Landtag, 8. Sitzung vom 24.11.2021, Wörtliches Protokoll - Seite 58 von 68
schluchtartige Räume entstehen, und dass einfach lichtdurchflutete und besser nutzbare Flächen zwischen den einzelnen Gebäuden bleiben. Das sind die zwei Regelwerke, die die Bebauung einschränken sollen, die bebaute Fläche einschränken sollen. Und dann geht es aber auch in die Höhe, es geht um die Volumina. Bis jetzt gibt es die Regel, dass 100 m² der Giebelfläche pro Gebäude zur Gebäudehöhe nicht dazugerechnet werden. Das ist jetzt für alle Bauklassen gleich. Diese 100 m² Fläche sind natürlich in der Wahrnehmung ganz anders, wenn ich von der Bauklasse III, von der Bauklasse II, IV oder I spreche. Daher finde ich es wirklich sinnvoll, dass wir hier diese Flächen um die Hälfte reduzieren und sagen, in der Bauklasse I sollen ab nun nur 50 m² pro Gebäude von der Giebelfläche nicht zur Gebäudehöhe dazugerechnet werden. Alles darüber hinaus wird einfach zur relativen Gebäudehöhe dazugerechnet und spielt natürlich eine Rolle. Dadurch und auch durch die Einschränkung der Firsthöhe wird auch auf das Volumen der Baukörper eingewirkt. Dadurch sollen sich diese neuen Bauwerke besser in die bereits bestehende bebaute Umgebung einfügen.
Wenn wir von der Nachverdichtung sprechen, Nachverdichtung ja und die ist absolut notwendig, vor allem in einer Stadt wie Wien, die wächst. Der Bedarf an neuem und leistbarem Wohnraum wird tatsächlich größer. Aber die Nachverdichtung soll aus unserer Sicht dort stattfinden, wo sie auch Sinn macht, wo vorhandene Infrastruktur besser genutzt werden kann beziehungsweise wo wir auch planen, die vorhandene Infrastruktur auszubauen. Das betrifft den Nahversorger, das betrifft die sozialen Einrichtungen, die Erschließungen mit dem öffentlichen Verkehr und vieles andere mehr. Daher ist es nicht an der Zeit, es spricht auch nichts dafür, dass wir dort nachverdichten, wo es für vierköpfige Familien in Zukunft notwendig wird, dass sie auch zwei Autos besitzen, um den Alltag zu meistern. Das ist nicht die Richtung, in die wir uns entwickeln wollen als Wien, sondern wir müssen wirklich schauen, diese Nachverdichtungen sinnvoll innerstädtisch zu ermöglichen und, ja, in gewissen Bereichen auch einzuschränken. Daher finde ich es recht begrüßenswert, dass wir diese Änderung der Bauordnung jetzt auf den Weg bringen und hoffe auf breite Zustimmung. Danke schön.
Präsident Ernst Woller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Prack. Ich erteile es ihm.
Abg. Georg Prack, BA (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Vizebürgermeisterin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich werde mich in meiner Rede auf den Bereich des schützenswerten Altbaubestandes konzentrieren.
Auf die anderen Bereiche wird dann meine Kollegin Heidi Sequenz noch genauer eingehen. Schützenswert ist dieser Altbaubestand nicht nur wegen des Schutzes des Stadtbildes. Dieser Altbaubestand unterliegt auch dem Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes und ist damit ein wesentlicher Beitrag zum leistbaren Wohnraum in unserer Stadt.
Die Bauordnungsnovelle, die vorliegt, ist in dieser Frage sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung. Angesichts der Herausforderungen, mit denen wir konfrontiert sind, ist sie aber auch nicht viel mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Angesichts der um sich greifenden Spekulation mit Wohnraum braucht es ein mutiges, ein weitsichtiges, ein couragiertes Vorgehen. Hinter diesem Anspruch bleibt die vorliegende Novelle aus unserer Sicht zurück, sehr geehrte Damen und Herren.
Was sind die Herausforderungen? Eine aktuelle Studie, brandaktuell Ende Oktober herausgekommen, des Instituts für Stadt- und Regionalforschung zeigt das Problem deutlich auf. Erstmals ist dort der Rückgang von Zinshäusern in unserer Stadt erhoben worden. 2007 hat es in Wien 17.829 Zinshäuser gegeben. Seither hat der Bestand um sage und schreibe 2.117 Zinshäuser abgenommen 2.117 Zinshäuser, also nicht Wohnungen, sondern Zinshäuser, das entspricht einem Rückgang von 11,9 Prozent. Über 400 Zinshäuser, also 20 Prozent, wurden in diesem Zeitraum abgerissen. Der Rest, die 80 Prozent, wurden in Eigentumswohnungen umgewandelt. Die Spekulation mit Gründerzeithäusern und anderen vor 1945 errichteten Altbauten ist leider zu einem lohnenden Geschäft geworden, und das, obwohl ein solches Vorgehen in vielen Fällen gegen die geltende Gesetzeslage verstößt. Warum ist das so? Widmen wir uns zunächst dem Thema Abriss. Einerseits wird durch den Abriss ein Bauplatz frei, auf dem in der Regel mehr Wohnungen errichtet werden können als im Altbestand, häufig auch noch in zentraler teurer Lage. Und andererseits fallen die Wohnungen, die dann als Neubau errichtet wurden, nicht in den Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes. Die Wohnungen können also entweder teuer vermietet oder noch viel teurer verkauft werden. SpekulantInnen, die ein Haus verfallen lassen, es abreißen und einen Neubau errichten, profitieren also massiv. Die Stadt wiederum verliert durch den Abriss viele leistbare Mietwohnungen, und ein schützenswertes Stadtensemble geht immer weiter verloren. Das heißt, statt preisgeschützten Mietwohnungen werden teure Miet- oder Eigentumswohnungen errichtet, und dieses Geschäftsmodell müssen wir unterbinden, sehr geehrte Damen und Herren.
Der Abriss von schützenswerten Altbauten wurde durch die Bauordnungsnovelle 2018 unter Rot-Grün zwar sehr deutlich erschwert, die Erfahrungen der vergangenen zwei Jahre haben aber gezeigt, dass die bisherige Regelung noch nicht ausreicht, um diese Form der Spekulation nachhaltig zu bekämpfen. Die in der Novelle vorgeschlagenen Geldstrafen für den teilweisen oder vollständigen Abriss eines Gebäudes ohne Bewilligung liegen zwischen 30.000 und maximal 300.000 EUR. Es sei hier festgehalten, wir teilen die Absicht, die hinter der Einführung dieser Geldstrafe liegt. Die Strafdrohung ist aber verglichen mit dem erwartbaren Spekulationsgewinn viel zu niedrig, um eine abschreckende Wirkung zu entfalten. Das haben auch Arbeiterkammer und Bezirksvorstehung Landstraße im Begutachtungsverfahren kritisiert. Deswegen ist die Strafdrohung vom Begutachtungsentwurf zum jetzt vorliegenden Gesetzesentwurf auch erhöht worden. Aber Sie wissen alle, welche absurden Preise für den Verkauf von Wohnungen derzeit in
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