen.
Nichtsdestotrotz richte auch ich abschließend noch einmal Dank ans Gericht und die Bitte an die Vollziehung, aufmerksam zu sein, dass das funktioniert. Und der Auftrag an uns lautet, dass wir die im Bericht angeführten gesetzlichen Änderungen reflektieren und entsprechend umsetzen werden. - Herzlichen Dank. (Beifall bei FPÖ, ÖVP und SPÖ.)
Präsident Mag. Manfred Juraczka: Als letztem Debattenredner darf ich nun dem Präsidenten des Verwaltungsgerichtes Wien, Herrn Dr. Kolonovits, das Wort erteilen. Bitte.
Präsident des Verwaltungsgerichtes Univ.-Doz. Mag. Dr. Dieter Kolonovits: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger!
Ich bedanke mich zunächst für das große Interesse, das auch aus den Beiträgen zum Bericht hervorgegangen ist. Ich habe natürlich etwas vorbereitet, was ich dazu sagen möchte. Ich werde aber versuchen, soweit diese nicht in der Rede beantwortet werden, auch auf die Fragen einzugehen, die gestellt worden sind.
Zunächst möchte ich aber etwas betonen: Wir haben ein Jubiläum. Das Verwaltungsgericht Wien hat in diesem Jahr am 1. Jänner 2024 seinen 10. Geburtstag gefeiert. Mit dem Berichtsjahr 2023 ist das 10. Jahr des Bestehens des Verwaltungsgerichtes Wien zu Ende gegangen, und daher liegt heute der 10. Tätigkeitsbericht des Verwaltungsgerichtes vor. In diesen 10 Jahren gingen rund 172.000 Akten beim Verwaltungsgericht ein. Und was natürlich noch schöner ist: Von diesen 172.000 Akten konnten wir bis Ende 2023 rund 165.000 erledigen.
Jetzt zurück zum Berichtsjahr 2023. In diesem Jahr betrug der Eingang 16.300 Verfahren und bewegt sich jetzt wieder auf dem Niveau wie im letzten Jahrzehnt. Begonnen haben wir mit 17.000 Verfahren, und das mäandert immer zwischen 17.000 und 16.000. So etwa hat sich das eingependelt. Den einzigen großen Ausschlag gab es mit 18.400 Verfahren im Jahr 2021, das war aber eindeutig auf die Corona-Verfahren zurückzuführen. Jetzt bewegt sich das wieder in dem Bereich, der sich eingespielt hat.
Damit liegt der Akteneinlauf unter diesem erwähnten absoluten Spitzenwert von 18.400 Akten im Jahr 2021. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Arbeitslast der Richterinnen und Richter trotzdem sehr hoch war. Warum? Es gab in diesem Jahr eine Besonderheit. Es mussten etwa 1.000 Verfahren den Richtern abgenommen werden. Warum? Weil viele in den Ruhestand getreten sind und weil Elternkarenzen in einem größeren Ausmaß angetreten wurden. Und wenn diese Akten abgenommen werden müssen, dann werden sie natürlich auf die übrigen Richter und Richterinnen verteilt und sind sie natürlich von diesen wie neue Akten zu behandeln. - Ich komme in einem anderen Zusammenhang noch darauf zurück.
Bei der Bewältigung dieser Arbeitslast wurden die Richterinnen und Richter von Rechtspflegerinnen und Rechtspflegern und von juristischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unterstützt. Die juristischen Mitarbeiter erlangen bei ihrer Arbeit am Verwaltungsgericht Wien vertiefte Kenntnisse in zahlreichen Rechtsmaterien und vor allem auch im Verfahrensrecht. Damit leistet das Verwaltungsgericht Wien einen gewichtigen Beitrag zur Ausbildung von rechtskundigen Bediensteten der Stadt Wien. In diesem Zusammenhang erscheint es notwendig, weitere Kurskapazitäten an der Verwaltungsakademie der Stadt Wien zu schaffen, um eine zeitnahe Dienstausbildung zu ermöglichen, weil die absolvierte Dienstprüfung eine Voraussetzung für das weitere berufliche Fortkommen dieser jungen Juristinnen und Juristen darstellt. Derzeit werden die juristischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von der Verwaltungsakademie leider erst spät zur Dienstausbildung einberufen.
Im Berichtsjahr wurden den Rechtspflegerinnen und den Rechtspflegern zirka 1.640 Akten zugewiesen, was eine Belastung von 103 Rechtssachen pro Rechtspfleger entspricht. Das ist natürlich weniger als bei den Richtern, man darf aber nicht vergessen, dass ja im Gesetz vorgesehen ist, dass die Rechtspfleger neben ihrer eigenen Aktenbearbeitung im Schnitt jeweils drei Richtern zuarbeiten müssen. Im Gesetz ist in § 25 genau geregelt, welche Zuarbeit hier unterstützend zu leisten ist.
Die Arbeitsbelastung mit eigenen Akten ist im Vergleich zum Vorjahr aber dennoch gestiegen. Diesbezüglich ist auf etwas Besonderes zu achten. Sie wissen sicherlich alle, dass die Wohnbeihilfe neu geregelt wurde. Das ist ja hier beschlossen worden. Und wir sehen, weil der Antragstellerkreis im Bereich der Wohnbeihilfe sehr ausgeweitet wurde, in den Statistiken, die wir im Gericht haben, dass der Aktenanfall im Zusammenhang mit dem neuen Wohnbeihilfegesetz bereits fürs laufende Jahr um 58 Prozent gestiegen ist. Es ist daher angezeigt, die Ausbildung von neuen Kolleginnen und Kollegen bald zu starten, um die Arbeitslast auch in Zukunft bewältigen zu können. Dies vor allem deshalb, weil es bei den Rechtspflegern von der Ausschreibung bis zur Ernennung etwa zwei Jahre dauert und weil vor der Ernennung auch eine mindestens einjährige Ausbildung und auch eine Praxiszeit im Verwaltungsgericht Wien absolviert werden müssen.
Abgesehen von diesem Akteneingang ist natürlich auch die Anzahl der Erledigungen von Interesse. Im Hinblick darauf möchte ich auf etwas besonders Erfreuliches hinweisen: Im Jahr 2023 wurden insgesamt 16.600 Rechtssachen entschieden, und der Akteneingang belief sich, wie erwähnt, auf 16.300. Das bedeutet, dass es das
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