Landtag, 26. Sitzung vom 23.11.2023, Wörtliches Protokoll - Seite 55 von 68
Mindestsicherung. Ich mache jetzt einen Vergleich zu 2011. Warum mache ich den Vergleich zu 2011? - Seit Ende 2010 darf ich hier im Haus sein und habe als Sozialsprecher immer auch die Mindestsicherung in Wien begleitet. Damals hatten wir de facto genauso viele Bezieher. Der Unterschied zu damals ist nur: Damals haben wir für das Ganze 300 Millionen EUR gebraucht - ist ja das schon ein Wahnsinn, ein unglaublicher Betrag -, heute brauchen wir 1 Milliarde EUR, und zwar Jahr für Jahr, Tendenz weiter steigend, und das auf Grund der Tatsache, dass anscheinend der Herr Landesrat nicht zusammenbringt, mit seinen Juristen ein Gesetz so aufzustellen, dass es verfassungskonform ist. (Abg. Viktoria Spielmann, BA: Was ist die Alternative?) Das ist der Grund, warum die Wienerinnen und Wiener heute jeden 14. Euro, den wir in der Stadt Wien einnehmen, ausgeben müssen für die Wiener Mindestsicherung.
Warum ist das so? - Ich wollte heute Früh in der mündlichen Fragestunde erfragen, wie viele der 133.731 Bezieher der Wiener Mindestsicherung noch die österreichische Staatsbürgerschaft haben. Die Antwort bekomme ich nicht vom Herrn Stadtrat (Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher: Doch, doch!), weil er sagt: Das geht nicht, ich kann heute, am 23.11., nicht erfragen, wie viel das per Stichtag 31.10. sind, das wäre zu aufwändig! Jetzt gibt es für mich die Möglichkeit, zu denken, okay, es gibt wahrscheinlich nicht mehr viele, das wissen wir ja sowieso, dass das eine schrumpfende Minderheit ist, die Österreicher, die Mindestsicherung beziehen. Oder Sie sind mittlerweile so schlecht aufgestellt, dass Sie das - ich weiß nicht - noch mit Karteikarten zusammensuchen müssen. Normal wäre das, würde ich meinen, mit einem Knopfdruck und mit einer Auswertung in einer Excel-Datei relativ schnell herausfindbar.
Jetzt wissen wir, SPÖ und Excel, das passt irgendwie nicht zusammen, das funktioniert nicht. (Heiterkeit bei ÖVP und FPÖ.) Also werden wir halt weiter warten müssen. Irgendwann einmal werden wir vielleicht die Zahl bekommen, wir werden sie anfragen, jetzt in schriftlicher Art und Weise. Schauen wir, was da herauskommt. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Da hat der Herr Landesrat ja zum Glück zwei Monate Zeit, vielleicht findet er irgendeinen Excel-Kundigen, der ihm das auswerten kann, wie viele Österreicher heute noch Mindestsicherung erhalten.
Ja, meine Damen und Herren, wir werden diese Gesetzesreparatur heute aus einem ganz bestimmten Grund ablehnen, denn dieses Gesetz ist noch immer nicht verfassungskonform, und ich bin der Meinung, einem Gesetz, das heute noch nicht verfassungskonform ist und auch mit einer Adaptierung nicht verfassungskonformer wird, können wir nicht zustimmen, meine Damen und Herren. Herzlichen Dank. (Abg. Georg Prack, BA: Was sind jetzt die drei Punkte?) Wenn Sie möchten, gebe ich Ihnen dann gern die Information, was es für insgesamt fünf … (Abg. Georg Prack, BA: Drei haben Sie gesagt!) Ich gebe Ihnen ganz gern die ersten drei Möglichkeiten - drei habe ich mit! (Beifall bei der FPÖ.)
Präsident Ernst Woller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist der Abg. Mag. (FH) Konrad, und ich erteile es ihm.
Abg. Mag. (FH) Jörg Konrad (NEOS): Sehr geehrte Damen und Herren!
Wir beschließen heute eine Novelle des Wiener Mindestsicherungsgesetzes, die eine Neuerung für Alleinerziehende und Paare mit Kindern mit sich bringt. Der Herr Landesrat hat schon angesprochen, diese Novelle beruht auf einem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs, das den bisherigen Mindeststandard für Paare aufhebt, was für 13.000 Paarhaushalte eine Kürzung von rund 105 EUR pro Monat bedeuten würde. Dreiviertel dieser Haushalte sind Familien mit minderjährigen Kindern, die von einer solchen Kürzung natürlich gerade in Zeiten wie diesen besonders betroffen wären. Wir wissen aus diversen wissenschaftlichen Studien, dass Alleinerziehende und Mehrkindfamilien eine deutlich höhere Armutsbetroffenheit ausweisen als andere Haushalte. Daher ist es, denke ich, gut und wichtig, diese negativen Auswirkungen dieses Erkenntnisses auf Haushalte mit Kindern abzufedern, und das tun wir mit einem Eltern-Familienzuschlag, der den Verlust von 105 EUR nun mit 95 EUR pro Monat kompensiert.
Diese Regelung kommt nun eben auch einer weiteren besonders armutsgefährdeten Gruppe zu Gute, nämlich Alleinerziehenden. Auch sie erhalten mit dieser Maßnahme 48 EUR pro Monat zusätzlich. Wir sehen aus Studien, dass Einkommensverluste bei Familien einen direkten Einfluss auf die Kinder haben, das betrifft dann Essen, das betrifft dann Bildung, das betrifft soziale Teilhabe, das betrifft Kleidung und hat damit unmittelbare Auswirkungen auf Gesundheit und auch auf die künftige Entwicklung dieser Kinder. Von daher halte ich diese Neuerung, die wir heute hier vorschlagen, sozialpolitisch für sehr vernünftig, um armutsgefährdete Gruppen in diesen finanziell herausfordernden Zeiten zu unterstützen, insbesondere auch deshalb, als dieser Eltern-Familienzuschlag für die Stadt Wien keine Mehrkosten verursacht. Daher bitte ich um Zustimmung für diese sinnvolle Maßnahme. - Vielen Dank. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)
Präsident Ing. Christian Meidlinger: Als Nächste ist Frau Abg. Spielmann zu Wort gemeldet, und ich erteile ihr das Wort. Bitte.
Abg. Viktoria Spielmann, BA (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Lieber Herr Landesrat! Liebe Kolleginnen und Kollegen und alle ZuschauerInnen vor dem Livestream!
Vielleicht noch ein paar Worte, ich muss es leider immer wieder machen, weil immer wieder die gleichen Diskussionen hier herinnen sind. Herr Kollege Seidl, ich finde es sehr interessant, dass ausgerechnet die FPÖ über Verfassungskonformität spricht, wenn ich mir anschaue, was Ihr Sozialhilfe-Grundsatzgesetz, das schwarz-blaue Armutsförderungsgesetz angerichtet hat, und dementsprechend können wir nur froh sein, dass der Verfassungsgerichtshof das aufgehoben hat (Abg. Wolfgang Seidl: Dann ändert es!) und dass wir im rot-grünen Wien einen anderen Weg gegangen sind, nämlich Leute nicht im Stich zu lassen, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei den GRÜNEN sowie von Abg. Kurt Wagner und Abg. Katharina Weninger, BA. - Abg. Wolfgang Seidl: Dann ändert es!)
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