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Landtag, 12. Sitzung vom 28.04.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 33 von 101

 

also der Einflussnahme von außen, besonders durch Desinformation. Wir wissen, dass 60 Prozent der Desinformation auch in der Vergangenheit vor dem Krieg konventioneller Art schon aus dem Kreml gekommen ist. Umso wichtiger ist es, dass wir Europa, aber auch unsere Gesellschaft einen, dass wir zusammenhalten, indem wir zuhören, adressieren, was Bürgerinnen und Bürgern so wichtig ist, und dann auch richtige Entscheidungen treffen. Und richtige Entscheidungen sind verlangt: nach wie vor in der Pandemiekrise, in der Inflationskrise und auch angesichts dieses Krieges.

 

Vieles Richtige wurde schon gesagt, auch vieles, das ich nicht teile. Besonders dazu möchte ich gerne ein Zitat teilen, nämlich jenes von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die in der Sondersitzung des Europäischen Parlaments am 1. März gesagt hat: „Unsere Hand bleibt ausgestreckt an das andere Russland.“ Es ist auch wichtig, das auszusprechen. Wir dürfen gerade auf der Basis der Zivilisation, die wir verteidigen, der Freiheit, die wir verteidigen, nicht in die Phase oder in das Fahrwasser kommen, dass wir Russinnen und Russen pauschal irgendwie abwerten - auf keinen Fall. Es geht um das Kremlregime und die Verbrechen, die vom Kremlregime begangen werden, die verfolgt werden müssen, und durch diese Verfolgung muss Frieden von Dauer und Freiheit für die betroffenen Menschen hergestellt werden. Das ist es, was irgendwann einmal auch mit einem anderen Russland möglich sein wird, und unsere Hand an dieses andere Russland bleibt ausgestreckt.

 

Wien tut sehr, sehr viel für die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, ganz Österreich tut sehr viel für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine. Auch hier ist die Zeit der Gleichzeitigkeit angebrochen: die nachhaltige Stützung unseres Verteidigungshaushaltes, die unmittelbare Unterstützung im Freiheitskampf der Ukraine, die unblutige Verteidigung gegen diesen blutigen Angriffskrieg, die erste in der Geschichte. Erstmals in der Geschichte ist unsere Zivilisation auf dem Niveau, dass wir uns durch Sanktionen unblutig gegen einen blutigen und brutalen Angriffskrieg verteidigen. Ich bin zuversichtlich, dass diese Verteidigung im Kontext mit den anderen Maßnahmen funktionieren wird.

 

In all dem sind wir gefordert, glaube ich, drei Dinge zu tun, gerade als Parlamentarierinnen und Parlamentarier, nämlich kühlen Kopf zu bewahren. Das ist gar nicht so einfach angesichts der Bilder, die Claudia Gamon auch erwähnt hat, und angesichts der auf uns hereinströmenden schockierenden Informationen. Aber: Kühlen Kopf bewahren in all den Entscheidungen, gleichzeitig die Herzen offen zu halten für die Menschen, die leiden. Die leiden unmittelbar im Kriegsgeschehen, die leiden, weil sie flüchten müssen, die leiden, weil sie Angst haben um ihre Angehörigen, die leiden auch in anderen Teilen Europas, am Westbalkan etwa, weil Traumata aus der Vergangenheit wieder hochkommen, beispielsweise aus dem Serbien-Kosovo-Konflikt, weil sie Angst durch diese Traumata bekommen. Die leiden auch in anderen Teilen Europas, nicht nur in der östlichen Partnerschaft, überall aus dieser Angst heraus. Also: Die Herzen offen zu halten für die leidenden Menschen - dazu gehören auch das Zuhören und das Suchen nach Lösungen. Und drittens: Hand anzulegen, um am Frieden zu bauen.

 

Ja, offenkundig sind wir wieder eine Generation, die Detailfragen lösen muss und in Detailfragen auch das Privileg hat, eine gute Gesellschaft noch besser zu machen und gut zu erhalten. Aber auch die elementaren Fragen von Leben und Tod, von Frieden und Krieg sind da. Es waren andere Generationen damit befasst, sie hatten es nicht leicht, aber sie mussten es bewältigen. Und wir dürfen, so gut wir können, zusammenhalten, eben über all diese genannten Grenzen hinweg und das gemeinsam bewältigen, von der lokalen Ebene, so wie im schönen Wien, bis zur europäischen und auch zur globalen Ebene. Dann können wir unseren Kindern vielleicht eine Welt hinterlassen, in der dann wirklich gilt, dass alle Menschen in Freiheit und Frieden leben können.

 

Präsident Mag. Manfred Juraczka: Die Redezeit betrug 15 Minuten, das ergibt eine etwaige Restredezeit von 5 Minuten. Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg. Regner. Ich erteile es ihr.

 

12.31.06

EP-Abg. Mag. Evelyn Regner (SPÖ)|: Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bürgermeister! Sehr geehrte Abgeordnete zum Wiener Landtag, zum Europäischen Parlament!

 

Was für eine schöne Gelegenheit als Wienerin nach so langer Nicht-Möglichkeit, mit Ihnen in diesem prachtvollen Rahmen des Wiener Rathauses debattieren zu dürfen, wieder eine europapolitische Debatte führen zu dürfen und das Ganze auch noch dreidimensional, also in personam. Für mich ist es eine riesengroße Freude, mich endlich auch hier wieder mit Ihnen austauschen zu dürfen.

 

Danke deshalb für die Einladung, aber auch für die Themensetzung, ein starkes und sicheres Europa. Das ist ein Thema, das sehr, sehr gut gewählt ist, in diesem Moment, in diesen Zeiten, denn wir befinden uns mitten in einer Wende, wie es der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz sagt, in einer Zeitenwende. Die Gesundheitskrise, Corona, ist noch nicht vorbei. Wirtschafts- und soziale Krise, angesichts der irren Preissteigerungen, wenn es um die alltäglichen Bedürfnisse geht, um Lebensmittel, um Energie, um Wohnen, ist voll präsent und natürlich Krieg in der Ukraine und die Klimakrise als Dauerthema. Das sind also Krisen, die aufeinanderprallen und die uns allen noch einmal ganz deutlich machen, was in unserem System falsch läuft, aber andererseits auch zeigen, wo es gut läuft, in Wien zum Beispiel.

 

Die Pandemie, der Krieg in der Ukraine, die immer größer werdende Ungleichheit, auch die soziale Ungleichheit, zeigen uns ganz deutlich, dass wir zusammenhalten müssen, also solidarisch sein, insbesondere mit den Schwächeren in unserer Gesellschaft, denn dann haben auch alle anderen etwas davon. Und unsere Stärke - und das hat Wien während der Covid-Krise ganz besonders deutlich gezeigt - ist zusammenzuhalten, damit schaffen wir Sicherheit für alle Menschen.

 

Wenn wir jetzt auf die aktuelle Europapolitik schauen, dann müssen wir natürlich unseren Blick auf die globalen Verhältnisse werfen, wie das ja auch alle Kolleginnen

 

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