Landtag, 27. Sitzung vom 20.12.2023, Wörtliches Protokoll - Seite 13 von 25
tes, die dazu führt, dass Wohnungen als Anlageobjekt gehandelt werden. Solange der Wert dieser Anlage Jahr für Jahr steigt, wird eine Vermietung häufig als Belastung der Anlage betrachtet. Das betrifft auch viele Neuwohnungen. Neuwohnungen befinden sich ja quasi per Definition in nutzbarem Zustand. Trotzdem stehen laut Studien, die uns vorliegen, 15 Prozent dieser Wohnungen in Wien leer. Wir sprechen also nicht nur von Spekulationshäusern im Altbau. Wir sprechen von neuen Wohnungen, die als Wertanlage zweckentfremdet werden und dem eigentlichen Zweck, nämlich dem Bewohntwerden, nicht zugeführt werden. Das ist Wohnungsraub, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Die öffentliche Hand überlegt sich ja etwas, wenn wir Flächen für Wohnbau widmen, wenn wir in der Erwartung, dass die geplanten Wohnungen dann auch bewohnt werden, Infrastruktur errichten, und wenn wir kalkulieren, wie viele Neuwohnungen es für die wachsende Bevölkerung braucht. Wenn nun die Nutzung der Wohnungen als Spekulations- oder Anlageobjekt der Intention der Widmung entgegenläuft, wenn zehntausende Wohnungen leerstehen und Wohnungen als Kapitalanlage zweckentfremdet werden, dann ist das Wohnraub, sehr geehrte Damen und Herren. Dagegen müssen wir uns als Stadt endlich zu Wehr setzen. (Beifall bei den GRÜNEN.) Wir haben 2022 rund 80.000 Wohnungen ohne Wohnsitz. Das ist eine Quote von 7,22 Prozent der Wohnungen in Wien. Die weiter gefasste Definition von Leerstand, die auch reine Zweitwohnsitze mit einbezieht, liegt bei 13,19 Prozent des Wohnungsbestandes. Es geht uns nicht um kurzfristigen Leerstand. Es geht uns nicht um Sanierungsleerstand, der da natürlich auch einbezogen ist.
Diese Stadtregierung tut nichts gegen Leerstand in Spekulationshäusern. Diese Stadtregierung tut nichts gegen Leerstand in Anlegerwohnungen. Diese Stadtregierung tut nicht einmal etwas gegen Leerstand in einem Stiftungshaus, das zu 100 Prozent im Einflussbereich der Stadt Wien steht. Wir appellieren an Sie: Beenden Sie diesen Wohnungsraub, sehr geehrte Damen und Herren! Führen Sie endlich eine echte Wiener Leerstandsabgabe ein! (Beifall bei den GRÜNEN.)
Jede Wohnung, die durch Spekulation dem Wohnungsmarkt entzogen wird, führt am Ende zu höheren Mietpreisen und zu sinnloser Bodenversiegelung. Das wollen und dürfen wir uns nicht bieten lassen, sehr geehrte Damen und Herren. Das Wiener Wohnungsabgabegesetz von 1984 ist ja als verfassungswidrig aufgehoben worden. Das heißt aber nicht, dass uns die Hände gebunden sind. Tirol, Salzburg und die Steiermark haben schon eine Leerstandsabgabe auf den Weg gebracht. Vorarlberg soll bald folgen. Nur in der Wiener Stadtregierung tut man so, als wäre es unmöglich, eine Leerstandsabgabe einzuführen. Dabei ist das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes eigentlich recht simpel: Wenn der Abgabencharakter der Leerstandsabgabe gewahrt bleibt, dürfen die Länder eine Leerstandsabgabe einführen. Das ist nur dann der Fall, wenn ein Teil der EigentümerInnen sich dafür entscheidet, die Abgabe auch zu bezahlen, statt die Wohnung zu vermieten. Wenn also alle vermieten, gibt es keine Einnahmen. Damit geht der Abgabencharakter verloren.
Es werden wahrscheinlich nicht alle wissen, aber diese Wohnungsabgabe von 1982 würde heute ungefähr 12 bis 13 EUR/m² pro Monat ausmachen. Der Verfassungsgerichtshof hat damals wohl nicht ganz zu Unrecht gesagt, das wäre de facto ein Zwang zur Vermietung. Das darf tatsächlich nur der Bundesgesetzgeber. Im Umkehrschluss heißt das aber: Wenn wir als Landesgesetzgeber eine Abgabenhöhe finden, die zur Mobilisierung von, sagen wir, zwei Drittel der Wohnungen führt, die aktuell leerstehen, dann haben wir genügend Einnahmen, um den Abgabencharakter zu wahren und eine Leerstandsabgabe in Landeskompetenz zu rechtfertigen. Wie macht man das jetzt? Man beginnt mit einer moderaten Abgabenhöhe, und wenn der gewünschte Mobilisierungseffekt nicht eintritt, kann man die Abgabenhöhe peu á peu erhöhen, weil der Abgabencharakter ja immer noch gewahrt bleibt. (StR Dominik Nepp, MA: Strafen! Strafen!)
SPÖ, ÖVP, NEOS und GRÜNE haben schon vorgezeigt, dass es geht: ÖVP und GRÜNE in Tirol, ÖVP, GRÜNE und NEOS in Salzburg sowie ÖVP und SPÖ in der Steiermark. Alle diese Parteien haben eine Leerstandsabgabe auf Landesebene auf den Weg gebracht, aber SPÖ und NEOS in Wien können oder wollen einfach nicht. Sie haben immer gesagt: Eine Leerstandsabgabe führen wir nur ein, wenn wir ausreichend hohe Abgaben vorsehen dürfen. Die Ausrede, dass die landesgesetzlich zulässige Abgabenhöhe so gering wäre, haben Sie gerade selbst ad absurdum geführt, weil die Zweitwohnungsabgabe, die Sie gerade vorgelegt haben, unter dem Niveau aller anderen Bundesländer mit Leerstandsabgabe liegt. Also entweder ist die Abgabenhöhe, die man nehmen darf, zu gering oder Ihre Zweitwohnungsabgabe passt nicht. Beides geht sich nicht aus, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.) Die maximale Abgabenhöhe der Wiener Zweitwohnungsabgabe soll bei 550 EUR pro Jahr liegen. Die maximale Abgabenhöhe der Tiroler Leerstandsabgabe liegt bei 5.160 EUR pro Jahr. Das ist fast das 10-Fache, sehr geehrte Damen und Herren.
Wir schlagen Ihnen vor: Besteuern wir den Wohnungsleerstand mit zwei Drittel des Richtwertes. Das würde für eine 75 m²-Wohnung Abgaben von etwa 4.000 EUR pro Jahr bedeuten. Das würde viele Wohnungen mobilisieren. Einige EigentümerInnen würden die Abgabe zahlen. Auch das wäre ein wichtiger Beitrag zum Wiener Budget, den es jetzt noch nicht gibt.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, das wichtigste und beste Argument für eine Leerstandsabgabe ist eine Leerstandsabgabe. (Heiterkeit bei Abg. Dipl.-Ing. Selma Arapović.) Denn mit einer Abgabe bekommen wir zum ersten Mal präzise Daten über den Wohnungsleerstand. Wir haben im Moment keine präzisen Daten über den Wohnungsleerstand. Präzise Daten sind eben das beste Argument für eine Leerstandsabgabe. Wenn eine moderate Leerstandsabgabe nicht ausreichend mobilisierend wirkt, dann kann man mit präzisen Daten aus einer Leerstandsabgabe belegen, dass man eine höhere Abgabe braucht. Dann hat man ein gutes Argument für eine
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