Landtag, 17. Sitzung vom 23.11.2022, Wörtliches Protokoll - Seite 67 von 84
Ja. Es ist wieder einmal so weit: Wir sprechen auf Grund eines Dringlichen Antrags der FPÖ über die Wiener Mindestsicherung. - Es ist noch nicht so lange her, dass wir das hier in einer Aktuellen Stunde getan haben. Wir kennen Ihre Beweggründe, warum Sie das Thema immer wieder auf die Tagesordnung setzen, und die menschenverachtende Rede von Klubobmann Krauss zeigt es ja: Es geht Ihnen um Spaltung und das Bedienen von ganz niedrigen Instinkten. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)
Dazu kann ich nur immer wieder wiederholen, was ich hier schon mehrmals unterstrichen habe: Nein! Wir werden in Wien keinen Unterschied machen zwischen Menschen, die in Österreich geboren wurden, und jenen, die zu uns nach Wien zugezogen sind. Was bei der Mindestsicherung zählt, ist ganz alleine die Bedürftigkeit. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)
Das Berücksichtigen der Bedürftigkeit dient als Basis für die soziale Sicherheit in unserer Stadt. Damit wird die Existenz von Menschen gesichert und Armut vermieden. Was Sie fordern - und das in Zeiten, in denen das Leben ohnehin für alle wahnsinnig teuer geworden ist -, würde ganze Gruppen von Menschen in die Armut befördern. Wollen Sie das wirklich? Ist Ihnen wirklich jedes Mittel recht, um hier populistische Forderungen in der Hoffnung zu stellen, ein paar mehr Wählerstimmen zu bekommen?
In Ihren heutigen Anträgen gehen Sie ja sogar noch einen Schritt weiter und suggerieren, dass Sie offenbar auch Menschen mit Migrationshintergrund von der Mindestsicherung ausschließen wollen. Es ist also nicht einmal mehr die österreichische Staatsbürgerschaft ausreichend. Das ist blanker Rassismus und entschieden abzulehnen! (Beifall bei NEOS und SPÖ.)
Sie sprechen in Ihrem Antrag auch vom Kern der Mindestsicherungsreform unter Türkis -Blau, nämlich Menschen unter B1-Deutsch-Niveau Zuwendungen massiv zu kürzen. Genau dieser Passus wurde jedoch neben anderen Bestimmungen vom Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig aufgehoben, sehr geehrte Damen und Herren! Und so ziemlich alles, was bei Ihnen unter dem Motto „Österreich zuerst“ läuft, widerspricht dem Gleichheitssatz und ist EU-widrig, aber auch das ist Ihnen natürlich vollkommen egal. Ernsthafte Politik und das Streben nach Lösungen darf man sich von der FPÖ einfach nicht erwarten.
Wir in Wien bekennen uns als Fortschrittskoalition jedenfalls ganz klar zur Mindestsicherung, um Menschen, die diese Unterstützung benötigen, existentiell abzusichern. Genauso klar ist für uns auch, dass diese Absicherung immer auch als Sprungbrett gelten soll, um, wenn dies möglich ist, wieder in den Arbeitsmarkt einzusteigen. Deshalb haben wir in dieser Fortschrittskoalition auch schon Reformen durchgeführt, und wir werden uns, wie im Regierungsprogramm ausgemacht, die Wirkungsweisen der Wiener Mindestsicherung noch einmal wissenschaftlich genau ansehen. Es muss nämlich immer darum gehen, die soziale Treffsicherheit zu erhöhen, Verfestigungstendenzen zu verhindern und den betroffenen Menschen, bei denen das möglich ist, wieder einen Einstieg ins Erwerbsleben zu ermöglichen und diese bei weiteren Schritten in die Selbstständigkeit zu unterstützen. Für Reformen, die uns auf diesem Weg weiterbringen, sind wir NEOS immer zu haben. Den billigen Populismus der FPÖ lehnen wir hingegen strikt ab. - Danke sehr. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)
Präsident Mag. Manfred Juraczka: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg. Spielmann. Ich erteile es ihr.
Abg. Viktoria Spielmann, BA (GRÜNE): Schönen guten Nachmittag von meiner Seite! Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Landesrat!
Täglich oder zumindest monatlich grüßt das Murmeltier, und wir reden auf Betreiben der FPÖ über die Mindestsicherung. Dabei wird immer wieder gehetzt. - Wie gut ist es doch in Wien, dass wir bei dieser Hetze nicht mitmachen und dass wir keine Unterscheidung zwischen Menschen treffen. Wir wissen, dass es hier soziale Rechte für alle Menschen gibt und machen bei diesem menschenverachtenden Spiel der FPÖ nicht mit, und es ist gut, dass sie zu diesem Thema weder im Bund noch in Wien irgendwas zu melden hat! (Beifall bei GRÜNEN, SPÖ und NEOS.)
Ich habe mir die Zahlen zur Mindestsicherung im Jahresbericht 2021 genauer angeschaut, denn faktenbasierte Diskussion ist hier notwendiger als Populismus. Die Höhe der Mindestsicherung hat 2021 beim Mindeststandard 949,46 EUR für eine Person ausgemacht. - Jetzt muss man sich das einmal vorstellen: Das sind nicht einmal 1.000 EUR im Monat! Ich weiß nicht, ob Sie von diesem Betrag schon einmal leben mussten! Ich musste es schon einmal. Ich habe in Innsbruck gewohnt und war eine Working Poor, weil ich als Hilfsarbeiterin eingestellt war und keinerlei Ausbildung in der Gastro beziehungsweise im Einzelhandel hatte. Und das hat halt bedeutet, dass ich die Hälfte meines Einkommens für Miete ausgeben musste, weil die Mieten in Innsbruck, wie Sie vielleicht wissen, sehr, sehr hoch sind.
In Wien sind wir bei den Mieten natürlich besser unterwegs, vor allem auch durch den sozialen Wohnbau. Ich habe mir aber trotzdem bei Statistik Austria angeschaut, wie viel WienerInnen im Durchschnitt im Monat für Miete inklusive Betriebskosten ausgegeben haben, und ich habe die Zahl von 575 EUR gefunden. Wenn man dann eine Gegenüberstellung von knapp 1.000 EUR Mindestsicherung und fast 600 EUR Miete macht, dann sieht man sehr eindrücklich, dass sich das nicht wahnsinnig gut ausgehen kann.
Insofern sichert die Mindestsicherung tatsächlich das Mindeste, und wir müssen sowohl in Wien als auch im Bund alles daran setzen, dass das endlich eine armutsfeste Grundsicherung wird, weil die Mindestsicherung derzeit eben nur das Mindeste sichert. Im Hinblick darauf ist es tatsächlich das Letzte, diese zu kürzen oder zu deckeln beziehungsweise Leute gegeneinander auszuspielen. (Beifall bei GRÜNEN und spö.)
Ich komme nun zu einem kurzen Überblick, wer überhaupt die Mindestsicherung bezieht: Es waren im Jahr 2021 135.649 WienerInnen insgesamt. Übrigens waren 51 Prozent davon Frauen, das heißt, Frauen betrifft das
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